Abu Ramadan vor Obergericht
Hassprediger kämpft um Verbleib in der Schweiz

Abu Ramadan hofft in der Berufungsverhandlung auf einen Freispruch. Während der libysche Laienprediger gegen seine Ausweisung kämpft, droht auch dem SVP-Sozialvorsteher an Abu Ramadans Wohnort eine Verurteilung.
Publiziert: 19.11.2023 um 13:05 Uhr
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Aktualisiert: 19.11.2023 um 16:43 Uhr
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Da war er noch guter Dinge: Abu Ramadan betritt im Juni 2022 das Regionalgericht in Biel. Dieses hat ihn schuldig gesprochen und einen Landesverweis verhängt.
Foto: Keystone
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Lino SchaerenRedaktor

Hassprediger vor dem Obergericht: Am Montag hätte Abu Ramadan (70) beim Berufungsgericht in Bern antrageben sollen. Das Regionalgericht Berner Jura-Seeland hatte ihn im Juni 2022 wegen Betrugs und Rassendiskriminierung schuldig gesprochen. Dagegen hat der Libyer Berufung eingelegt. Doch die Verhandlung am Obergericht wurde kurzfristig abgesetzt. Wann der Prozess stattfinden wird, ist noch offen.

Das Verfahren war 2017 durch Medienberichte über Hassgebete von Abu Ramadan in der Ar’Rahman-Moschee in Biel BE ausgelöst worden. Der Laienprediger betete für die Vernichtung aller «Ungläubigen»: «Oh Allah, ich bitte dich, die Feinde unserer Religion zu vernichten, vernichte die Juden, die Christen und die Hindus und die Russen und die Schiiten.»

Während er gegen Andersgläubige hetzte, lebte Abu Ramadan, der 1998 als Flüchtling in die Schweiz kam, an seinem Wohnort in Nidau BE vom Staat. Während 13 Jahren bezog er rund 600 000 Franken Sozialhilfe. Weil er gleichzeitig Einkünfte aus seiner Tätigkeit als religiöser Reisebegleiter verschwiegen haben soll, wurde er nicht nur wegen seiner Hasspredigten, sondern auch wegen Sozialhilfebetrugs angeklagt.

Das Regionalgericht folgte vor gut einem Jahr der Staatsanwaltschaft und verhängte eine bedingte Freiheitsstrafe von 14 Monaten. Weit härter würde Abu Ramadan jedoch der ausgesprochene Landesverweis treffen. Der Libyer hatte die Vorwürfe stets bestritten.

Während Abu Ramadan am Obergericht um seinen Verbleib in der Schweiz kämpft, muss sich in dieser Angelegenheit auch ein Politiker vor Gericht verteidigen. Die Staatsanwaltschaft wirft Roland Lutz (68) Amtsgeheimnisverletzung und üble Nachrede vor. Der SVP-Gemeinderat ist Sozialvorsteher in Abu Ramadans Wohngemeinde Nidau. Abu Ramadan hatte den Politiker angezeigt, nachdem dieser im Dezember 2019 in der SRF-«Rundschau» bereitwillig Auskunft zum Sozialhilfebezug des Libyers gegeben hatte.

Die Verhandlung gegen Lutz vor dem Regionalgericht in Biel hätte am 8. November stattfinden sollen. Doch auch diese Hauptverhandlung wurde kurzfristig abgesetzt. Die Verteidigung hat gegen Verfahrensschritte der Staatsanwaltschaft Beschwerde beim Obergericht eingelegt und damit den Prozess verzögert. Erst wenn das Obergericht über die Beschwerden entschieden hat, kann über den Gemeindepolitiker gerichtet werden. Pikant: Die Verjährungsfrist für den Vorwurf der üblen Nachrede läuft am 3. Dezember ab. Danach kann Lutz nur noch wegen des Vorwurfs der Amtsgeheimnisverletzung gerichtlich belangt werden.

Der Skandal-Moschee wurde Mietvertrag gekündigt

Und die umstrittene Bieler Ar’Rahman-Moschee? Sie wurde auch nach Bekanntwerden der Hasspredigten von Abu Ramadan weiter betrieben. Mehr noch: Der Libyer predigte und hetzte mindestens bis 2020 weiter und verkehrte bis zuletzt in dem Gotteshaus, in dem einst auch der Konvertit und heutige Präsident des umstrittenen Islamischen Zentralrats Schweiz (IZRS), Nicolas Blancho, lehrte und spätere Dschihad-Reisende verkehrten. Erst im Frühjahr 2023 wurde der Skandal-Moschee der Mietvertrag gekündigt, im April wurde sie geschlossen. Die Moscheeleitung wollte die zum Verkauf stehende Liegenschaft übernehmen, konnte aber die geforderten 1,2 Millionen Franken auch nach jahrelanger Hinhaltetaktik nicht aufbringen. Der Vermieter verlor letztlich die Geduld und gab einem anderen Käufer den Zuschlag.

Dennoch wollte die Ar’Rahman-Moschee offenbar in demselben Bieler Quartier bleiben: Der Trägerverein Arrissala beabsichtigte, sich keine 100 Meter Luftlinie vom alten Standort entfernt in einem seit Jahren leer stehenden Restaurant einzumieten, wie mehrere Quellen bestätigen.

Doch auch diese Pläne scheinen sich zerschlagen zu haben, die ehemalige Gaststätte bleibt bisher verwaist. Die Besucher der Ar’Rahman-Moschee haben sich stattdessen auf andere Bieler Gotteshäuser verteilt. Ob der Trägerverein weiterhin nach einem neuen Standort für die umstrittene Moschee sucht, ist unklar. Nach dem Rücktritt des langjährigen Präsidenten bleiben Anfragen unbeantwortet, selbst den Behörden fehlt eine Ansprechperson.

Anmerkung: In der ursprünglichen Version des Textes hiess es, dass Abu Ramadan am Montag vor dem Berner Obergericht erscheinen muss. Die Verhandlung wurde jedoch kurzfristig abgesetzt. Die Gründe dafür hat das Gericht nicht kommuniziert. Wann die Verhandlung wieder angesetzt wird, ist derzeit nicht bekannt. 

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