«Sie kamen in die Schweiz und wurden sofort vergewaltigt»
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Anwalt der Opfer:«Sie kamen in die Schweiz und wurden sofort vergewaltigt»

Psychiaterin über Opfer des Kosovo-Familienclans im Berner Jura
«Die Frauen hatten den Status von Nutztieren»

Jahrelang sollen vier Frauen im Berner Jura von einem Familienclan tyrannisiert, missbraucht, vergewaltigt und geschlagen worden sein. Blick spricht im Vorfeld des Gerichtsprozesses mit einer Psychiaterin.
Publiziert: 02.11.2022 um 20:50 Uhr
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Aktualisiert: 02.11.2022 um 22:21 Uhr
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Der Familienclan auf dem Weg zum Prozess.
Foto: Blick
Luisa Ita

Die Anklageschrift aus dem Berner Jura lässt einen erschaudern: Vier Frauen sollen während 16 Jahren wie Sklavinnen gehalten worden sein, bis ihnen die Flucht aus der Familienclan-Hölle gelungen ist.

Die Liste der Vorwürfe, mit denen sich das Regionalgericht in Moutier BE ab nächstem Montag auseinandersetzen muss, ist lang: Menschenhandel, Zwangsheirat, Körperverletzung, Nötigung, Vergewaltigung und sexuelle Handlungen mit Kindern. Beschuldigt werden fünf Männer – das kosovarische Familienoberhaupt mit seinen vier Söhnen.

30 Seiten voller Vorwürfe

Gemäss Staatsanwaltschaft soll Patriarch Albrim F.* (65) für seine vier Söhne je ein Mädchen zwischen 14 und 17 Jahren als «Ehefrau» aus dem Balkan in den Berner Jura geholt haben – sie stammten aus ärmlichen Verhältnissen. Und hofften in der Schweiz auf ein besseres Leben, denn das wurde ihnen und ihren Eltern laut Anklage durch die arrangierten Zwangsehen versprochen. Eine damals 14-Jährige wurde gemäss den Ermittlern für den Betrag von nur 300 Euro von ihren Eltern an die Angeklagten verkauft.

Über anderthalb Jahrzehnte hinweg sollen die männlichen Familienmitglieder des Clans die jungen Frauen tyrannisiert, verprügelt, mit dem Tode bedroht, isoliert und vergewaltigt haben. Eines der Opfer habe jeden Abend die Füsse seines Schwiegervaters und eines Schwagers waschen müssen.

«Status von Nutztieren»

«Der Missbrauch, speziell von Frauen und Kindern, wirkt auf mich immer wieder schockierend und verstörend», meint Psychiaterin Alexandra Horsch (52) zu dem Fall. Die Frauen seien schon nur durch den Verkauf «faktisch auf den Status von Nutztieren» erniedrigt worden.

Dass die Frauen nicht schon früher flüchteten, ist für Horsch nachvollziehbar. Sie erklärt: «Die Form einer existenziellen Bedrohung ist kaum vorstellbar. Diese Frauen lebten in kompletter Abschirmung einer gewaltverherrlichenden familiären Clanstruktur.» Die Frauen seien in einer Art «Parallelgesellschaft» gefangen.

Flucht brauche «unermessliche Kraft und grossen Mut»

2019 gelang den vier Opfern schliesslich die Flucht – laut Dominic Nellen (38), der zwei der Frauen vor Gericht vertritt, ist jede von ihnen alleine geflohen. Unterdessen würden sie in Frauenhäusern leben. Für die Psychiaterin ist klar: «Eine solche Flucht verlangt eine unermessliche Kraft und grossen Mut.»

Gemäss Nellen werden die Frauen zwar vor ihren früheren Gatten abgeschirmt, manche der insgesamt über zehn entstandenen Kindern würden aber regelmässig ihre Väter besuchen und Zeit mit ihnen verbringen. Horsch findet das nicht zumutbar für die Mütter.

Psychiaterin fordert hartes Urteil

Die Männer bestreiten laut Opferanwalt Nellen, Unrecht getan zu haben. Der Anwalt eines der Söhne kündigte gegenüber Blick ebenfalls an, einen Freispruch zu fordern. Für die fünf Beschuldigten, die allesamt auf freiem Fuss sind, gilt die Unschuldsvermutung. Die mehrtägige Gerichtsverhandlung beginnt am Montag, das Urteil fällt voraussichtlich am 24. November.

* Name geändert

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