Letzte Nacht kam wieder ein böses Mail. Egoistisch und respektlos sei er, eine Schande für den Bauernstand. Es war die Quittung dafür, dass er seine Klappe nicht halten konnte. Er hatte ja unbedingt wieder einmal im Radio Stellung beziehen müssen.
Urs Gfeller (48), Biogemüsebauer aus Sédeilles VD im Broye-Tal, hoch über Neuenburger- und Murtensee, unterstützt die Trinkwasser- wie die Pestizidverbots-Initiative. Weil er sicher ist, dass Landwirtschaft auch ohne Pflanzenschutzmittel funktioniert. Mit seinem Ja steht Gfeller aber ziemlich allein: 95 Prozent der Berufskollegen, so schätzt er, halten die Initiativen für existenzbedrohend.
«Es wird deswegen niemand verhungern müssen», widerspricht er leise, schüchtern fast. Aber: «Natürlich ist die Situation belastend.»
Noch fünf Wochen bis zur Abstimmung, auf dem Land geht es rund: Aufgeschlitzte Reifen, durchgeschnittene Hydraulikschläuche, versprayte Mistkarren – und dann tobt da noch die Plakateschlacht, ohne die dieser Bauernkrieg offenbar nicht zu gewinnen ist.
Gfeller hisste zur Strasse eine kleine grüne Fahne mit der Aufschrift «Oui». Es ist weit und breit die einzige. Beim Nachbarn, gleich hinter seinem Hofladen, hängt bereits die rote Flagge mit dem «Non». Die Initiativ-Gegner markieren überall – nicht nur im Broye-Tal – an Mauern, Zäunen, Scheunen, Siloballen und natürlich auf den vielen, vielen Feldern.
Manche legten sich schwer ins Zeug, nagelten ihr Plakat in halsbrecherischer Höhe an, andere könnten problemlos als Kulissenbauer anheuern, so kreativ wirken ihre selbst gebastelten Holztraktoren, Plastikschweine und andere Symbolsujets.
Beide Lager verfügen über volle Kriegskassen. Man fahre die «grösste Kampagne in der 125-jährigen Geschichte des Schweizer Bauernverbandes», prahlte dessen Vizedirektor Urs Schneider (62) diese Woche im Fernsehen, natürlich ohne Zahlen zu nennen. Doch auch das Ja-Lager, darunter WWF, Pro Natura, Greenpeace, erfreut sich seines Budgets: schätzungsweise fünf Millionen Franken.
Kürzlich zerstörten Unbekannte auf Gfellers Hof Plakate, Anzeige erstattete er nicht. Vom Gemeinschaftsgefühl sei aber nicht mehr viel übrig, klagt er: «Das Kollegiale geht kaputt.» Bauern, mit denen er seit Jahren kooperiert, wollten ihm auf einmal ihre Landmaschinen nicht mehr ausleihen. «Es schmerzt, als Verräter abgestempelt zu werden.» Bäuerinnen, die früher Setzlinge bei ihm kauften, boykottierten ihn nun, erzählt er.
So hoch geht es zu und her oben im Broye-Tal, aber auch anderswo. Fast müsste Aussenseiter Gfeller dem Frieden zuliebe hoffen, dass die Initiativen am 13. Juni die Broye hinuntergehen. «Wenn eine durchkommt, wird es richtig schwierig mit dem Klima unter uns Bauern», glaubt er. Die Stirnfalten auf seiner hohen Stirn dürften nicht weniger werden.
Wieder ein Stadt-Land-Graben
Die am Freitag publizierte Trendumfrage der SRG sagt 54 Prozent für die Trinkwasser-Initiative und 55 Prozent für die Pestizid-Initiative voraus. Städter dafür, Land dagegen, einmal mehr. Indes springen den Initianten jetzt ausgerechnet die Biobauern ab. Ihr Dachverband Bio Suisse sagt nun überraschend Nein zur Trinkwasser-Initiative. Sie stelle Biobauern vor existenzielle Probleme. Nicht wenige Konsumenten reiben sich da die Augen.
Unten in Greng FR am Murtensee reisst Stefan Krähenbühl (43) einen Kohlrabi aus. Es ist kalt und regnet. Das Gemüse würde nicht gerade einen Schönheitspreis gewinnen. Der Kohlrabi ist braun und in der Mitte aufgeplatzt. «Wegen Insektenstichen verholzt und unverkäuflich», erklärt der Biobauer.
Krähenbühl experimentiert auf seinen Feldern. Beim Kohlrabi verzichtete er auf Pestizide, sogar auf jene natürlichen Pflanzenschutzmittel, die er jetzt noch verwenden dürfte, nach Annahme der Initiativen aber nicht mehr. Im Kohlfeld wächst auch Luzerne, wegen der Bienen. Biobauer Krähenbühl wird beide Initiativen ablehnen.
Er arbeitet mit Gfeller zusammen, der Krähenbühls Gemüse auf dem Markt anbietet: «Urs würde mir diesen Kohlrabi sicher nicht abkaufen», sagt Krähenbühl und lacht. Aber es ist nicht lustig gemeint.
Krähenbühl nervt, dass man die Konsumenten nicht ehrlich informiere. Er sagt: «Ohne natürliche Pflanzenschutzmittel oder Biozide geht es nämlich auch bei uns Biobauern nicht.» Der Verzicht auf Pflanzenschutzmittel würde bedeuten, dass die Konsumenten massive Abstriche an der Qualität hinnehmen müssten. Auch Foodwaste auf den Feldern würde massiv zunehmen, ist er überzeugt.
Krähenbühl, ein zackiger Mann, hastet über seinen Hof, hinein ins Ofenhaus. Er greift nach einer Kiste Süsskartoffeln, Ausschussware, die aber nicht auf dem Kompost landet, sondern bis nach Zürich geliefert wird. Foodsafe nennt er das, Lebensmittel retten.
Wird das Gesetz geändert, will er redimensionieren. Statt elf Mitarbeiter noch zwei, statt mitzuhalten am Markt hängt er sich an den Tropf der Direktzahlungen. Sein zweckpessimistischer Blick in die Zukunft: «Ich pflanze Blumenwiesen, gehe nebenbei an der Berufsschule unterrichten und das Gemüse importieren wir aus dem Ausland.»
Enttäuscht vom Nein sagenden Bio-Bauer
Natürlich erhält auch Stefan Krähenbühl Beschwerdebriefe, seitdem er sich als Nein-Sager zu erkennen gegeben hat. Die Kunden schreiben, sie seien schwer enttäuscht vom Biolandbau. «Ich musste mich rechtfertigen», sagt der Landwirt.
Selbst die Biobauern könnten manchen Ideologen nicht mehr folgen. Manche Berufskollegen seien für die Initiative vorgeschickt worden, ist Krähenbühl überzeugt. «Etwas gegen 95 Prozent der Kollegen durchzudrücken, da könnte ich nicht mehr ruhig schlafen», sagt er.
Dann zeigt er auf eine Hecke. Als es darum ging, sie anzupflanzen, habe er im Internet nachdrücklich dazu eingeladen, auch Leute von den Grünen, nur gekommen sei dann natürlich kein einziger Politiker. Und wieder lacht er bitter.
Bei grossen Schlachten gibt es manchmal abseits kleinere Scharmützel. Einen dieser Nebenschauplätze bevölkern die Imker: Sie sind sich wegen der Initiativen uneins, untereinander und mit den Bauern.
Die meisten Bienenzüchter halten ihre Völker auf dem Land der Landwirte. Damit wäre alles zum Kräfteverhältnis gesagt. Bauern hätten Imker gezwungen, die einen Plakate ab-, und die anderen aufzuhängen, beschwert sich Francis Saucy (64), Präsident des Westschweizer Imkerverbands, der für die Initiativen ist.
Saucy schildert, wie Imkern mit Vertreibung gedroht wurde, mit der Enteignung der Bienenstöcke, in einem Fall sogar mit dem Vergiften der Bienenvölker. «Das habe ich noch nie erlebt», sagt er. Unserer demokratischen Gesellschaft sei dieses Verhalten nicht würdig.
Mehr als 30 Imker wollen nächste Woche ein eigenes Pro-Komitee auf die Beine stellen. Derweil ist im Tessin wohl tatsächlich der erste Bienenfeind durchgedreht: Auf dem Monte Carasso bei Bellinzona verendeten Tausende Bienen. Der geschädigte Imker sprach in der Lokalpresse von «Insektizid», von einem Verbrechen und will nun herausfinden, ob ein Pestizidspray die Tatwaffe war.
Anonyme Briefe
Nun müssen sich die Frauen für eine Waffenruhe einsetzen, etwa der Verband der Bäuerinnen und Landfrauen. Die Biobäuerin und Verbandsvize Gabi Schürch (49) aus Kirchberg BE versucht Sachlichkeit in die Auseinandersetzung zu bringen: «In einer Demokratie darf doch jede und jeder seine Meinung sagen.» Sie selbst ist gegen die Initiativen und erhielt viele Zuschriften, darunter anonyme. «Mir wurde vorgeworfen, dass es uns nur ums Geld gehe!» Natürlich habe die Umwelt Priorität, sagt sie. Aber manche Ideologen seien wohl der Meinung, es sei nicht wichtig, dass man seinen Lebensunterhalt verdienen kann.
Gerade ist Schürch viel auf Achse, nach dem SRF-Club ist vor der SRF-Arena. Andere wären wegen so viel Fernsehpräsenz neidisch. Sie aber lächelt nur gequält. Nein, daran gewöhnen konnte sich die Bäuerin bisher nicht.
Noch fünf Wochen Abstimmungskampf. Die Betonung liegt auf Kampf.
Die Initiative «für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide» will Pestizide hierzulande verbieten. Betroffen wären alle, Hobbygärtner, Landwirtschaft, Lebensmittelindustrie. Auch importierte Lebensmittel müssten pestizidfrei hergestellt sein. Die Initianten sagen, Pestizide gefährdeten die Gesundheit, die der Landwirte und jene der Konsumenten. Der Bauernverband bekämpft die Initiative, auch Bundesrat und Parlament lehnen sie ab.
Die Trinkwasser-Initiative will, dass nur noch die Bauern vom Staat unterstützt werden, die auf Pflanzenschutzmittel verzichten. Die Landwirtschaft koste die Steuerzahler Milliarden, aber die Umweltleistung sei eine Katastrophe. Bundesrat und Parlament lehnen sie ab. Die Landwirtschaft ist fast geschlossen dagegen. Obwohl manche Anliegen berechtigt seien, sei die Initiative zu radikal formuliert. Die Übergangsfrist von acht Jahren reiche zur Umstellung, so die Befürworter.
Die Initiative «für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide» will Pestizide hierzulande verbieten. Betroffen wären alle, Hobbygärtner, Landwirtschaft, Lebensmittelindustrie. Auch importierte Lebensmittel müssten pestizidfrei hergestellt sein. Die Initianten sagen, Pestizide gefährdeten die Gesundheit, die der Landwirte und jene der Konsumenten. Der Bauern-verband bekämpft die Initiative, auch Bundesrat und Parlament lehnen sie ab.
Die Trinkwasser-Initiative will, dass nur noch die Bauern vom Staat unterstützt werden, die auf Pflanzenschutzmittel verzichten. Die Landwirtschaft koste die Steuerzahler Milliarden, aber die Umweltleistung sei eine Katastrophe. Bundesrat und Parlament lehnen sie ab. Die Landwirtschaft ist fast geschlossen dagegen. Obwohl manche Anliegen berechtigt seien, sei die Initiative zu radikal formuliert. Die Übergangsfrist von acht Jahren reiche zur Umstellung, so die Befürworter.
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