Am heutigen Donnerstag soll erneut eine unbewilligte Corona-Demo in Bern stattfinden. Im Vorfeld der Kundgebung sorgt ein Telegram-Video für grosses Aufsehen.
Es zeigt zwei Mitglieder der Kantonspolizei Aargau, die einem Mann am Mittwoch eine für ihn unerfreuliche Botschaft aus Bern überbringen. Gegen Dominik R.* (39) wurde eine vorübergehende Wegweisung aus der Stadt Bern verfügt. Bernhard Graser, Sprecher der Kantonspolizei Aargau, bestätigt gegenüber Blick, dass es sich bei den im Video gezeigten Männern um Kapo-Mitarbeiter handelt.
Der Platzverweis erfolgt aufgrund einer Drohung gegen den Berner Sicherheitsdirektor Reto Nause (50) und dessen Angehörige! Die Polizisten lesen dem Mann die Verfügung vor, während er ihre Beine und Füsse filmt.
«Drohende und aggressive Haltung»
«Aufgrund eines der Kantonspolizei Bern vorliegenden Telegramchats, in welchem der Berner Gemeinderat Nause und dessen Familie indirekt bedroht werden, muss im Zusammenhang mit der am 14. Oktober vermutlich stattfindenden, unbewilligten Kundgebung gegen die Corona-Massnahmen davon ausgegangen werden, dass Dominik R. an der Kundgebung teilnehmen wird und von ihm dementsprechend eine Gefährdung ausgeht», steht im Dokument, das gefilmt wird.
Und weiter: «Den vorliegenden Chatverläufen kann eine drohende und aggressive Grundhaltung entnommen werden, und eine Gefährdung für Ruhe und Ordnung namentlich auch für besonders exponierte Personen kann nicht ausgeschlossen werden.»
Aus diesem Grund scheine eine vorübergehende Wegweisung aus der Stadt Bern «sowohl verhältnismässig wie auch zielführend». Insbesondere weil in der Dauer der Wegweisung – von Donnerstag 14 Uhr bis Freitag 6 Uhr – die Corona-Demo stattfinden soll. Hält er sich nicht an die Wegweisung, drohe ihm eine Busse.
Corona-Skeptiker ist sauer
Die Empörung bei Dominik R., der sich weigert, das Schreiben anzunehmen, ist gross. «Ernsthaft? Das ist gesetzlich nicht legitim! Aufgrund von welchen Beweisen?», ist hinter der Kamera zu hören.
Die Polizei weist ihn darauf hin, dass alles im Dokument angegeben sei. Doch der Skeptiker ist ausser sich vor Wut. «Da sieht man, wie der Polizeistaat in der Schweiz funktioniert! Sch*** faschistischer Drecksstaat!», schreit er.
«Es ist nicht unsere Entscheidung, wir überbringen sie Ihnen einfach», sagen die Polizisten ruhig und verlassen kurze Zeit später das Treppenhaus.
«Schreiben unter der Gürtellinie»
Alice Späh von der Direktion für Sicherheit, Umwelt und Energie der Stadt Bern sagt gegenüber Blick: «Wir können bestätigen, dass Drohungen gegen Gemeinderat Reto Nause und Angehörige von ihm bestehen. Seit Wochen erhält er unzählige Schreiben und Mails. Deren Inhalt ist zum Teil massiv unter der Gürtellinie. Über einzelne hat er die Kantonspolizei Bern in Kenntnis gesetzt.»
Das bestätigt auch die Kantonspolizei Bern, die für die Verfügung zur Wegweisung zuständig ist. «Wir haben Kenntnis von Drohungen gegen exponierte Persönlichkeiten, darunter auch Reto Nause», sagt Christoph Gnägi, Medien-Chef der Kapo Bern, zu Blick.
«In solchen Fällen werden Massnahmen geprüft. Und zwar unabhängig davon, ob das Opfer die Drohungen selber meldet. Denn es handelt sich um sicherheitspolizeiliche Massnahmen.»
Wegweisungen unabhängig von Demo ausgesprochen
Das mildeste Mittel sei dann die «Gefährderansprache». Die Polizei suche dabei ein persönliches Gespräch, um den Sachverhalt zu thematisieren. Ob ein solches Gespräch auch mit Dominik R. geführt wurde, beantwortet die Polizei nicht. «Aus Datenschutzgründen können wir zu Einzelfällen keine Auskunft geben», erklärt Gnägi. Abgesehen von einer Gefährderansprache kann die Polizei aber generell auch eine Wegweisung aussprechen, dies, gestützt auf das Polizeigesetz des Kantons Bern, sagt er.
Und zwar dann, wenn «ein Verdacht besteht, dass die Person die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährden und stören könnte. Auch Drohungen gehören dazu.» Dieses Instrument komme aber unabhängig von Demonstrationen zum Einsatz, betont der Polizeisprecher. Betrifft es Personen, die ausserhalb des Kantons wohnen, so sei eine Vollzugshilfe üblich.
Polizeiwachen bleiben wieder zu
Ob Dominik R. trotz der Wegweisung in Bern auftaucht, ist unklar. Für eine Stellungnahme war er nicht erreichbar.
Die Polizei bereitet sich derweil auf den Einsatz vor. Auch am heutigen Donnerstag würden wieder Wachen geschlossen, um genügend Personal an der Demo zu haben, bestätigt Gnägi. «Solche Belastungsspitzen sind grundsätzlich nichts Neues. Nur dass sie jetzt wiederholt vorkommen, ist aussergewöhnlich. Aber das gehört dazu, und das wissen unsere Mitarbeiter auch. Wir bleiben professionell.»
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* Name geändert
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