In der Ukraine tobt der Krieg. Derweil feiern die Russen in Riehen BS das Ende des Zweiten Weltkriegs. Der 9. Mai gilt in Russland als Feiertag, als «Tag des Sieges», an dem im Jahr 1945 Nazi-Deutschland besiegt wurde.
Auch auf dem Friedhof Hörnli in Riehen bei Basel wurde eine Siegesfeier abgehalten. Dort sind auch Sowjetsoldaten begraben. Darunter vier Kriegsgefangene der Nazis, die auf der Flucht in die Schweiz erschossen wurden.
Die Russen setzen an diesem Montag bei der Gedenkfeier auf Geheimhaltung. Der Haupteingang ist am Morgen gesperrt. Polizisten bewachen ihn.
Plötzlich flitzen etliche Autos mit Diplomaten-Kontrollschildern in Richtung Hörnli-Hintereingang. Die offizielle Delegation mit elegant gekleideten Leuten aus diversen Staaten der ehemaligen Sowjetunion versammelt sich vor dem Hintereingangs-Tor. Einige haben einen Blumenkranz dabei. Ein Mann trägt die Uniform eines womöglich hohen Offiziers.
Journalisten nicht erwünscht
Wenig überraschend wird dieser Russen-Aufmarsch von einem grossen Polizeiaufgebot begleitet. Auf dem Friedhofsgelände markieren Basler Beamte Präsenz. Weitere Polizisten hindern draussen Journalisten am Zugang. Medienschaffende sind während des offiziellen Teils nicht erwünscht. Ebenso muss ein Bürger, der das Grab einer Angehörigen besuchen will, draussen warten.
Nach der Zeremonie verlässt die offizielle Delegation stolzen Schrittes den Friedhof. Ab dann ist der Anlass öffentlich. Eine grosse Menschenmenge versammelt sich um das Russen-Denkmal im hinteren Teil des Hörnli-Friedhofs. Darunter eine Gruppe von Bikern, Frauen mit Militärmützen, Leute mit Sowjet-Flagge. Auch Kinder sind da. Dazu etliche Journalisten. Es sind wohl über 100 Menschen zugegen. Die Russen singen, beten, halten Ansprachen, legen Blumen nieder, schiessen Handyfotos und filmen.
Disput droht zu eskalieren
Es ist ein Vormittag mit viel Andacht, aber auch einer gehörigen Portion Selbstbeweihräucherung. Wirklich aus dem Rahmen fallen nur zwei Schweizerinnen: Sie sind in Ukraine-Farben gekleidet und erscheinen zum stillen Protest. Die Frauen sprechen auch mit Blick. Kurz darauf will auch eine Frau mit Sowjet-Mütze etwas in die Kamera sagen. Die Protestierenden sind nicht ihrer Meinung. Es kommt zum verbalen Disput zwischen der Sowjet-Anhängerin und einer der Pro-Ukrainerinnen. Die Situation droht zuerst zu eskalieren, kann aber bald darauf durch Drittpersonen beruhigt werden. Die Ukraine-Freundinnen ziehen von dannen.