Corona hat Billionen vernichtet. Billionen von Dollars, Franken oder Euros – die Währung spielt keine Rolle, der wirtschaftliche Schaden durch die Pandemie ist enorm. BLICK macht die Rechnung.
Anstatt zu wachsen, wie noch Ende 2019 alle Prognosen vorausgesagt hatten, ist die Weltwirtschaft 2020 geschrumpft. Der Rückgang dürfte bei rund sechs Prozent liegen, wie die Konjunkturforscher der ETH Zürich schätzen. Das ist ein deutlich heftigerer Einbruch als im Jahr 2009 als Folge der Finanzkrise.
Corona kostet fünf Billionen Dollar
«Der Einbruch damals betraf die Industrie, den Handel und die Banken – Konsum und Dienstleistungen waren wenig bis gar nicht betroffen», erklärt Jan-Egbert Sturm (51), Direktor der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF). «Im Gegensatz dazu haben die Lockdowns in vielen Ländern grosse Teile der Wirtschaft vorübergehend stillgelegt.»
Konkret: Corona hat die Weltwirtschaft allein 2020 rund fünf Billionen Dollar gekostet. Eine gewaltige Summe, die ungefähr der jährlichen Wirtschaftsleistung von Japan entspricht – der drittgrössten Volkswirtschaft der Welt! Oder die mehr als sechsmal so gross ist wie die jährliche Wirtschaftsleistung der Schweiz.
Daneben nehmen sich rund 30 Milliarden Franken Wertschöpfungsverlust der Schweizer Wirtschaft bescheiden aus, treffen aber unsere kleine, offene Volkswirtschaft genauso hart.
Bricht die Wirtschaft ein, dann trifft es vor allem auch den Arbeitsmarkt. Deutlich über 20 Millionen Jobs könnte die Corona-Krise weltweit kosten. In der Schweiz ist die sogenannte Erwerbslosenquote stark angestiegen: 246'000 Menschen sind ohne Arbeit, 54'000 mehr als vor der Corona-Krise. Noch verhindert die Kurzarbeit in der Schweiz und Europa Schlimmeres. «Ohne Kurzarbeit wäre die Arbeitslosigkeit in Europa ähnlich in die Höhe geschnellt wie in den USA. Dort lag die Arbeitslosenquote zwischenzeitlich bei fast 15 Prozent – mit entsprechenden negativen Folgen für die Betroffenen», lobt Franziska Fischer (28), Ökonomin bei der Credit Suisse, die Europäer.
Billionenschwere Hilfspakete
In einer so gigantischen Krise kann nur der Staat helfen. Rund um den Globus werden Hilfspakete in Billionenhöhe geschnürt. Ein gewaltiger Geldstrom soll die Weltwirtschaft vor dem Schlimmsten bewahren. Auf insgesamt 14 Billionen Dollar schätzt der Internationale Währungsfonds die bislang angekündigten Fiskalprogramme. Allerdings versprechen Staaten viel und schnell, längst nicht jede der 14 Billionen dürfte auch wirklich ausgezahlt werden und bei den Betroffenen ankommen.
Dennoch: Dass der Umfang der Hilfspakete rund dreimal so gross ist wie die vernichteten Billionen, ist ein Grund dafür, dass die Börse derart boomt. Sie nimmt vorweg, dass grosse Teile des versprochenen Geldes irgendwann auch wieder in die Realwirtschaft kommen und für Erholung und Wachstum sorgen.
Die staatlichen Hilfspakete seien nur ein Teil der Rechnung, sagt die Ökonomin Monika Bütler (59), die im ersten Corona-Jahr in der wissenschaftlichen Taskforce des Bundes sass: «Es sind nicht nur die Ausgaben des Staates, die ins Gewicht fallen. Auch die Privatwirtschaft und die Individuen tragen die Kosten der Pandemie mit. Firmen geraten in finanzielle Notlage, und viele Menschen verlieren ihren Job und müssen sich neu orientieren.» Und sie ergänzt: «Es kann nicht sein, dass wir Firmen hängenlassen, die ohne eigenes Verschulden in Schieflage geraten.» Dem pflichtet auch Sturm bei, der nach wie vor in der Taskforce dabei ist und den Bund berät.
Schweiz kann sich neue Schulden leisten
An Hilfspaketen für die Wirtschaft führt kein Weg vorbei. Allerdings muss sich ein Staat das auch leisten können. «Es gibt Schwellen- und Entwicklungsländer, in denen der Staat aufgrund des geringeren finanziellen Spielraums wesentlich kleinere oder sogar gar keine Hilfspakete geschnürt hat», ergänzt Fischer.
Die Schweiz gehört zu den Ländern, die ein grosses Hilfspaket schnüren können. Über 31 Milliarden Franken hat der Bund bislang gezahlt, dazu kommen Bürgschaften und Garantien von über 41 Milliarden Franken. Zudem soll das Härtefallprogramm aufgestockt werden. «Der Staat soll nicht unnötig Geld ausgeben», sagt Sturm. «Aber die Schweiz kann es sich leisten, die Teile der Gesellschaft zu unterstützen, die das Geld zur Überbrückung der Krise brauchen.» Denn: «Wir sind dazu in der Lage, Verschuldung abzubauen, das haben wir in den letzten 15 Jahren bewiesen», ergänzt Sturm.
Stimmt. Das Verhältnis von Staatsschulden zur jährlichen Wirtschaftsleistung lag 2004 noch bei 45 Prozent. Bis 2019 hat der Bund diese auf 26 Prozent heruntergespart. Das dürfte auch in den Zeiten nach Corona wieder möglich sein.
Zumal sich die Wirtschaft wieder erholen wird, selbst wenn die Zeiten vor Corona vielerorts nicht mehr zurückkehren werden. «Corona wird die Wirtschaft in vielen Bereichen verändern», glaubt Bütler (59). «Lieferketten werden neu organisiert, die Produktion dürfte teilweise wieder nach Europa verlegt werden, es wird den dringend nötigen Digitalisierungsschub geben. Die Menschen werden künftig wohl anders reisen und sich anders verpflegen.»
Das Coronavirus beschäftigt aktuell die ganze Welt und täglich gibt es neue Entwicklungen. Alle aktuellen Informationen rund ums Thema gibt es im Coronavirus-Ticker.
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