Omikron breitet sich rasend schnell aus. Experten erwarten, dass die neue Variante den seit rund einem Jahr dominanten Delta-Stamm schnell verdrängen wird. Dies ist in einigen Ländern bereits zu beobachten. Omikron hat die kürzeste Verdoppelungszeit aller bisherigen Sars-CoV-2-Varianten.
Die Genfer Epidemiologin Olivia Keiser griff die rasante Verdoppelungszeit vergangene Woche auf: «Omikron breitet sich mit einer Verdoppelungszeit von zwei bis drei Tagen rasend schnell aus», sagte die Wissenschaftlerin des Institute of Global Health der Universität Genf im Gespräch mit dem «Tages-Anzeiger».
In bisherigen Wellen hat sich die Zahl der Neuinfektionen ungefähr alle zwei Wochen verdoppelt. Omikron breitet sich in den ersten Staaten in deutlich höherem Tempo aus. Sowohl in Südafrika als auch in Dänemark und Grossbritannien scheint sich die Zahl der Omikron-Neuinfektionen alle zwei bis drei Tage zu verdoppeln.
Exponentielles Wachstum
Auch Geimpfte und Genesene stecken sich mit der Variante offenbar recht leicht an, wobei Booster das Risiko zu mildern scheint. Sollte Omikron in der Schweiz einen ähnlichen Verlauf nehmen, könnte die neue Variante noch in diesem Jahr oder spätestens im Januar die meisten Neuinfektionen ausmachen. Tracing wird praktisch unmöglich.
Auch wenn vorwiegend mildere Verläufe gemeldet werden, kann auch Omikron schweren Covid auslösen. Stecken sich viele Menschen in sehr kurzer Zeit an, führt das auch in absoluten Zahlen zu vielen schweren Fällen. Dies, selbst wenn nur ein kleiner Prozentsatz aller Erkrankungen unglücklich verläuft.
Eine Berechnung des «Spiegels» widerlegt die Hoffnung, dass die Lage in etwa die gleiche bleibe, falls Omikron doppelt so ansteckend wie Delta wäre, aber nur halb so krank machend. Denn mehr Infektionen durch eine ansteckendere Variante wirken sich exponentiell auf die Fallzahlen aus. Ein Weniger an schweren Erkrankungen wirkt sich demnach nur linear aus.
Trügerische Zahlen während der Feiertage
Geht man davon aus, dass Delta im Schnitt zwei Menschen ansteckt, verdoppeln sich die Fälle jeweils. Angenommen, 25 Prozent davon würden schwer erkranken, dann gäbe es nach 32 Infektionen 8 Schwerkranke.
Mit einer doppelt so ansteckenden, aber halb so krankmachenden Variante würden sich im gleichen Zeitraum erst 4 Menschen anstecken, dann 16, im nächsten Schritt 64, bald 256, schliesslich 1024. Erkranken von den 1024 nur 12,5 Prozent schwer, sind das noch immer 128 Schwerkranke. Im gleichen Zeitfenster würde das 16-mal so viele schwere Verläufe wie im Szenario mit der weniger ansteckenden Mutante bedeuten.
Mit den Feiertagen dürfte es wieder zu – vermeintlich – besseren Zahlen kommen. Testzentren sind geschlossen, viele Menschen halten sich im Familienkreis auf. Und zu Hause stecken sich weitaus am meisten Menschen an. Sinkende Zahlen würden erst als Zeichen der Entspannung wahrgenommen. Dabei sind Meldeverzögerungen zu erwarten, mit einem sprunghaften Anstieg nach Jahresbeginn. (kes)
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