Eingerollt liegt Hund Iggy (12) auf dem Sofa und schmiegt sich an sein Herrchen Yves Ruch (48), dessen Nähe er seit neustem mehr denn je sucht. Iggy wurde nämlich letzte Woche in Kleinhüningen BS von einem anderen Hund gebissen – seitdem fehlen ihm drei Zentimeter seines Ohrs. Kein Einzelfall im Basler Quartier. «Iggy ist bereits das dritte Opfer in einem Monat», sagt Herrchen Ruch zu Blick.
Attackiert wurde der Hund von einem Presa Canario – einem «Riesen-Vieh», wie Ruch sagt. In gewissen Kantonen gilt die Rasse als Listenhund und wird als potenziell gefährlich eingestuft. Halter benötigen dementsprechend eine Bewilligung des Veterinäramts.
Iggy wurde im Hundepark Horburg vom Kampfhund angegriffen. «Die Bestie rannte auf ihn los, schüttelte ihn durch und biss ihm das halbe Ohr ab», sagt Ruch. Als er seinen Hund befreien konnte, fuhr er mit ihm sofort zum Tierarzt. Eine Notoperation war nötig.
Diese muss Ruch allerdings selber berappen. «Der andere Hundebesitzer hat sein Tier nicht einmal versichert», so Ruch. Und das, obwohl es obligatorisch sei. Im Quartier wimmle es nur so von Listenhunden, die sich unangemeldet herumtreiben würden. «Hier in Kleinhüningen hat es bestimmt 50 Stück.»
Besitzer sah tatenlos zu, wie Hund verbissen wurde
Das bestätigt auch Burcu Sökmen (29), die Besitzerin eines Jack Russell Terriers, der vor vier Wochen ebenfalls im Horburgpark von einem Listenhund angegriffen wurde. Der American Bulldog habe ihren Coco (3) gejagt, ihn zu Boden gedrückt und dann zugebissen. «Ich habe geschrien, aber der Besitzer sah tatenlos zu, wie Coco bös verbissen wurde», erinnert sich Sökmen.
«Erst als wir uns zu viert auf den Hund gestürzt haben, konnten wir ihn bändigen», sagt sie. Danach hatte Coco am Hals eine riesige Wunde. Zwei Operationen für rund 4000 Franken waren nötig, um Coco zu retten.
Das Problem mit den Kampfhunden im Kleinhüningen-Quartier ist auch im Basler Veterinäramt ein Thema. Ihnen würden regelmässig Bissverletzungen und «übermässig aggressive Hunde» gemeldet, so das Amt zu Blick. «Es werden auch immer wieder nicht bewilligte Listenhunde festgestellt.»
Listenhund als Statussymbol
In Basel gibt es offenbar eine lebhafte Kampfhunde-Szene. «Es sind meistens junge Männer mit Migrationshintergrund, die in Gruppen mit ihren Hunden im Park auftauchen», sagt Sökmen. Anstatt dass sie auf ihre Hunde aufpassen, würden sie einfach kiffend im Park rumsitzen. Oder dann sogenannte «Big-Mac-Rennen» veranstalten. «Da geht es darum, welcher Hund am schnellsten einen Burger verdrücken kann», sagt sie.
Auch Yves Ruch kennt die Szene: «Man trifft sich, um zu zeigen, was für einen dicken fetten Hund man hat. Den Spruch ‹Mein Hund ist stärker als deiner› hört man oft.» Im Griff hätten sie ihre Tiere aber nicht. Der Hund sei mehr ein Prestigeobjekt statt ein Familienmitglied. Die Folge: Immer wieder kommt es zu gefährlichen Situationen mit anderen Tieren.
Kampfhunde als Statussymbole halten – ein Problem, über das sich auch Kevin Hammann (34) aus Pfeffingen BL ärgert. Er selber ist Besitzer eines Listenhundes. Sein Mischling aus American Staffordshire Terrier und American Pitbull sorge allerdings nie für Probleme.
Hammann setzt sich stark damit auseinander, damit seine Hündin Leya (18 Monate) richtig gehalten wird und besucht jede Woche die Hundeschule in Allschwil BL. «Ich habe Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um die Bewilligung für meinen Hund zu erhalten. Und dann kommen solche Leute wie in Kleinhüningen und ziehen den Ruf der Listenhunde in den Dreck.»