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Neue Polizei-Zahlen zeigen:Kein Anstieg bei Suiziden trotz Corona

Exlusive Polizei-Zahlen zeigen: Pandemie und Lockdowns führten zu keinem Anstieg bei Suiziden
Das traurigste Argument der Corona-Skeptiker ist widerlegt!

Massnahmenkritiker behaupten seit Monaten, der Lockdown würde zu einer Zunahme an Suiziden führen. BLICK hat bei den Kantonspolizeien nachgefragt und kann jetzt aufzeigen: Das stimmt nicht.
Publiziert: 20.03.2021 um 09:57 Uhr
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Aktualisiert: 22.03.2021 um 10:06 Uhr
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Massnahmenkritiker haben genug vom Lockdown. Sie wollen wieder in Restaurants, Bars und Spass haben.
Foto: AFP
Fabian Vogt

Sie sind laut. Sie sind viele. Sie sind wütend. Die Massnahmenkritiker. Zu Tausenden treffen sie sich an Demonstrationen gegen die «Diktatur aus Bern», säen im Internet Zweifel an der Schweizer Corona-Strategie.

Eines ihrer Hauptargumente: Die Massnahmen treiben viele in den Suizid, die Übersterblichkeit im vergangenen Jahr lasse sich nicht nur mit Corona-Toten erklären. Diese These wird von den bürgerlichen Parteien dankbar befeuert. Die FDP fordert in ihrem Corona-Positionspapier vom letzten Frühling, das Gesundheitssystem müsse auf gesundheitliche Sekundäreffekte in der Bevölkerung vorbereitet werden. Dazu gehöre unter anderem eine erhöhte Suizidrate.

SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi (42) sagte während der Debatte zum Covid-19-Gesetz, eine Öffnung der Wirtschaft würde helfen, Suizide zu verhindern.

Schon länger gibt es die Petition «Lockdown stop!», lanciert von SVP Schweiz und der Politik-Newsplattform «Brandaktuell», die von Jungpolitikern der bürgerlichen Parteien betrieben wird. Argumentiert wird unter anderem damit, dass die Selbstmordraten ansteigen. Mehr als 250'000 Menschen haben bisher unterschrieben.

Dünne Faktenlage der Kritiker

Doch woher kommen diese Zahlen? Sicher nicht vom Bund. Dieser publiziert die Suizidzahlen mit rund zwei Jahren Verspätung. Leroy Bächtold (27), der die Initiative lanciert hat, sagt, sie stammen aus einem Artikel der «SonntagsZeitung» vom vergangenen Mai. Darin heisst es, die Kantonspolizei Zürich habe zwischen Mitte März und Mai eine «leichte Zunahme an Suiziden gegenüber den Vorjahren» festgestellt. Zudem hätten ihm das «Kontakte in den Gesundheitsdepartementen bestätigt».

Thomas Aeschi nennt gar keine Quellen. Er ist aber überzeugt: «Wenn die Zahl der Depressionen und psychischen Erkrankungen steigt, nehmen mittelfristig auch die Suizide zu.»

Bund braucht 2 Jahre für Suizid-Statistik

Wie viele Menschen Suizid begangen haben, ist eine wichtige Kennzahl, um die Folgen der Corona-Massnahmen zu bewerten. Der Bundesrat wird diese aber erst im Dezember 2022 veröffentlichen, sagte er kürzlich. Das Bundesamt für Statistik (BFS) erklärt, die Suizide seien jeweils in der Todesursachenstatistik enthalten und diese habe normalerweise immer einen zeitlichen Verzug von zwei Jahren. Als Grund wird ein komplexes Verfahren genannt, das Codierungen nach WHO-Regeln und Nachfragen bei Ärzten beinhaltet. Nur: Die Kantone haben ihre Suizid-Zahlen bereits zusammen. Sie werden nächste Woche im Rahmen der kantonalen Polizeistatistiken veröffentlicht. Der Bund lässt sich davon nicht beirren. Immerhin: Der Nationalrat stimmte vor wenigen Tagen dafür, dem BFS rund eine Million Franken zusätzlich für die Todesursachenstatistik bereit zu stellen. Nun drückt das Amt aufs Gaspedal, stellt neue Mitarbeiter ein. Mit einer zeitnahen Veröffentlichung der Daten ist trotzdem nicht zu rechnen. Immerhin soll es vor Dezember 2022 passieren, wie das BFS zu BLICK sagt.

Wie viele Menschen Suizid begangen haben, ist eine wichtige Kennzahl, um die Folgen der Corona-Massnahmen zu bewerten. Der Bundesrat wird diese aber erst im Dezember 2022 veröffentlichen, sagte er kürzlich. Das Bundesamt für Statistik (BFS) erklärt, die Suizide seien jeweils in der Todesursachenstatistik enthalten und diese habe normalerweise immer einen zeitlichen Verzug von zwei Jahren. Als Grund wird ein komplexes Verfahren genannt, das Codierungen nach WHO-Regeln und Nachfragen bei Ärzten beinhaltet. Nur: Die Kantone haben ihre Suizid-Zahlen bereits zusammen. Sie werden nächste Woche im Rahmen der kantonalen Polizeistatistiken veröffentlicht. Der Bund lässt sich davon nicht beirren. Immerhin: Der Nationalrat stimmte vor wenigen Tagen dafür, dem BFS rund eine Million Franken zusätzlich für die Todesursachenstatistik bereit zu stellen. Nun drückt das Amt aufs Gaspedal, stellt neue Mitarbeiter ein. Mit einer zeitnahen Veröffentlichung der Daten ist trotzdem nicht zu rechnen. Immerhin soll es vor Dezember 2022 passieren, wie das BFS zu BLICK sagt.

Die Faktenlage scheint dünn. Doch wie ist es wirklich? Trieben Pandemie und Lockdowns die Menschen in den Suizid? BLICK hat bei den Kantonspolizeien nachgefragt. Und kann das traurige Argument der Massnahmenkritiker widerlegen!

Tendenz ist klar: Kein Anstieg von Suiziden

In der Waadt wurden beispielsweise 266 Suizide registriert, 8 mehr als im Vorjahr. In St. Gallen waren es 107, 2019 wurden 121 gezählt. Im Thurgau war es ein Suizid mehr (75) als 2019. Insgesamt antworteten 16 der 26 Kantone. In einigen stiegen die Zahlen leicht, in anderen sind sie gesunken. Viele gaben nur Tendenzen an. Die Meinung aber ist ohne Ausnahme gleich: Corona hat nicht zu einer aussergewöhnlichen Zunahme an Suiziden geführt. Zwar sind das erst provisorische Daten – die definitiven werden nächste Woche in den kantonalen Polizeistatistiken veröffentlicht – doch grosse Abweichungen sind nicht zu erwarten.

Dazu passen auch Daten der Sterbehilfeorganisation Exit Schweiz. Deren Vizepräsident Jürg Wiler sagt: «Das Corona-Jahr hat zu keinem erkennbaren Anstieg an Sterbebegleitungen oder Anfragen geführt.»

Kritiker werden kleinlaut

Darauf angesprochen wiederholt Thomas Aeschi, dass Depressionen, psychische Erkrankungen und damit auch Suizidversuche «eindeutig am Zunehmen sind».

Bächtold, Vorstand der Jungfreisinnigen der Stadt Zürich sagt: «Es freut mich, dass es nun neue Zahlen gibt, die zeigen, dass die Suizide nicht so stark ansteigen wie angenommen. Wir werden diese neuen Erkenntnisse nun mit unseren Quellen diskutieren und die Webseite der Petition gegebenenfalls anpassen.» Er fügt an, dass «die Petition trotzdem nötig bleibt, auch wenn die Suizidzahlen überholt sein würden – die weiteren Argumente der Petition sind für sich gravierend genug».

Eines der Argumente darin ist auch, dass häusliche Gewalt zugenommen hat. Erste Tendenzen aus den Kantonen, die BLICK vorliegen, deuten auch bei dieser Behauptung nicht darauf hin.

Was unbestritten ist: Der Lockdown hat uns viele Probleme beschert. Der Schweizer Wirtschaft entstand ein Wertschöpfungsverlust von rund 30 Milliarden Franken, trotz Kurzarbeit verloren über 50'000 Menschen ihren Job. Auch psychische Erkrankungen haben deutlich zugenommen.

Das ist traurig genug. Zusätzliche und falsche Argumente braucht es nicht.

Hier findest du Hilfe

Diese Stellen sind rund um die Uhr für Menschen in Krisen und für ihr Umfeld da:

Adressen für Menschen, die jemanden durch Suizid verloren haben

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