In den Wochen vor Weihnachten werden fleissig Päckli herumgeschickt. Die Kaffeetasse, die für die Grosstante im Internet bestellt, dann mit persönlichen Fotos verziert wurde und die man ihr an Heiligabend übergeben will. Oder die Playmobil-Burg für den Göttibueb, den man in diesem Jahr leider nicht sehen kann und ihm daher das Gschänkli ans andere Ende der Schweiz liefert.
Doch nicht immer bekommen die Empfänger das erwartete Paket auch wirklich. Eine Betroffene ist Gabriela C.* (47) aus der Region Biel BE.
Weihnachtsgeschenk für die Schwester
Die Seeländerin freute sich auf eine Uhr, die sie zum Schnäppchenpreis im Internet bestellte. 58 Franken bezahlte sie für das Produkt. Dazu 9.90 Franken für Verpackung und Versand. Sie wollte das Accessoire ihrer Schwester zu Weihnachten schenken. Die Post war für die Lieferung zu ihr nach Hause zuständig. Doch C. sieht nie etwas – weder das Paket noch den Inhalt.
Gabriela C. vermutet: «Ich wurde wohl Opfer eines dreisten Päckli-Diebs, der mir das Paket aus dem Michkasten gestohlen hat», sagt sie zu Blick.
Es ist der 23. November, als die Post ihr die Ware an ihre Privatadresse liefert und sie dies im Sendeverlauf in der Post-App sieht. Bei der Zustellung ist C. nicht zu Hause. «Ich kam erst am Abend heim. Aber da war kein Paket – und auch kein Abholschein.»
«Um 9.18 Uhr ins Milchkasten der Empfängerin gelegt»
Die Post sagt auf Blick-Anfrage, dass ihr Pöstler das Paket korrekt zugestellt habe. Post-Medienchefin Léa Wertheimer erklärt: «Die Post hat das Paket über Frauenfeld nach Biel transportiert, und dort hat es der zuständige Bote in Empfang genommen und um 9.18 Uhr ins Milchkasten der Empfängerin gelegt.» Genauso sei es für solche Sendungen vorgesehen. «Was danach mit dem Paket geschehen ist, entzieht sich unserer Kenntnis. Die Mitarbeitenden der Post haben nichts falsch gemacht.»
Und Wertheimer bestätigt, dass in diesem Fall kein Abholschein hinterlegt worden sei. Denn: «Wenn ein Paket ins Ablagefach passt, muss der Pöstler keinen Abholschein hinterlegen.» Post legt Bernerin Paket in Milchkasten – danach verschwindet das Päckli
Es ist also davon auszugehen, dass sich das Paket mit der Uhr eine Zeit lang im Milchkasten von Gabriela C. befand. Bevor dann wohl jemand das Päckli stibitzte. Die 47-Jährige sagt, sie habe bei der Polizei Anzeige erstattet.
Polizei: Steigende Tendenz bei Postmaterial-Diebstählen
Von einer Paket-Stibitz-Gang in der Gegend ist aber nicht auszugehen. Denn Joël Regli von der Kantonspolizei Bern sagt auf Anfrage, dass seit Anfang November bis am Donnerstag, 9. Dezember in der Gemeinde, in der Gabriela C. wohnt, total nur zwei Fälle bekannt seien, «in denen Pakete, die geliefert wurden, mutmasslich gestohlen wurden».
Allgemein stellte die Polizei im ganzen Kanton «2020 im Vergleich zum Vorjahr eine leicht steigende Tendenz im Zusammenhang mit eingegangenen Meldungen zu Postmaterialdiebstählen fest.» Dieser Trend im Vergleich zu 2019 zeichne sich auch für 2021 ab. «Diese Postmaterialdiebstähle betreffen nicht nur Pakete, sondern beispielsweise auch Couverts und können ganz generell im Bereich des Eingangs oder Treppenhauses passiert sein», so Regli. Die Zahlen für das gesamte Kantonsgebiet würden sich pro Jahr allgemein im tiefen dreistelligen Bereich bewegen.
* Name der Redaktion bekannt