«Es war fürchterlich, weil es nicht von mir kam»
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Am Arbeitsplatz belästigt:«Es war fürchterlich, weil es nicht von mir kam»

Martina Bolliger (37) wird von Kollege sexuell belästigt – und dann freigestellt
«Er schickte mir gruusige Nacktvideos und betatschte mich»

Ein Arbeitskollege bei der Sicherheitsfirma Vüch belästigte Martina Bolliger (37) sexuell. Auch ihre 14-jährige Tochter wurde von dem Mann bedrängt. Als Bolliger dies bei der Regionalleitung meldete, wurde sie freigestellt. Die Firma bestreitet einen Zusammenhang.
Publiziert: 17.09.2024 um 00:02 Uhr
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Aktualisiert: 17.09.2024 um 07:43 Uhr
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Martina Bolliger (37) wurde als Mitarbeiterin der Sicherheitsfirma Vüch von einem Arbeitskollegen sexuell belästigt.
Foto: Daniel Jung

Auf einen Blick

  • Martina Bolliger klagt über sexuelle Belästigung durch einen Kollegen
  • Auch ihre 14-jährige Tochter wurde vom Mann bedrängt
  • Firma Vüch AG suspendierte Bolliger nach ihrer Beschwerde
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Daniel JungRedaktor News

Martina Bolliger (37) arbeitet bei der Sicherheitsfirma Vüch AG, die in der ganzen Schweiz Gemeindepatrouillen, Veranstaltungsschutz oder Verkehrsdienste anbietet – oft sensible Mandate im Auftrag der öffentlichen Hand. Nachdem sich Bolliger über die unangenehmen Annäherungsversuche und sexuellen Belästigungen eines Arbeitskollegen beschwert hat, wurde sie vom Dienst suspendiert, und die Firma wollte sie loswerden.

Bolliger lebt in Reinach AG. 2009 hatte sie nach einer Beziehung mit dem Deutschrapper Bushido (45) beim Fernsehsender Sat.1 schwere Vorwürfe gegen diesen erhoben. Ihre Kinder sind heute im Alter von drei bis 14 Jahren. Mitte März gelang ihr der berufliche Wiedereinstieg – bei der Firma Vüch. Sie wurde primär für Aufgaben eingesetzt, welche die Firma für den Sozialdienst des Kantons Aargau ausführt. Dazu gehörten etwa Zugangskontrollen bei Asylzentren oder Personentransporte von Asylbewerbern. Regelmässig war Bolliger auch auf Patrouille, wobei verschiedene Einsatzorte angefahren und Mitarbeiter betreut und kontrolliert wurden. «Der Job hat mir gut gefallen, ich bin mit den Kollegen gut ausgekommen», sagt Bolliger.

Im Auto mit dem erfahrenen Kollegen

Ab dem Sommer war Bolliger immer häufiger gemeinsam mit dem erfahrenen Kollegen Lorenzo N.* (59) im Auto unterwegs. «Er hat bei der Regionalleitung darauf gedrängt, dass nur noch er mit mir auf Patrouille geht», sagt Bolliger. Am Anfang habe die Zusammenarbeit gut funktioniert. Manchmal brachte N. seine Kollegin nach Arbeitsende direkt nach Hause. Bei einer Einladung zum Nachtessen tauschte N. mit Bolligers ältester Tochter Nikita (14) die Handynummer aus. «Falls einmal etwas ist», sagte N. zur 14-Jährigen.

Ab Juli sei es zu sexuellen Übergriffen gekommen, wie Bolliger sagt: «Ich wurde im Patrouillenfahrzeug betatscht.» Bei Verabschiedungen habe der Mann versucht, sie zu küssen und ihr ans Gesäss gegriffen. Zudem habe N. auch die Tochter Nikita so umarmt, dass es sie ekelte. «So etwas will und brauche ich nicht», sagt die 14-Jährige. Auch sie habe er versucht, zu küssen. «Es wurde immer intensiver», sagt Martina Bolliger.

An Martina Bolliger habe er ungefragt anzügliche Videos geschickt. Eine Aufnahme, die Blick gesehen hat, zeigt, wie N. sich splitternackt auf einem Bett räkelt. Bolliger habe die Filmchen erhalten, obwohl sie die sexuellen Avancen abgelehnt hatte. «Es waren einige gruusige Videos dabei», sagt sie.

Intime Details in Sprachnachrichten an die Tochter

An die 14-jährige Tochter habe N. mehrmals unangemessene Sprachnachrichten geschickt, die Blick gehört hat. Darin erklärte der Mann seine Absichten. «Ich liebe dein Mami, ich möchte mehr mit ihr.» Er beklagte sich, dass sich die Mutter kalt und abweisend verhielte. «Ich habe einen schweren Kampf mit deiner Mutter», sagte er. Zudem berichtete er von einer langjährigen «Funkstille» in seiner Ehe. Gegenüber der 14-jährigen Tochter habe der 59-Jährige Druck ausgeübt, damit sie die Sprachnachrichten lösche. Er habe gedroht, die Mutter sonst in der Firma anzuschwärzen. «Mir sind beim Hören teilweise die Tränen runtergelaufen», sagt Nikita Bolliger. «Das ist für mich das Schlimmste», sagt ihre Mutter, «dass mein Kind da reingezogen wurde.»

Am 30. August kam es dann zu einer Aussprache am Regional-Sitz der Vüch in Zürich, wo Martina Bolliger ihre Vorwürfe vorbrachte. Zunächst stiess sie auf verständnisvolle Ohren. Doch zwei Tage später sei sie mitten im Einsatz vom Dienst suspendiert worden. Später habe man sie zur Kündigung aufgefordert, wofür ihr ein Monatslohn als Abfindung angeboten worden sei. Die Firma Vüch behauptete nun, der Aargauer Sozialdienst habe sich über Bolliger beschwert, weil sie alkoholisiert zur Arbeit erschienen sei. Bolliger bestreitet dies.

«Die Vüch nimmt Vorwürfe sehr ernst»

Rico Domenig, Geschäftsführer der Vüch AG, erklärt: «Die Suspendierung/Freistellung von Frau Bolliger steht in keinerlei Zusammenhang mit den von Frau Bolliger behaupteten Vorwürfen.» Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes könne er sich zum konkreten Fall und zu den verschiedenen Belegen nicht äussern. Er sagt jedoch: «Die Aussagen von Frau Bolliger entsprechen leider nicht den Tatsachen.»

Die Vüch AG sei sich ihrer Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit, ihren Kunden und auch ihren Mitarbeitern bewusst, betont Domenig. «Die Vüch AG schützt und achtet die Persönlichkeit ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und sorgt stets für die Wahrung der Sittlichkeit.» Widerhandlungen gegen diese Grundsätze, die auch in den internen Reglementen der Vüch AG festgehalten sind, würden nicht toleriert, insbesondere sexuelle Belästigungen. «Entsprechend nimmt die Vüch AG jegliche Kritik und jegliche Vorwürfe von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, Kunden und Dritten sehr ernst und geht diesen nach.»

Lorenzo N. wollte sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu den Vorwürfen äussern.

Am letzten Donnerstag hat Bolliger gegen N. eine Anzeige wegen sexueller Belästigung bei der Aargauer Kantonspolizei eingereicht. «Ich will kein Geld, ich will Gerechtigkeit», sagt sie.

* Name geändert

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