Die Badis sind ab sofort offen. Das ist keine Kleinigkeit. Was anderen Nationen das Meer, ist für uns Schweizer die Badi. Höchste Zeit für ein paar Zeilen der Würdigung.
Zu Beginn des Sommers eine Geschichte, die vor vielen Jahren im Rhein endete. Ein Freund studierte bei der Pharma, und wir schlichen nachts mit Mitstudentinnen in die Badi. Das war lustig, bis der Sicherheitsmann auftauchte und uns nur ein Sprung in den Rhein rettete. Das Wasser war leider nur knöcheltief. Ausserdem roch es komisch. Was womöglich mit dem Arbeitgeber des Freundes zu tun hatte. Jedenfalls bluteten alle und wir spürten bereits Chemie und Kolibakterien in den Körper eindringen.
All das sei nun viel besser, wie die Basler euphorisch berichten. Eine Stadt hat ihren Fluss entdeckt. Und dazu die Schwimmsäcke (für die Kleider) erfunden. Danke dafür! Die Berner trotteten bis vor kurzem stoisch wie ihr Wappentier die Aare hoch, nur um nach wenigen Minuten des Schwimmens wieder unten am gleichen Ort anzukommen (weil ja die Kleider noch dort waren). So ein Schwimmsack ist eine Befreiung.
In Bern ist die Badi ein Kraftort
Apropos Bern. Niemand nimmt den «Schwumm» so bierernst wie die «Hauptstädter», wo die Badi zum Kraftort schlechthin hochstilisiert wird. Wer als Politiker geteert und gefedert werden will, der verlangt Eintritt für den Badespass. Wer dem Aareschwumm nichts abgewinnen kann, wird angeschaut wie ein Geisteskranker.
Berns Stadtpräsident Alec von Graffenried zelebrierte den Körperkult eine Zeit lang schon fast manisch. Er ging baden (absichtlich in Badehosen). Er ging baden (unabsichtlich im Anzug). Er redete vom Baden. Seine Aktentasche enthielt eine Badehose. Es war viel.
Gestern dann die Überraschung: Zur Eröffnung des Weyerli – das grösste Becken Europas, pittoresk gelegen zwischen Autobahn, S-Bahn und Industrie – liess der Stapi für einmal die Hosen an. Der Magistrat bockte ein bisschen herum: «Dann heisst es wieder, die Stadtregierung geht baden,» erklärte er Blick-TV seine Verweigerung. Manches ändert sich über die Jahre also doch.
Es gibt viele wunderbare Seen und Flüsse hierzulande, unmöglich, sie alle zu würdigen. Ihr seid alle schön! Aber ein Wort zum Osten des Landes. Klar, der Bodensee rangiert in einer eigenen Liga. Aber von dort bis Winterthur ZH hat man irgendwie immer etwas Mitleid mit den Leuten. Wer will ernsthaft in die Thur?
Der Bichelsee bei «Hausi National» Leutenegger sei an dieser Stelle noch erwähnt. Das Gewässer hat irgendwie die Identität des Thurgaus übernommen. Idyllisch, aber mit trügerischen Untiefen. Und der Weiher ist gespickt mit Scherben, ich kann mitreden. Falls also der bekannteste Kunde der Raiffeisen Bichelsee mal ein paar Nötli übrig hat, wäre eine Entrümpelung des Seeleins ein Akt der Nächstenliebe.
In Zürich geht das Schwimmen ans Läbige
Kommen wir zu Züri. Das Verhältnis der Zürcher zu ihrer Badi ist das gleiche wie beim Geld. Man hat reichlich davon, aber man spricht nicht dauernd darüber.
Hier sei der skandalöse Umstand erwähnt, dass in der Bankenstadt viele Badis überhaupt kosten (8 Stutz pro Eintritt). Nun. An Hitzetagen kommt man meistens sowieso nicht mehr rein, davon könne alle klagen, die mit den Horden vor dem Tiefenbrunnen oder Utoquai aufgelaufen sind.
Man kann sich in Zürich natürlich locker einfach so ans Ufer legen. Bei der Chinawiese findet sich problemlos ein Plätzchen in der Grösse einer Zigarettenschachtel. Weiter Goldküstenaufwärts bei Tina Turner und Co. wird es auch nicht einfacher, mag «hoi polloi» natürlich lieber nicht im gepflegten Vorgarten herumlümmeln haben.
Der Stadtzürcher mit einem Ruf zu verlieren, schwimmt sowieso lieber im Fluss (gratis). Generell verhält es sich mit den Fluss- und den Seeschwimmern wie mit Gölä- und Stephan-Eicher-Fans. Die einen betrachten die anderen immer etwas verächtlich.
Wer also Fluss sagt, landet in Zürich unvermeidbar am Letten. Oberer. Unterer. Einer ist wunderbar. Einer nicht. Und vor allem gibt es da auch noch zwei verschiedene Ufer mit eigener Flora und Fauna. Manches muss man auf die harte Tour herausfinden.
Zum Schluss gehen noch Grüsse raus: An Jacqueline Badran im Bad Allenmoos, an Bademeisterin Ramona ebenda (lass dich von den kleinen Fieslingen an der Rutsche nicht unterkriegen) und natürlich an Bademeister Niki mit dem Wu-Tang-Käppi und den Bitcoin-Krypto-Träumen (das wird schon noch). Badi, ich werde da sein.