Tanja Lauber (27) aus Biel BE hat Tränen in den Augen, als sie über ihren Sohn Diego (10) spricht. Seit mehreren Monaten wohnt der Bub schon nicht mehr bei seiner Mutter. «Ich habe Diego bekommen, da war ich 16 Jahre alt», erinnert sich die junge Frau mit den auffälligen Tattoos. «Mit ihm war es nie einfach. Als er klein war, hat er immer so viel gegessen, bis er brechen musste. Danach hat er weitergegessen.» Die Minderjährige holt sich damals Hilfe, der Junge erholt sich.
Jahre später wird sie mit ihrem zweiten Kind schwanger: Die kleine Karma (1) kommt zur Welt. «Wir sind in eine grössere Wohnung gezogen, und Diego musste Schule wechseln. Dann hat alles angefangen», so Lauber weiter.
Der Kleine zündelt in der Schule
«In der Schule hat er dann, als er unbeaufsichtigt war, einmal ein kleines Feuer gemacht mit einem Streichholz vom Lehrerpult», so die Bielerin. Später wird das Kind mit ADHS beim Klauen erwischt und kommt in eine Sonderschule.
Diegos Verhalten bessert sich nicht. Die Alleinerziehende ist nervlich am Ende. Der Bub kommt vorübergehend ins Heim. «Er hat sich sehr schlimm benommen in dieser Zeit, und wir haben Abstand gebraucht», so die junge Frau über die Situation. Die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) habe geholfen. Doch die Hilfe war laut Lauber nicht von langer Dauer: «Ein richtiger Machtkampf hat begonnen!»
Im Heim in Gstaad BE
Seit knapp fünf Monaten ist der Bub nun schon in Gstaad BE im Heim. «In der Zwischenzeit hat sich alles beruhigt, und ich möchte Diego gerne wieder bei mir haben», meint Lauber. Überhaupt: Das Problemkind brauche dringend eine Therapie, die es dort zurzeit nicht erhalte.
Als die junge Mutter den Heimkehr-Wunsch meldete, habe die Kesb direkt reagiert und ihr das Aufenthaltsbestimmungsrecht entzogen. Heisst im Klartext: Sie darf ihren Sohn zwar noch besuchen, doch sie darf das Heimgelände mit ihm zusammen nicht mehr verlassen. «Jetzt müssen wir auf einen Gerichtsentscheid wegen eines möglichen Beistands warten. Aber das ist wertvolle Lebens- und Therapiezeit von meinem Sohn, die jetzt draufgeht», sagt Lauber, die keinen Beistand will.
Tattoos am ganzen Körper – auch im Gesicht
Schuld an der ganzen Misere seien laut der einstigen Teenie-Mutter ihre Tattoos. Sie fühlt sich wie eine Schwerverbrecherin: «Die haben mich direkt abgestempelt.» Sie ist nämlich am ganzen Körper tätowiert. Am Hals hat sie auch die Geburtsdaten von ihr und den Kindern verewigt. Auf ihrem Arm steht der Spitzname ihres Sohnes, «Diego el fuego». Auf der Backe: ein Gebiss und das Wort «Kämpferin» auf Lateinisch. Der Name ihrer Tochter soll folgen.
«Sie haben mich sogar schon gefragt, ob ich Drogen nehmen würde, obwohl es dafür keine Anhaltspunkte gibt», so Lauber traurig. Weinend sagt sie: «Ich bereue, dass ich damals überhaupt Hilfe geholt habe.» Sie habe immer nur das Beste für ihren Sohn gewollt. Ihre Mutter Karin Lauber (47) tröstet: «Wir werden für Diego kämpfen.»
Auf BLICK-Anfrage schreibt die Kesb: «Es ist die Pflicht einer Behörde, den Schutz der Kinder in den Vordergrund zu stellen. Dabei kann es vorkommen, dass Eltern nicht einverstanden sind mit einem Entscheid.» Zum Fall direkt will sich die Stelle nicht äussern.