Seit Jahren sammelt sich auf einer Wiese in Roggwil BE immer wieder Müll an, doch in den vergangenen Wochen ist ein richtiger Müllberg entstanden. Die Anwohnenden haben die Nase voll. So sagt Franziska H.* (59) zu den Zuständen in ihrer Strasse: «Es ist eine Sauerei. Man schämt sich, hier zu wohnen.»
Es ist ein unschönes Bild: Mitten in einem Wohnquartier türmt sich der Müll auf einer Wiese. Dutzende Abfallsäcke liegen neben- und übereinander. Dazwischen massenhaft Sperrgut: ein Tisch und Stühle, ein Bett inklusive Matratze, ein Sofa, ein Schminkspiegel, ein Schrank und sogar ein Klavier. Die beiden Metallcontainer, in die man die Säcke üblicherweise legt, gehen in dem Chaos völlig unter.
Langjähriges Problem eskaliert
Hört man sich im Quartier um, heisst es einstimmig: Das Müll-Problem auf dieser Wiese gibt es seit Jahren, aber in den vergangenen Wochen ist es eskaliert. Das bestätigt etwa Daniele A.* (60). Er wohnt seit über 40 Jahren hier und sagt zu Blick: «So etwas habe ich noch nie gesehen.» Gemäss mehreren Nachbarn soll der Müll grösstenteils von mehreren Familien stammen, die im Nachbarhaus wohnen.
Dafina K.* (42) hat das betroffene Haus vor eineinhalb Jahren gekauft und gleichzeitig zum ersten Mal eine Hausverwaltung übernommen. Sie bestätigt, dass ein Grossteil des Abfalls von ihren Mietern stammt. «Es sind drei Parteien, denen ich kündigen musste, weil ich regelmässig Lärmbeschwerden über sie erhielt und sie bis zu neun Monate keine Miete mehr gezahlt haben.»
Auch mit illegal abgestelltem Müll hätte sie in der Vergangenheit immer wieder zu kämpfen gehabt, erzählt K. «Ich musste bereits mehrmals auf eigene Kosten Müll entsorgen.» Doch von den aktuellen Ausmassen sei sie überrascht. «Da es sich bei den betroffenen Parteien um Sozialhilfebezüger handelt, hätte ich nicht damit gerechnet, dass sie so viele Sachen einfach zurücklassen.»
Mit Steuergeld gekauft und entsorgt
Ein Umstand, der im Quartier für noch grössere Empörung sorgt. So sagt Martin L.** (66): «Es ist eine bodenlose Frechheit. Das wurde mit Steuergeld gekauft – und wird jetzt auch auf unsere Kosten entsorgt.» Doch auch ohne diesen Aspekt will er den Müllberg so schnell wie möglich weg haben: «So etwas Widerliches brauchen wir in unserem Dorf nicht. Ich hoffe, dass aufgeklärt wird, wer dafür verantwortlich ist.»
Als Blick vor Ort ankam, war gerade eine Familie dabei, mehrere Müllsäcke aus ihrem Auto mit spanischen Kennzeichen zu laden. Doch kurz darauf ist die Familie wieder verschwunden.
Der Ukrainer Denis N.* wohnt in dem betroffenen Haus und ist gerade dabei auszuziehen. Er gibt zu, dass einige der Müllsachen sowie Sperrgut auf dem Haufen ihm gehören. Aber: «Die Gemeinde hat mir gesagt, ich soll alles vors Haus stellen und am Abfuhrtag die Sperrgutmarken den Werkhof-Angestellten geben.» Die Sperrgutmarken dafür hat er bereits gekauft.
Keine Ausnahme von der Gemeinde
Gemeindepräsident Kurt Benjamin widerspricht dieser Aussage auf Anfrage von Blick: «Das Vorgehen beim Müllentsorgen ist klar geregelt. Bei dieser Situation wurde keine Ausnahme gemacht und sie ist leider nicht im Sinne der Gemeinde Roggwil.»
Über den Müllberg und allgemein die Müll-Problematik vor Ort sei die Gemeinde erst anfangs Woche informiert worden. «Wir haben den Eigentümer der Liegenschaft informiert, dass dieser Müllberg bis am Freitag korrekt entsorgt werden muss.» Ansonsten werde es Bussen oder Strafanzeigen geben.
Haus-Besitzerin Dafina K. hat nicht vor, die Frist verstreichen zu lassen. «Alles, was nach der Abfuhr am Freitag noch dort ist, werde ich selbst entsorgen. Und die Rechnung dafür dann den verantwortlichen Parteien zukommen lassen.»
* Name geändert
** Name bekannt