Serbischer Vogelzüchter aus Basel vergiftet Wanderfalken
Er macht Tauben zu Kamikaze-Killern

Seine Tauben sind wertvoll – für ihn. Ein Basler Taubenzüchter (50) wollte seine Tiere vor Greifvögeln schützen und griff dabei zu drastischen Mitteln. Er vergiftete sechs Falken und zwei Mäusebussarde. Überführt wurde er dank aufmerksamer Wanderfalken-Freunde.
Publiziert: 02.03.2022 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 02.03.2022 um 12:21 Uhr
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Tauben sind das Lieblingsmenü auf der Speisekarte von einheimischen Wanderfalken. Sie schlagen sie in der Luft.
Foto: Symbolfoto
Céline Trachsel

Blagomir W.* (50) kümmert sich gut um seine Tauben. Er fährt morgens und nachmittags mit einem Elektroroller auf ein Basler Schrebergarten-Areal zu seinen Tieren. In den Volieren hält er rund 200 Tauben, erzählt ein Züchter-Kollege. Wenn Blagomir W. seine Tiere besucht, lässt er sie fliegen. Er hat viele Serbische Hochflieger – sie können stundenlang in der Luft bleiben.

Vor allem Züchter aus Ex-Jugoslawien sollen mit dieser Rasse illegale Wettkämpfe austragen. Mehrere Tausend Franken setzen Wettfreudige auf die Tiere – es gewinnt, wer am längsten fliegt. Top-Tauben sollen bis zu 10'000 Franken wert sein. Sie sind quasi die Rennpferde der Lüfte.

Falken ziehen den Ärger der Taubenzüchter auf sich

«Blagomir hat auch schon an Wettkämpfen teilgenommen, aber er ist nicht besonders gut», sagt ein Züchter zu Blick. Dennoch sind dem Serben die Tauben viel wert – so viel, dass er für sie sogar kriminell wurde.

Denn der Taubenschlag von Blagomir W. steht in der Nähe der Kehrichtverbrennung in Basel – die Kamine sind von seinem Schrebergarten aus gut zu sehen. Und dort nisten gerne einheimische Wanderfalken. Aber: Falken fressen Tauben. Sie schlagen sie in der Luft und bringen sie auf ein Dach oder ins Nest, um sie zu rupfen.

Züchter von Serbischen Hochfliegern greifen zu Kamikaze-Tauben

Mit sogenannten Kamikaze-Tauben soll Blagomir W. in Basel sechs Falken und zwei Mäusebussarde vergiftet haben – so der schlimme Verdacht der Polizei. Bei einer Hausdurchsuchung in seinem Schrebergarten fand sie Mitte Februar das illegale Pflanzenschutzmittel Carbofuran. Dies bestätigte ein naher Verwandter von Blagomir W. Blick. Carbofuran wurde auch in sechs toten Greifvögeln in Basel gefunden.

Die Methode zum Vergiften der Greifvögel stammt – genauso wie das illegale Mittel – aus dem Balkan. Die Züchter wählen eine schwache Taube und streichen ihr das Gift auf den Nacken. Dann lassen sie die Taube extra dort fliegen, wo ein Falke regelmässig jagt. Wenn der Greifvogel die Taube rupft, stirbt er innert weniger Minuten am Nervengift, das auch für Menschen tödlich ist. Das Ziel der Züchter: die systematische Ausrottung der Raubvögel!

Vogelfreunde deckten die Fälle in Basel auf

Den Tätern etwas nachzuweisen, ist schwer, weil die vergifteten Greifvögel nur selten gefunden werden. Meist verenden sie irgendwo in der Höhe, wo sie die Taube rupfen wollten. Dass Blagomir W. in Basel geschnappt werden konnte, ist dem Engagement der lokalen Wanderfalken-Freunde zu verdanken. Die lokale Wanderfalken-Gruppe beobachtet die Nistplätze in Basel und meldet die Beobachtungen an Birdlife.

Auf dem Fernwärme-Kamin an der Solothurnstrasse in Basel nisteten im Sommer 2020 zwei Falken. Sie hatten zwei Jungtiere. «Plötzlich merkten wir, dass die Eltern nicht mehr zum Nistkasten flogen», sagt Peter Richterich (75) zu Blick. Birdlife schickte einen Industriekletterer, um nachzusehen: Er fand ein vergiftetes Elternteil und zwei tote Junge. Zudem lag ein weiteres Giftopfer ganz in der Nähe.

Schweizer Züchter distanzieren sich in aller Form

Der Wanderfalke ist in der Schweiz mit bloss 300 bis 400 Paaren sehr selten. «Vermutlich aufgrund der Vergiftungen blieben in den letzten Jahren in mehreren Städten traditionelle Brutplätze verwaist», schreibt Birdlife in einer Medienmitteilung.

Der Verein Schweizerischer Flugtaubensportler (VSF) distanziert sich in aller Form von Personen, die sich in irgendeiner Form am Töten von Greifvögeln beteiligen, schreibt Präsident Franco Visonà in einer Stellungnahme gegenüber Blick. «Und wir werden solche Leute in unserem Verein auch nicht tolerieren.» Die grosse Mehrheit der Flugtaubenzüchter in der Schweiz ist seines Wissens jedoch nicht in Vereinen organisiert.

«Greifvögel gehören zur Natur, und es gehört auch dazu, dass diese ab und zu unsere Flugtauben schlagen», so Visonà. «Diese Verluste sind zwar schmerzlich, gehören aber leider zu unserem Hobby. Wir leben seit Jahrzehnten mit dem Thema Verluste durch Greifvögel und kommen damit gut zurecht.» (ct)

Der Wanderfalke ist in der Schweiz mit bloss 300 bis 400 Paaren sehr selten. «Vermutlich aufgrund der Vergiftungen blieben in den letzten Jahren in mehreren Städten traditionelle Brutplätze verwaist», schreibt Birdlife in einer Medienmitteilung.

Der Verein Schweizerischer Flugtaubensportler (VSF) distanziert sich in aller Form von Personen, die sich in irgendeiner Form am Töten von Greifvögeln beteiligen, schreibt Präsident Franco Visonà in einer Stellungnahme gegenüber Blick. «Und wir werden solche Leute in unserem Verein auch nicht tolerieren.» Die grosse Mehrheit der Flugtaubenzüchter in der Schweiz ist seines Wissens jedoch nicht in Vereinen organisiert.

«Greifvögel gehören zur Natur, und es gehört auch dazu, dass diese ab und zu unsere Flugtauben schlagen», so Visonà. «Diese Verluste sind zwar schmerzlich, gehören aber leider zu unserem Hobby. Wir leben seit Jahrzehnten mit dem Thema Verluste durch Greifvögel und kommen damit gut zurecht.» (ct)

Die Vogelfreunde waren alarmiert! Sie suchten mit Drohnen die Dächer nach weiteren toten Tieren ab. Mit Erfolg: Bei der Kehrichtverbrennung fand ein Mitarbeiter letzten November noch zwei tote Falken.

Wegen Vergiftungen hat es keine Falken mehr in Basel

Wegen der örtlichen Nähe der Kehrichtverbrennung zu seinem Taubenschlag kamen die Ermittler Blagomir W. auf die Spur. Die Polizei hat ihn angezeigt. Denn seine Taten sind Offizialdelikte. Er verstiess gegen das Tierschutz-, Jagd-, Umweltschutz- und Chemikaliengesetz.

Auch wenn der mutmassliche Täter nun identifiziert ist: Die Verluste treffen die Wanderfalken-Freunde trotzdem ins Herz. «Das tut sehr weh», sagt Richterich. «Wir haben deswegen keine Falken mehr in Basel.» Doch nun beginne wieder die Paarungssaison, sagt Richterich. «Wir hoffen sehr, dass sich ein Paar findet und wieder bei uns nistet.»

*Name geändert


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