Auf einen Blick
- Über 1400 SBB-Mitarbeitende wurden in den letzten zwei Jahren sexuell belästigt
- Es gibt Kritik an einer strengen Verschwiegenheitsklausel der SBB
- Künftig dürfen sich Betroffene mit engen Vertrauten über Vorfälle austauschen
«Das Sexismus-Problem der SBB», titelte Blick im September. Wie eine interne Umfrage zeigte, sind über 1400 SBB-Mitarbeitende in den letzten zwei Jahren sexuell belästigt worden. Die Gewerkschaft SEV vermutete, dass die tatsächlichen Zahlen viel höher sind.
Für Kritik sorgte auch eine strenge Verschwiegenheitsklausel: Wer bei den SBB einen Vorfall meldet, muss sich dazu verpflichten, mit niemandem darüber zu sprechen – ein Leben lang: «Die Geheimhaltungspflicht ist zeitlich nicht begrenzt und gilt für alle vertraulichen Informationen.»
Die Juristin Nicole Vögeli Galli (55) kritisierte die Klausel: Einer SBB-Angestellten dürfe nicht verboten werden, sich mit engen Kontakten oder im Rahmen einer Rechtsberatung über sexuelle Belästigung auszutauschen.
Auch Grünen-Politikerin Sibel Arslan (44) störte sich an der Verschwiegenheitsklausel. Vom Bundesrat wollte die Juristin wissen: «Wird der Bundesrat die rechtliche Gültigkeit dieser Klausel überprüfen?»
Der Bundesrat antwortete, er erwarte von den SBB in den strategischen Zielen, dass sie eine fortschrittliche und sozialverantwortliche Personalpolitik verfolge, liess jedoch offen, was er von der Klausel hält.
Kehrtwende bei den SBB
Dennoch haben die SBB inzwischen reagiert. «Betroffene dürfen sich in einer laufenden Abklärung mit engen Vertrauenspersonen austauschen. Zudem ist das Stillschweigen auf die Dauer der formellen Abklärung begrenzt», teilt die Bahn mit. Die SBB schreiben, die Vertraulichkeitserklärung bereits Mitte August 2024 geändert zu haben. Als Blick Anfang September danach gefragt hatte, war davon keine Rede.
Nationalrätin Arslan: «Ich erwarte von einem Staatsbetrieb, dass er ein vorbildlicher Arbeitgeber ist. Die SBB halten die Details der Umfrage nach wie vor unter Verschluss. Das weckt den Eindruck, dass der Konzern etwas verheimlichen würde – was nicht tolerierbar ist.»