Freshta Rahimi (19) hofft, dass sie irgendwann in ihre Heimat zurückkehren kann. Momentan ist das für die junge Afghanin allerdings keine Option. Unter dem harten Regime der Taliban dürfen ihre Freundinnen nicht mehr zur Schule gehen und kaum je das Haus verlassen. Freshta will eine Ausbildung machen, Geld verdienen und Sprachen lernen.
All diese Möglichkeiten hat sie in der Schweiz – besonders seit vergangenem Sommer. Im Juli hat der Bund die Asylpraxis für Frauen und Mädchen aus Afghanistan geändert. In der Regel werden nun alle als Flüchtlinge anerkannt, erhalten Asyl und damit eine Aufenthaltsbewilligung. Zuvor wurden Freshta und viele andere Afghaninnen nur vorläufig in der Schweiz aufgenommen.
Nationalrat will Praxis nicht ganz rückgängig machen
Den Bürgerlichen ging die Praxisänderung gegen den Strich. Sie habe eine Sogwirkung zur Folge, lautet die Kritik von SVP-Nationalrat Gregor Rutz (51). Im September wurde tatsächlich eine deutliche Gesuchszunahme von afghanischen Staatsangehörigen registriert, die bereits seit längerem in der Schweiz leben (rund 700). Die Zahl solcher Gesuche entwickelte sich im Oktober rückläufig (rund 300) und stieg im November wieder an (rund 500).
Eine Mehrheit des Nationalrats will die Praxis aber weiterhin beibehalten. Eine entsprechende Motion von Rutz wurde am Montag vom Nationalrat mit einer hauchdünnen Mehrheit von 92 zu 91 Stimmen und 10 Enthaltungen abgelehnt. Der SVP-Mann hatte verlangt, dass die Asylpraxis bezüglich der Asylgesuche von Afghaninnen wieder rückgängig gemacht wird.
Angezogene Asylschrauben
Trotzdem soll die Asylschraube für Afghaninnen angezogen werden – allerdings weniger stark, als Rutz gefordert hatte. Eine zweite Motion wurde vom Nationalrat mit Zweidrittelsmehrheit durchgewinkt.
Sie verlangt, dass in jedem Fall eine Einzelfallprüfung der Gesuche stattfindet und nachziehende Familienmitglieder einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen werden. Weiter soll die Verfolgungssituation von Afghaninnen, die sich zuletzt in einem Drittstaat aufgehalten haben, nach diesem Land statt des Herkunftslandes beurteilt werden.
Symbolische Änderung
Das ist allerdings eher eine symbolische Änderung. Denn laut dem Bundesrat seien diese Regelungen eigentlich schon heute gegeben. Das schrieb er in seiner Antwort auf den Vorstoss. Zum Beispiel erhalten Afghaninnen schon heute kein Asyl, wenn sie in den Drittstaat zurückkehren können, in dem sie sich vor ihrer Einreise in die Schweiz aufgehalten haben.
Trotzdem sei der Bundesrat bereit, die Schutzmöglichkeiten für afghanische Frauen im Drittstaat, in dem sie sich vor ihrer Einreise in die Schweiz aufhielten, vertieft zu prüfen. Allerdings ist der Spielraum der Schweiz hier durch internationales Recht beschränkt. So dürfen Asylsuchende nicht in ein Land ausgewiesen, von dem aus sie möglicherweise in ein Land weitergeschickt werden, wo ihr Leib, ihr Leben oder ihre Freiheit gefährdet ist.
Welche konkreten Auswirkungen die Motion also hätte, will das Staatssekretariat für Migration auf Anfrage von Blick nicht erläutern. Man wolle der politischen Diskussion nicht vorgreifen. Nun ist in einem nächsten Schritt sowieso zuerst der Ständerat am Zug.