Der Super Puma schwebt zehn Meter über dem Wasserspiegel, die Rotoren peitschen die Gischt in die Höhe und nebeln den Swiss-Air-Force-Helikopter ein. In der offenen Seitentür erscheint Philipp*. Der 25-Jährige setzt sich auf die nasse Türschwelle, rückt seinen Kampfanzug zurecht und springt in die Tiefe. Dann folgen ihm Francesco*, Hanspeter* und Pierre*.
Die vier jungen Männer sind angehende Elitesoldaten des Armee-Aufklärungsdetachements AAD 10 und üben im Rahmen der Grundausbildung den Absprung aus dem Super Puma der Schweizer Luftwaffe in den Lago Maggiore. Das AAD 10 ist das bestgehütete Geheimnis der Schweizer Armee. Es wurde 2004 als Teil des Kommandos Spezialkräfte (KSK) gegründet und ist auf die «Befreiung und Rückführung von Schweizern aus Krisengebieten im Ausland» spezialisiert. Einem Westschweizer Fernsehteam ist es nun zum ersten Mal gelungen, diese Spezialeinheit zwei Jahre mit der Kamera zu begleiten.
Bewilligung durch Bundesrat nötig
Offiziell zum letzten Mal im Einsatz standen die Elitesoldaten des AAD 10 vor zwei Wochen, als sie Bundespräsident Ignazio Cassis (61) auf seiner überraschenden Reise in die Ukraine begleiteten, wo er unter anderem Präsident Wolodimir Selenski (44) traf. Das war bereits der zweite Einsatz im Kriegsgebiet, denn schon Ende Februar sorgte die Eliteeinheit für Schlagzeilen, als sie den Schweizer Botschafter Claude Wild (58) und weitere Botschaftsmitarbeitende aus Kiew ausser Landes in Sicherheit brachte.
Die Einsätze des AAD 10 müssen vom Bundesrat bewilligt werden und unterstehen der politischen Kontrolle der Sicherheitspolitischen und der Aussenpolitischen Kommissionen der Bundesversammlung.
Über zwei Jahre lang haben der Westschweizer Filmemacher Mauro Losa und sein Filmteam an diesem knapp einstündigen und 170‘000 Franken teuren Dokumentarfilm gearbeitet und dafür in allen Schweizer Landesteilen und auf einer Militärbasis in der Nähe von Toulouse (F) gedreht. Der Dokfilm gewährt erstmals einen Einblick in die Ausbildung und in den Alltag dieser Elitetruppe. Ein Alltag, der der Schweizer Öffentlichkeit kaum bekannt ist und nie zuvor in dieser Intensität gefilmt wurde. Zu sehen ist die TV-Dokumentation mit dem Titel «AAD 10 – Im Dienst der Eidgenossenschaft» am Donnerstag, 3. November, um 20.05 Uhr, auf SRF 1.
Über zwei Jahre lang haben der Westschweizer Filmemacher Mauro Losa und sein Filmteam an diesem knapp einstündigen und 170‘000 Franken teuren Dokumentarfilm gearbeitet und dafür in allen Schweizer Landesteilen und auf einer Militärbasis in der Nähe von Toulouse (F) gedreht. Der Dokfilm gewährt erstmals einen Einblick in die Ausbildung und in den Alltag dieser Elitetruppe. Ein Alltag, der der Schweizer Öffentlichkeit kaum bekannt ist und nie zuvor in dieser Intensität gefilmt wurde. Zu sehen ist die TV-Dokumentation mit dem Titel «AAD 10 – Im Dienst der Eidgenossenschaft» am Donnerstag, 3. November, um 20.05 Uhr, auf SRF 1.
Ganz so weit ging das Bewilligungsprozedere beim Filmprojekt des Westschweizer Filmemachers Mauro Losa (55) zwar nicht. Trotzdem konnte der Regisseur nicht schalten und walten, wie er wollte. «Sensible Informationen über das AAD 10 bleiben zum Schutz der operationellen und personellen Sicherheit geheim», sagte Nicola Guerini (55), Kommandant des Kommandos Spezialkräfte. Nicht filmen durfte Mauro Losa deshalb richtige Einsätze der Elitesoldaten. Und nicht kommuniziert werden durften im Film auch Angaben zur Einsatztechnik und -taktik der Truppe, Details über die geleisteten Einsätze dieser Spezialeinheit, und auch Informationen zu den Soldaten mussten geheim bleiben.
Trotz solchen Einschränkungen ist es Mauro Losa und seinem Filmteam gelungen, diese Elitetruppe über eine Zeitdauer von über zwei Jahren zu begleiten und deren Alltag mit der Kamera einzufangen. Ein Alltag, «der noch nie zuvor gefilmt wurde und der Schweizer Öffentlichkeit kaum bekannt ist», wie Losa stolz erwähnt. Ihm sei es wichtig, im Film zu zeigen, «dass die Schweiz über eine professionelle und effektive Spezialeinheit verfüge, die im Ausland intervenieren könne».
«Rambos» nicht gefragt
«Wer bei uns dabei sein will, muss eine überdurchschnittliche mentale und körperliche Leistungsfähigkeit mitbringen und sich zu hundert Prozent den Zielen unserer Missionen verpflichten», sagt Papy* (53). Er ist Instruktor beim AAD 10. «Wer auf Rambo machen will, hat bei uns nichts zu suchen.» Papy leitet heute an einem geheim gehaltenen Ort im Tessin die Schulungslektion Amphibie. Angesagt ist ein Angriff von sechs angehenden Elitesoldaten vom Wasser aus auf eine Stellung an Land. Die Truppe sitzt einsatzbereit im Schlauchboot und wartet aufs Kommando. Dann schickt Papy seine schwer bewaffneten Männer ins Wasser.
Einer von ihnen ist Marc * (29). Er hat ein anspruchsvolles Auswahlverfahren überstanden. Der gelernte Betriebswirtschafter absolviert seit neun Monaten die Grundausbildung fürs Aufklärungsdetachement. Weitere Informationen zu seiner Person gibt Marc nicht preis. Dass er in dieser Spezialeinheit mitwirkt, wissen nur seine Familienangehörigen und ein ganz enger Freundeskreis. «Für alle anderen bin ich einfach Berufssoldat bei der Schweizer Armee», erklärt er. Diese «dosierte Transparenz» zu seiner Person und seiner beruflichen Tätigkeit sieht er als «Balanceakt», wie er es nennt.
Aber das sei halt nötig. Zu seinem und zum Schutz der Einheit. Für ihn sind die Aufgaben, die sich dem AAD 10 im Ernstfall stellen, «herausfordernd und körperlich und mental anspruchsvoll, vor allem wenn man die Aufgaben mit unkonventionellen Methoden lösen muss». Und dies ist bei der heutigen Übungseinheit Amphibie der Fall. Höhepunkt für Marc und seine Kollegen sind Sprünge aus dem Helikopter in den Lago Maggiore und der anschliessende Rückflug am Bergungsseil hoch über dem Wasser zurück zur Basis auf dem Flugplatz von Locarno.
Informationen über die Grösse der Einheit des AAD 10 und das Budget, das dem AAD 10 zur Verfügung steht, werden offiziell als geheim eingestuft. Gut informierte Quellen beziffern die Grösse der Einheit mit «etwas weniger als hundert Mann». Eine der Kernaufgaben des Detachements ist die Rückführung von Schweizern aus dem Ausland. Das AAD 10 soll über ein Budget von 16 Millionen Franken verfügen.
Informationen über die Grösse der Einheit des AAD 10 und das Budget, das dem AAD 10 zur Verfügung steht, werden offiziell als geheim eingestuft. Gut informierte Quellen beziffern die Grösse der Einheit mit «etwas weniger als hundert Mann». Eine der Kernaufgaben des Detachements ist die Rückführung von Schweizern aus dem Ausland. Das AAD 10 soll über ein Budget von 16 Millionen Franken verfügen.
Mit der Kamera am Gürtel in die Tiefe
«Diese Szenen zu filmen, war besonders schwierig», erzählt Steven Blatter. Der 44-jährige freischaffende Kameramann hat an der Seite von Regisseur Mauro Losa die Szenen im Tessin gedreht. «Die Rotoren des Hubschraubers wirbelten enorm viel Wasser in die Luft und erzeugten zudem hohe Wellen. Zum Filmen wünscht man sich ruhigere Verhältnisse …»
Aber auch Filmemacher Losa legte sich ins Zeug, um möglichst packende Szenen einzufangen: Er sprang selber mit einer wasserdichten Kamera zu den Soldaten ins Wasser, als diese einen Angriff auf eine Stellung an Land inszenierten. Und um die Sprünge vom Helikopter ins Wasser möglichst realistisch einzufangen, schnallte Losa einem im Helikopter sprungbereiten und mit diversen Waffen und Überlebensutensilien bepackten Soldaten eine kleine Handkamera um den Gürtel, damit auch die Flugphase vom Helikopter ins Wasser im Film dokumentiert ist.
Existenzberechtigung kurzzeitig infrage gestellt
Doch Geheimhaltung und anderer Vorsichtsmassnahmen zum Trotz, nicht immer kriegt das AAD 10 grünes Licht für seine Einsätze: 2009 wurden beispielsweise geheime Pläne aufgegeben, den Schweizer Geschäftsmann Max Göldi (67) aus libyscher Geiselhaft zu befreien. Und 2020 sollte das AAD 10 die Vertretung der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit in Kabul schützen. Doch auch dazu kam es nicht, weil Medienberichte die Pläne publik machten, worauf das Parlament den Einsatz ablehnte. Wegen solchen und anderen «Zwischenfällen» war die Sondereinheit zeitweise politisch umstritten. Seit den beiden letzten, erfolgreich abgeschlossenen Einsätzen in der Ukraine, sind die kritischen Stimmen gegen diese geheimste Einheit der Schweizer Armee leiser geworden.
* Namen von der Redaktion geändert