Thanos findet trotz Anfragen keinen neuen Besitzer
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«Oft falsche Motivation»:Thanos findet trotz Anfragen keinen neuen Besitzer

Er ist 70 Kilo schwer, ein Listenhund und treibt Berner Verein in den Ruin
Riesenhund Thanos sucht verzweifelt ein Zuhause!

Seit zehn Monaten sucht der 70-Kilo-Hund Thanos nach der passenden Familie. Seine Grösse sorgt gleichzeitig für grosse Rechnungen und bringt den Berner Tierhilfeverein Anihelp in Bedrängnis. Doch Aufgeben ist keine Option.
Publiziert: 30.12.2024 um 00:23 Uhr
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Aktualisiert: 30.12.2024 um 09:53 Uhr
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Als kanarische Dogge (Dogo oder Presa Canario) gehört der fast 3-jährige Thanos zu den Listenhunden. Das heisst: Er gilt als potenziell gefährlich, weswegen seine Haltung in gewissen Kantonen nur beschränkt erlaubt ist.
Foto: Gina Krückl
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Gina KrücklReporterin

Dürfte sich Thanos aufs neue Jahr etwas wünschen, wäre es wohl, dass er endlich sein Zuhause findet. Seit zehn Monaten ist der knapp dreijährige Rüde einer der Schützlinge des Berner Tierhilfevereins Anihelp. Doch ein neues Zuhause ist nicht in Sicht. Gleichzeitig kämpft der Verein mit den sich anhäufenden Kosten.

Thanos – der 70-Kilo-Listenhund

Als kanarische Dogge (Dogo oder Presa Canario) gehört Thanos zu den Listenhunden. Das heisst: Thanos gilt als potenziell gefährlich, weswegen seine Haltung in gewissen Kantonen nur beschränkt erlaubt ist. Während Bern keine solche Liste führt, ist Thanos' Rasse in Genf verboten und muss in Fribourg, Schaffhausen und Thurgau bewilligt werden. Kanarische Doggen sind zwar belastbar, loyal und gutmütig, haben aber auch einen ausgeprägten Schutztrieb. Dazu kommt ihre Grösse: Auf eine durchschnittliche Schulterhöhe von 60 Zentimetern wiegen sie rund 40 bis 65 Kilo. Thanos wiegt ganze 70 Kilo.

Als die Blick-Reporterin Thanos zum ersten Mal gegenüber steht, ist sie froh, dass Gitterstäbe sie und den Hund trennen. Regungslos steht der 70-Kilo-Koloss da und starrt die Reporterin an. Immer wieder schnellen seine Augen zur Begleitung, dann zurück. Aber keine fünf Minuten später drückt er seinen massigen Körper gegen die Beine der Reporterin, damit sie ihm weiter den Bauch krault.

Die Begleitung ist Coco D.*, sie ist eines der aktiven Vereinsmitglieder von Anihelp. Zudem war sie die Notpflegestelle von Thanos, als dieser vor zehn Monaten zum Verein kam. «Seine Halterin war mit seiner Grösse überfordert. Das passiert leider sehr häufig, wenn die Hunde zu Teenagern werden.» Da Coco D. bereits drei Hunde hat, war das nur eine kurzzeitige Notlösung.

Einsames Leben in teurer Pension

Nach zwei gescheiterten Versuchen in einer Pflegestelle lebt Thanos seit August in der Tier-Pension Wotans Tierbetreuung in Aarwangen BE. Die Leute dort leisten laut Coco D. eine tolle Arbeit und suchen selbst auch für einige Tiere ein neues Zuhause, etwa für Mini-Bullterrier Fluffy. «Wir sitzen alle im selben Boot», sagt D. Trotzdem verbringt Thanos dort viel Zeit allein. «Dabei bräuchte er ein richtiges Zuhause bei Menschen, die viel Liebe und Zeit für ihn haben.»

Dazu kommen die hohen Kosten für Thanos Unterhalt, die grösstenteils für seine Unterbringung in der Pension draufgehen. «Pro Monat kostet er mindestens 1500 Franken.» Irreguläre Ausgaben wie Ausrüstung und Tierarzt nicht mit einberechnet – und beides wegen Thanos' Grösse teurer als beim Durchschnitts-Hund. «Maulkorb und Gestell sind massgefertigt. Medikamente braucht er meist die doppelte oder sogar die dreifache Dosis.»

Verein finanziell am Ende

Trotz Spenden können die monatlichen Kosten für Thanos nur mit Müh und Not gedeckt werden. Die Anihelp-Frau betont: «Unser finanzielles Sicherheitspolster haben wir längst verloren.» Kommt hinzu: Januar und Februar sind bekanntlich das Spendenloch des Jahres. Zudem ist Thanos nicht der einzige oder teuerste Hund von Anihelp. Beim Treffen mit Blick eine Woche vor Weihnachten sagte D: «Aktuell haben wir noch Rechnungen über 12'000 Franken offen.»

Thanos könnte laut ihr das Zünglein an der Waage sein. Trotzdem: Ihn oder einen der anderen Hunde abzugeben oder sogar einzuschläfern sei keine Option. «Die meisten Hunde kommen zu uns, weil wir der letzte Ausweg sind. Bevor es so weit kommen würde, gibt jeder von uns sein letztes Hemd.»

Kein Mangel an Anfragen

An Anfragen für Thanos mangele es nicht. «Er ist ein wunderschöner, gesunder Hund und immer wieder will ihn jemand adoptieren.» Bislang seien aber leider alle Interessierten ungeeignet gewesen. «Thanos gehört sicher nicht in Anfängerhände.» So spüre er sofort, wenn man unsicher sei. «Dann geht er in den Beschützermodus und es können Unfälle mit anderen Hunden passieren.» Deswegen muss Thanos draussen immer einen Maulkorb tragen. «Vor allem aber muss sein Halter immer seine gesamte Aufmerksamkeit auf Thanos und die Umgebung haben.»

Zudem stellt der massive Körperbau von Thanos gewisse Anforderungen an Herrchen oder Frauchen. «Er ist zwar ein sehr gutmütiger Kerl, der stundenlang kuscheln will. Als Teenager will er aber auch spielen und dann kann es wild werden.» Allzu penibel darf der künftige Halter nicht sein: Haarige Kleider und feuchte Küsse gehören bei Thanos dazu. All das schreckt Liebhaber wie Coco D. nicht ab: «Es muss doch noch mehr von uns geben. Thanos und der Verein brauchen dringend ein Neujahrswunder.» Heisst: ein passendes Zuhause für den 70-Kilo-Koloss.

* Name der Redaktion bekannt

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