Jahre- oder teilweise jahrzehntelang träumen Häftlinge von einem Leben in Freiheit. Doch das Leben nach der Haftentlassung birgt viele Hürden, das hat auch Nico Z.* (27) erlebt. Der in Bern lebende Aaargauer hat Dutzende Einbrüche verübt, um sich seine Drogensucht zu finanzieren und musste schon dreimal für insgesamt viereinhalb Jahre in den Knast. Der forensische Psychiater Dr. med. Thomas Knecht (64) vom psychiatrischen Zentrum in Herisau AR bestätigt auf Anfrage von Blick, was der Häftling am eigenen Leibe erfahren hat: «Der Übergang vom Vollzug ins freie Leben ist immer kritisch.»
Es sei wichtig, dass die Gefangenen schon vor der Haftentlassung gewisse Freiheiten hätten, um sich neu orientieren zu können. «Sie verfügen über sehr unterschiedliche Ressourcen und Kompetenzen, brauchen also unterschiedlich viel Unterstützung», sagt der Experteaus. Sinnvoll seien beispielsweise Institutionen, in denen entlassene Häftlinge betreut wohnen könnten: «So kann die Freiheit behutsam erprobt werden.»
Soziales Umfeld kann grossen Einfluss haben
Kritisch sei häufig das soziale Umfeld der Ex-Häftlinge: «Die Rückkehr in ein kriminelles Milieu sollte möglichst vermieden werden, was aber leider nicht immer gelingt. Das fördert Rückfälle.» Knecht spricht hier von einem Umfeld, in dem Drogenkonsum, Gewalt und weitere illegale Aktivitäten an der Tagesordnung sind.
Nico Z. hatte bereits zwei Rückfälle und erklärt, dass es als Haftentlassener halt schwierig sei, sich wieder in der Gesellschaft einzugliedern. «Mein Nachbar fürchtete sich vor mir, als ich ihm erzählt hatte, dass ich schon im Gefängnis war», erzählte er. «Eine Wohnung oder einen Job zu finden, ist mit meiner Vergangenheit fast unmöglich.» Knecht meint zu den Aussagen: «Der Mann hat recht.»
Ist das die Lösung?
Die Idee von Z., dass Immobilienverwaltungen dazu verpflichtet werden könnten, einen kleinen Prozentsatz ihrer Wohnungen an entlassene Gefangene zu vermieten, entspricht laut Knecht jedoch eher nicht den «marktwirtschaftlichen Prinzipien». Aber: «Engere Beziehungen zwischen den Sozialdiensten der Vollzugsanstalten und der Wirtschaft wären wünschenswert, damit der Zugang zu günstigen Wohnungen und niederschwelligen Jobs geebnet werden kann.»