Die Terrasse von Martin Niederhäuser (69) sah am 17. August aus, als sei sie von einem Orkan heimgesucht worden: Der Zelt-Pavillon war eingeknickt und die dekorative Lichterkette zerrissen. Alles schrottreif.
Schuld an der Zerstörung ist laut dem dorfbekannten Rentner, der jeweils mit einem auffälligen Elektromobil durch die schmalen Strassen des Bergdörfchens kurvt, ein Helikopter. «Wengen ist nur schwer erreichbar, und für Transporte wird oft geflogen», erklärt er. Und: «Normalerweise stört mich das auch nicht.»
Im Sturzflug abgeflogen
Am 17. August jedoch sei der Transport-Heli, der beim Handwerker nebenan eine Lieferung abholen und sie zu einem Chalet weiter oben im Dorf fliegen sollte, in Eile gewesen. «Angekündigt war der Flug erst am Nachmittag. Aber vermutlich hatte der Pilot eine Lücke und wollte den Auftrag darum noch vor dem Mittag ausführen.» Da in Lauterbrunnen aber über Mittag ein Flugverbot herrsche und die Zeit drängte, habe der Pilot neben seinem Haus quasi «zum Sturzflug» angesetzt, führt das Dorforiginal aus. «Ich habe das Manöver vom Dorf aus beobachtet. Der Pilot war ein richtiger Draufgänger!»
Später habe er dann das Übel auf seiner Terrasse entdeckt – und sofort eins und eins zusammen gezählt. «Wo gearbeitet wird, passieren Fehler», habe sich der einst international tätige Metzgermeister damals gedacht und begonnen, das Chaos zu beseitigen. Zeitgleich habe er die Heli-Firma kontaktiert und erwartet, dass diese den Schaden übernehme.
Knatsch um Schadenersatz
«Aber man wollte mir lediglich den Kaufpreis des Zelts begleichen, das ich im Frühling durch gute Beziehungen für nur etwa 140 Franken erstehen konnte», erzählt er. «Die Entsorgung des alten Zelts, der kaputten Lichterkette und der Aufwand, mir ein neues Zelt hier ins beinahe autofreie Wengen liefern zu lassen, wollte man nicht übernehmen.» Das neue Zelt sei mit rund 270 Franken ausserdem deutlich teurer als das alte, weil er das nicht mehr verbilligt beziehen könne.
«Dass die Firma nur den verbilligten Kaufpreis des alten Zelts übernehmen und mir nichts für den Aufwand bezahlen will, ist eine Frechheit. Mir geht es ums Prinzip», so der Berner. «Ich wollte das nicht auf mir sitzen lassen und bin zur Polizei gegangen.»
Keine Anzeige wegen Sachbeschädigung
Die Kantonspolizei Bern schreibt auf Anfrage, dass man Kenntnis vom Fall habe: «Die betreffende Person wurde durch einen Mitarbeiter darauf hingewiesen, dass für eine Sachbeschädigung gemäss Strafgesetzbuch ein Vorsatz gegeben sein muss. Entsprechend wurde dem Mann empfohlen, auf zivilrechtlichem Weg zu versuchen, den entstandenen Sachschaden auszugleichen.»
Sich einen Rechtsanwalt zu nehmen, das lohne sich aber finanziell nicht, meint Niederhäuser: «Und eigentlich ist das auch nicht ein Problem, das unsere Justiz beschäftigen sollte. Und darum habe ich mich nun entschieden, dass ich damit an die Öffentlichkeit gehe und vielleicht so Gerechtigkeit einkehrt.»
Die Helikopter-Firma war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Der Handwerker, der die Lieferung in Auftrag gegeben hatte, schreibt, dass man von Beginn an vorgeschlagen hatte, den entstandenen Schaden zu übernehmen.