Darum gehts
- Grösste private Tierklinik der Schweiz in Aarau West bietet moderne Tiermedizin
- Operationen wie Kastrationen und Hüftprothesen werden hier durchgeführt
- Über 140 Mitarbeiter kümmern sich um das Wohl von Kleintieren
Ein unscheinbarer Bau angrenzend an Bahngleise in der Aarauer Agglomeration beherbergt die Tierklinik «Aarau West». Von aussen fast nicht zu erkennen: Sie hat sich in den letzten drei Jahrzehnten zur grössten privaten Tierklinik der Schweiz gemausert. Über 140 Mitarbeiter kümmern sich hier um das Wohl von allerlei Kleintieren.
Die schiere Grösse der Klinik wird einem aber erst bewusst, wenn man in die Eingeweide des Baus vordringt. Die Klinik besteht aus zwei Gebäuden. Alleine im ersten finden sich mehrere Operationssäle, eine Notfallstation, eine kleine Blutbank, ein halbes Dutzend Sprechstundenräume und eine Intensivstation. Ein zusätzlicher Ausbau ist bereits geplant, die Nachfrage nach moderner Tiermedizin scheint ungebrochen. Blick war vor Ort und hat den Tierärzten bei ihrer Arbeit über die Schultern geschaut.
Hier werden täglich Dutzende Tiere versorgt und operiert. Eines davon ist die Hundedame Bonnia. Sie soll kastriert werden, wie die behandelnde Tierärztin Cornelia Bachmann erklärt: «Wir nehmen heute ihre Eierstöcke heraus und wenn die Gebärmutter negative Veränderungen aufzeigt, würden wir auch diese entfernen.»
Der Eingriff erfolge «laparoskopisch», sprich: Die gesamte Entfernung der Eierstöcke passiert über ein winziges Loch in der Haut. Mit dünnen Kanülen wird der chirurgische Eingriff vorgenommen und mit wenigen Stichen wieder zusammengenäht. Nach nicht einmal 20 Minuten ist der Eingriff abgeschlossen.
(Fast) Wie beim Menschen
Die Ausrüstung der Klinik erinnert an ein normales Spital, lediglich die deutlich kleineren Behandlungstische machen klar, dass man sich nicht in einem «Menschenspital» befindet. Alles andere unterscheidet sich nur wenig von der Humanmedizin: Röntgengeräte, Ultraschall, EKGs und andere Infrastruktur, gehören heute zur Standardausrüstung solcher Kliniken. In einem Nebengebäude, das nicht zur Klinik gehört, können sogar MRIs gemacht werden.
Kastrationen, wie bei Bonnia, gehören schon seit jeher zum kleinen Einmaleins der Tiermedizin. Anders sieht es bei Hüftprothesen aus. Hier fand in den vergangenen Jahrzehnten eine rasante Entwicklung statt. Mittlerweile gehören diese – insbesondere bei jungen Tieren mit Hüftdysplasie oder anderen Problemen – zum Standardprozedere. Die Aussichten für betroffene Tiere wieder normal laufen zu können, sind sehr gut.
Gleich zwei dieser Prothesen wurden dem Maine-Coon-Kater Pablo in die hinteren Extremitäten eingesetzt. Kostenpunkt pro Prothese: Rund 6’500 Franken – hinzukommen Nachsorge und Therapie. Heute steht genau solch eine Nachsorgeuntersuchung an. Tierarzt Roman Siegfried erklärt: «Bei dieser Katzenrasse kann es während des Wachstums zu Brüchen der Oberschenkelhälse kommen. Pablo erhielt im letzten Sommer das erste künstliche Hüftgelenk, um Weihnachten herum haben wir ihm das zweite künstliche Hüftgelenk eingesetzt.»
Seine Halterin, Pia Furchheim, bemerkt eine stetige Verbesserung seit den Operationen: «Pablo ist für uns wie ein Familienmitglied. Wir sind froh, dass es ihm jetzt besser geht.» Für ihren Kater hat sie eine Krankenversicherung. Ansonsten hätte sie sich die teure Behandlung möglicherweise nicht leisten können: «Unsere Versicherung hat beide Operationen bezahlt. Wir haben bei Pablo zu ersten Mal überhaupt eine Versicherung abgeschlossen. Ich würde sagen: Glück gehabt!»
Eigene Blutbank
Währenddessen wird auf der Intensivstation die Hündin Saphira behandelt. Es ist ihr zweiter Termin für eine Bluttransfusion. Sie leidet unter einer Blutarmut, wie Tierärztin Annakatrin Häni erklärt: «Saphira hat mittlerweile Medikamente erhalten, die dagegen wirken sollen. Bis die Wirkung eintritt, müsse sie aber zwischenzeitlich mit Transfusionen behandelt werden, dies hier ist die Zweite.»
Das Blut für die Transfusion kommt aus einer eigenen Blutbank. Die Klinik plant, diese auszubauen, um nicht mehr von ausländischem Blut abhängig zu sein. Vor allem Katzenblut wird aktuell oft aus Portugal importiert. Man wolle sich aber unabhängig davon machen.
Huhn oder Ei?
Die Möglichkeiten heutzutage sind fast grenzenlos. Doch was kam zuerst, Angebot oder Nachfrage? Woher diese Entwicklung kommt, kann auch der Klinikdirektor Roman Meier (39) nicht vollends beantworten: «Sicherlich haben Tierärzte zunehmend neue Behandlungen angeboten, aber gleichzeitig sind auch die Erwartungen der Tierhalter gestiegen. Manche Besitzer können sich nur schwer damit abfinden, dass ein 20-jähriges Kätzchen mit mehreren chronischen Erkrankungen nicht mehr gerettet werden kann. Der Schritt zur Euthanasie hat sich verändert, viele Tierhalter wollen erst alle medizinischen Möglichkeiten ausschöpfen. Noch vor 15 Jahren wurde in schwierigen Fällen oft schneller die Entscheidung getroffen, ein Tier einzuschläfern. Heute wollen viele Besitzer alle Optionen ausschöpfen, bevor sie diesen Schritt gehen.»