Im Untersuchungsgefängnis Waaghof in Basel-Stadt haben nicht nur die Insassen Dreck am Stecken — auch die Wärter agieren gern im Graubereich, wie die «Basler Zeitung» berichtet.
Aufgedeckt wurden die Missstände im November 2022. Die beiden Wärter wurden verhaftet. Jetzt liegt die Anklageschrift vor und sie zeigt: Es ist alles noch viel schlimmer. Konkret geht es um einen Wärter und eine Wärterin der Untersuchungsanstalt, die beide für die private Sicherheitsfirma Securitas gearbeitet haben und privat ein Paar waren.
Offenbar guter Freund von Hells-Angels-Rocker
Der Wärter soll Insassen gegen Bezahlung Handys in die Untersuchungshaft geschmuggelt, Beweise vernichtet, Drogen konsumiert und seine Partnerin, Mitarbeiterin und zweite Angeklagte zu sexuellen Diensten vermittelt haben. Vor allem einen Insassen soll er bevorzugt haben: ein führendes Mitglied der Schweizer Hells Angels. Dieser war 2021 wegen Geldwäsche in Millionenhöhe sowie Kindesmissbrauchs angeklagt worden.
Laut Anklageschrift soll der Wärter ein «enges, freundschaftliches Verhältnis» mit dem Hells-Angels-Rocker gehabt haben, das «in keiner Weise mit seiner Funktion als Mitglied einer Behörde und Aufseher im Beamtenstatus vereinbar war», zitiert die «Basler Zeitung» aus dem Text. Und weiter heisst es da über den Sicherheitsbeamten: «Er verletzte dabei elementare Pflichten, nahm Gelder von inhaftierten Personen entgegen und sabotierte willentlich und wissentlich laufende Strafuntersuchungen.»
Er bot Freundin zum Sex an
Ende August 2022 soll er zahlreichen Inhaftierten gegen Bezahlung von 5000 Franken Mobiltelefone in den Waaghof geschmuggelt haben. Das Geld erhielt er ausserhalb der Anstalt von Drittpersonen. Doch damit nicht genug. Weitere Videoaufnahmen sollen zeigen, wie der Wärter nach der Befragung eines Insassen, dessen Notizen aus der Anstalt hinausbrachte.
Damit nicht genug: Seine Partnerin und die zweite Angeklagte soll gegen Bezahlung mehrmals Sex mit dem Hells-Angels-Rocker gehabt haben und auch trotz ihres Wissens um die Mobiltelefone, diese nicht vorschriftsgemäss gemeldet haben.
Verstörende Aufnahme auf dem Handy
Durch die Auswertung seines Handys sollen weitere Delikte zu Tag gekommen sein. Neben Videos, die angeblich die brutale Behandlung von Inhaftierten zeigen, sollen auch problematische Chat-Nachrichten aufgetaucht sein.
Vom Sommer 2021 bis zu seiner Verhaftung im Herbst 2022 soll er Mitglied eines Chats von Waaghof-Mitarbeitern gewesen sein, die laut Anklageschrift «verschiedenste Bilder und Videos mit rassistischen, menschenverachtenden, diskriminierenden, rechtsextremen, gewaltsamen und sexuellen Inhalten» geteilt haben. Ihm wird auch das Weitergeben von Informationen über Insassen an unbefugte Dritte vorgeworfen.
Amtsmissbrauch und Urkundenfälschung
Durch die Auswertung seines Handys ist ebenfalls sein Kokain-Konsum, die Urkundenfälschung von Corona-Zertifikaten sowie der Erwerb eines gefälschten Arbeitsunfähigkeitszeugnisses ersichtlich. Zusammengefasst umfassen seine Anklagepunkte: mehrfaches Sich-Bestechen-Lassen, Amtsmissbrauch, mehrfache Begünstigung, mehrfache Urkundenfälschung, mehrfache Gewaltdarstellung sowie mehrfache Pornografie.
Seiner Freundin werden mehrfaches Sich-Bestechen-Lassen und Begünstigung vorgeworfen. Der Prozess ist für Mitte Mai angesetzt. (mgf)