Dabei dürfte er gar nicht hier sein
Äthiopier ist Spitzenläufer in der Schweiz

In der Läufer-Szene ist Mekonen Tefera für seine Ausdauer bekannt. Seit Jahren gewinnt der Mann aus Äthiopien Wettkämpfe in der Schweiz. Gleichzeitig kämpft er aber gegen seine Abschiebung.
Publiziert: 14.06.2024 um 19:14 Uhr
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Mekonen Tefera in seinem Element: das Laufen.
Foto: Andy Mueller/freshfocus
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Johannes HilligRedaktor News

Er hat einen langen Atem. Wenn Mekonen Tefera (32) an den Start geht, zittern andere Läufer in der Schweiz. Denn der Mann aus Äthiopien ist nicht nur verdammt schnell, sondern hat auch eine enorme Ausdauer. Das hat er zuletzt erst beim Baldeggerseelauf im Juni bewiesen. Die Konkurrenz hatte keine Chance. Mekonen Tefera lief allen davon.

Der Äthiopier ist ein Ausnahmetalent. Ob er aber weiterhin in der Schweiz bleibt, ist unklar. Denn eigentlich dürfte er gar nicht mehr hier sein. Sein Asylantrag wurde abgelehnt. Er soll wieder in seine Heimat zurück. Dagegen wehrt sich Mekonen Tefera bis heute. Schon im Jahr 2015 entschied das Bundesverwaltungsgericht: Die Abschiebung ist rechtens.

Geld mit «Schweiss und Blut» zusammengespart

Doch Tefera blieb und nahm weiter an Lauf-Veranstaltungen teil. 2022 fanden Ermittler dann bei ihm einen Rucksack mit rund 50'000 Franken. Gesammelte Preisgelder. Die Einnahmen hätte er aber angeben müssen. Schliesslich erhielt er Unterstützung vom Staat. Asylsozialhilfe. Insgesamt 54'450 Franken. Dafür wurde Tefera zuerst vom Regionalgericht Bern Mittelland und danach vom Berner Obergericht im Jahr 2023 verurteilt, wie der «Bund» damals berichtete. Darunter unter anderem ein Landesverweis von fünf Jahren. 

«Der Läufer Mekonen Tefera hätte unser Land längst verlassen müssen», schreibt die «Weltwoche» dazu erst diese Woche. Allerdings ist das Urteil noch nicht rechtskräftig, wie eine Blick-Anfrage beim Obergericht Bern zeigt. Das heisst: Tefera bleibt in der Schweiz – zumindest vorerst.

Die Unterstützung für den Spitzenläufer ist gross. Es wurden mehrere Petitionen gestartet, die dafür kämpfen, dass Tefera nicht abgeschoben wird. Mit dem Geld habe er später mal ein äthiopisches Restaurant eröffnen wollen, um seinen zwei Kindern eine Zukunft in der Schweiz zu sichern, heisst es in einem Petitionstext. Er habe das Geld «Mit Schweiss und Blut» zusammengespart. Und: Er habe vorher nie Probleme mit der Polizei gehabt.

«Keine Vorzugsbehandlung» für Spitzenläufer

Tefera könne nicht in seine Heimat zurück. Wegen einer Blutfehde zwischen seiner und einer benachbarten Familie musste er 2013 Äthiopien verlassen. Laut Obergericht besteht in seiner Heimat keine Gefahr mehr für den Spitzenläufer. Auch, weil seine Familie inzwischen gezügelt ist und damit nicht mehr neben den bedrohlichen Nachbarn leben.

Seine zwei Kinder, um die er sich an zwei Tagen in der Woche kümmert, sind für das Gericht ebenfalls kein Grund, damit Tefera bleiben darf. Von der Mutter der Kinder lebt er getrennt. Ein harmonisches Familienleben konnte das Gericht nicht erkennen. Und kommt so zu dem Schluss: «Das Gesetz ist für alle Abgewiesenen streng, und nur weil Herr Tefera ein erfolgreicher Laufsportler ist, erhält er keine Vorzugsbehandlung.» So zitierte der «Bund» 2023, das Gericht in seinem Urteil. 

Liste mit Preisgeldern ans Migrationsamt geschickt?

Tefera selbst will sich nicht weiter äussern, erklärt eine Person aus dem nahen Umfeld des Äthiopiers auf Anfrage von Blick. 

Weiter erklärt die Person aus dem Umfeld von Tefera, dass man das Urteil vom Berner Obergericht ans Bundesgericht weiterziehen werde. Es könne nicht sein, dass der Äthiopier zurück in seine Heimat geschickt wird, wo Bürgerkrieg herrsche. Zudem würde man zwei Kindern den Vater entreissen. 

Und: Der Migrationsdienst vom Kanton Bern sei regelmässig über die Läufe und die Preisgelder informiert worden. Dass Tefera plötzlich Betrug vorgeworfen wird, sei völlig unverständlich. 

«Nothilfe erhält, wer bedürftig ist»

Aus Gründen des Persönlichkeits- und Datenschutzes will sich das Amt für Bevölkerungsdienste des Kantons Bern nicht zum Fall Tefera äussern. Auch nicht, ob es so eine Liste mit allen Läufen samt gewonnen Preisgeldern gibt. Nur so viel: «Nothilfe erhält, wer bedürftig ist. Wer Nothilfe erhalten will, hat die Pflicht, der zuständigen Stelle die erforderlichen Auskünfte über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu erteilen sowie Änderungen unaufgefordert und unverzüglich mitzuteilen. Über die Rechte und Pflichten wird jede Person, die Nothilfe beantragt, informiert.»

Als nicht bedürftig gilt, wer Bargeldbeträge von über 100 Franken oder andere Vermögenswerte von über 500 Franken besitzt. Das Amt weiter: «Wer Nothilfe bezieht und bei einem Volkslauf ein Preisgeld bezieht, ohne dieses zu deklarieren, verletzt seine Mitwirkungspflicht.»


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