Auf einen Blick
- Zwei Taxifahrer in Biel wegen sexueller Belästigung vor Gericht verurteilt
- Trotz Verurteilung dürfen Täter weiterhin Taxi fahren
- Konzessionsentzug erst ab Freiheitsstrafe von sechs Monaten oder 180 Tagessätzen
Die Stadt Biel hat ein ernsthaftes Problem. Innert zwei Monaten mussten sich zwei Taxifahrer wegen sexuellen Übergriffen vor dem Regionalgericht Berner Jura-Seeland verantworten. Zwar wurden beide verurteilt, trotzdem chauffieren sie weiterhin Kundinnen durch die Nacht.
Im August 2021 streichelt der Taxifahrer Naël* den Oberschenkel einer Kundin und hält sie gewaltsam fest. Als sie sich wehrt, packt er sie und schlägt ihr mit einer Taschenlampe gegen den Kopf. Schliesslich gelingt ihr die Flucht, und sie erstattet Anzeige. Der Taxifahrer wird wegen Nötigung, einfacher Körperverletzung und sexueller Belästigung verurteilt. Er bekommt eine bedingte Geldstrafe von 110 Tagessätzen à 110 Franken aufgebrummt. Zweimal legte er bereits Berufung gegen das Urteil ein. Bis heute ist der Rechtsstreit nicht abgeschlossen, wie Ajour berichtete.
Geld für Sex angeboten
Ein ähnlicher Fall ereignete sich im Januar 2022. Der Taxifahrer Yvan* berührt eine Kundin am Knie, am Oberschenkel, im Gesicht, am Hals und an der Brust. Immer wieder weist ihn die Frau zurück. Dennoch bietet er ihr während der Fahrt zweimal Geld für Geschlechtsverkehr an. Die Staatsanwaltschaft befand ihn nun wegen «Belästigung durch sexuelle Handlungen» für schuldig, wie die Zeitung weiter berichtet.
Die zuständige Richterin erklärt: «Trotz der mutmasslichen Vergehen sind die Vorwürfe juristisch nicht so gravierend, dass ihm die Konzession automatisch entzogen würde.» Denn erst ab einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten oder 180 Tagessätzen Geldstrafe verlieren Taxifahrer ihre Lizenz. «Der Täter muss schon sehr weit gehen, damit es dazu kommt», sagt die Richterin.
Kommunikationsprobleme bei den Behörden
Und es gibt einen weiteren Haken: Ein automatischer Informationstransfer zwischen dem Gericht und der Abteilung für öffentliche Sicherheit in Biel existiert nicht. Schwere Vergehen müssten die städtische Behörde erreichen, was nicht immer der Fall sei. Der Sicherheitsdelegierte André Glauser schätzt laut Ajour, dass der letzte Konzessionsentzug mindestens zehn Jahre zurückliegt.
Die Richterin erkennt in übergriffigen Taxifahrern zwar ein schwerwiegendes Problem, trotzdem chauffieren die zwei Täter weiterhin Kundschaft. Sie fragt vor Gericht: «Wir verlangen von unseren Töchtern, mit dem Taxi nach Hause zu fahren, um Gefahren zu vermeiden. Was ist, wenn man sich nicht einmal mehr hier sicher fühlen kann?»
*Name bekannt