Auf einen Blick
- Masseur wegen mehrfacher sexueller Belästigung vor Gericht – verurteilt
- Zwei Frauen erhoben unabhängig voneinander ähnliche Vorwürfe
- Staatsanwaltschaft forderte neun Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung
- Verteidigung forderte Freispruch und stellt Glaubwürdigkeit der Patientinnen infrage
- Urteil fiel am Mittwoch
Sie hatten Schmerzen und brauchten Hilfe, doch stattdessen soll er sie ausgenutzt haben: Zwei Patientinnen – Isabella Q.* (28) und Theresa O.* (51) – suchten unabhängig voneinander im Sommer 2022 aufgrund ihrer Beschwerden eine Schmerzklinik in Basel auf. An unterschiedlichen Tagen therapierte Masseur Mario Z.* (heute 63) die beiden. Während der Behandlungen soll es zu massiven Grenzüberschreitungen gekommen sein – davon war die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt überzeugt. Ihre Vorwürfe stützte sie hierbei auf die Aussagen der beiden Patientinnen – weitere Beweise oder Zeugen gibt es nicht.
Der Masseur musste sich nun am Mittwoch vor dem Basler Strafgericht wegen mehrfacher Schändung, beziehungsweise mehrfacher sexueller Belästigung verantworten. Der Beschuldigte zeigte sich nicht geständig. Doch der Richter stützte weitestgehend die Anklage und die beiden Patientinnen. Er verurteile den Masseur noch am selben Tag wegen mehrfacher sexueller Belästigung und sprach eine Busse von 5000 Franken aus.
Er pflegt krebskranke Frau
Vor Gericht trug der Masseur eine schwarze Lederjacke, graue Hosen und Lederschuhe. Als er vor den Richter trat, wirkte er ruhig.
Zunächst befragte der Richter Mario Z. zu seiner privaten Situation: Aktuell pflegt Mario Z. seine Ehefrau, die gerade erst eine Chemotherapie durch hat. Ausserdem wohnte er lange in der Schweiz, sei jedoch aus finanziellen Gründen nach Frankreich gezogen. Aktuell lebt das Paar von der Auszahlung seiner Schweizer Pensionskasse.
Bisher kein Vorfall
Dann ging der Richter auf die Vorwürfe ein, die auch in der Anklageschrift festgehalten sind. Der Richter fragte Mario Z.: «Haben Sie eine Erklärung dafür, weshalb zwei Frauen unabhängig voneinander für den gleichen Zeitraum ähnliche Vorwürfe erheben?» Der Beschuldigte verneinte dies.
Während der Befragung durch den Richter stellte Mario Z. klar, dass er seit über 20 Jahren in verschiedenen Kliniken als Therapeut gearbeitet habe und noch nie etwas vorgefallen sei.
«Ich war wie eingefroren»
Auch die beiden Privatklägerinnen sagten als Auskunftspersonen aus. Währenddessen musste der Beschuldigte in einem Nebenzimmer Platz nehmen und sich die Aussagen anhören. Beide Frauen stellten auf Nachfrage des Richters klar, dass sie sich nicht persönlich kennen und sich zuvor auch nie getroffen hätten.
Ende Juli 2022 massierte Mario Z. zunächst Isabella Q. in einer Behandlung das Décolleté. Bei einem nächsten Termin Anfang August soll er ihr den BH weggerissen und ihre Brüste massiert haben. Vor Gericht wurde zudem bekannt, dass er ihr auch in Slip-Nähe hingefasst haben soll.
Isabella Q. gab vor Gericht an: «Als er mir an die Brust gefasst hat, war ich wie eingefroren.» Der Beschuldigte habe sichtlich erregt geatmet. Weiter erklärte sie, dass sie bereits nach der ersten Behandlung bei Mario Z. ein seltsames Gefühl hatte. Aber: «Ich ging dann wieder zu ihm. Ich dachte, er hat sicher nichts Böses vor. Und ich hatte auch wirklich Schmerzen.»
In Schambereich gefasst
Der Vorfall habe sie noch lange beschäftigt: «In den ersten paar Monaten hatte ich Angst. Nachts hatte ich Mühe mit dem Einschlafen, weil ich seine Atmung hören konnte und ich die Bilder vor mir sah.» Noch heute vertraue sie keinen Männern: «Vor allem Fachpersonen.»
Laut Anklage blieb es jedoch nicht nur bei Isabella Q. Auch Patientin Theresa O. soll der Therapeut Anfang August 2022 sexuell belästigt haben. Nach dem Eincremen durch den Masseur mit einer Salbe sei sie wie weggetreten gewesen, aber nicht eingeschlafen. Mario Z. habe ihr daraufhin an die Brust und in den Intimbereich gefasst. Theresa O. griff ein und stoppte ihn. Vor Gericht berichtete sie: «Er fragte mich: Sie mögen es nicht, angefasst zu werden? Ich sagte Nein und bin aufgestanden.»
Tätigkeitsverbot gefordert
Laut der Staatsanwaltschaft sollte der Beschuldigte wegen mehrfacher Schändung – beziehungsweise mehrfacher sexueller Belästigung – schuldig gesprochen werden. Sie forderte eine bedingte Freiheitsstrafe von neun Monaten mit einer Probezeit von zwei Jahren sowie eine Busse von 1000 Franken. Unter Umständen sei der Beschuldigte wegen mehrfacher sexueller Belästigung zu einer Busse von 6000 Franken zu verurteilen.
Weiter forderte die Anklage, ein fünfjähriges Tätigkeitsverbot zu verhängen. Vor Gericht wurde gar über ein lebenslängliches Verbot und einen Landesverweis diskutiert, sollte der schwerere Tatvorwurf – die mehrfache Schändung – erfüllt sein.
Mehrfache sexuelle Belästigung
Seine Verteidigerin hingegen stellte die Aussagen der beiden Frauen als komplett unglaubwürdig dar. Sie forderte vordergründig einen vollumfänglichen Freispruch für Mario Z. Die beiden Anwälte der Patientinnen forderten hingegen einen Schuldspruch und Genugtuungen in Höhe von 6500 Franken, respektive 7500 Franken, zuzüglich Zinsen.
Der Richter schenkte den beiden geschädigten Frauen Glauben. Und sah den Masseur der mehrfachen sexuellen Belästigung schuldig. Bei diesem Tatbestand entfallen der Landesverweis und das Tätigkeitsverbot. Es gibt jedoch eine Meldung an das Gesundheitsdepartement. Den beiden Patientinnen sprach er jeweils Genugtuungen in Höhe von 3000 Franken zu. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
* Namen geändert