Anlageberater Renzo K. (52) prellte Freunde und Verwandte um 8 Millionen Franken
Der Mini-Madoff aus der Zentralschweiz

Der Anlageberater Renzo K. (52) erschwatzte sich von Freunden und Verwandten über acht Millionen Franken. Statt das Geld anzulegen, finanzierte er damit sein Luxusleben. Dafür muss er nun vor dem Kriminalgericht Luzern geradestehen.
Publiziert: 22.10.2021 um 10:54 Uhr
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Aktualisiert: 22.10.2021 um 10:59 Uhr
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Renzo K. (52), wie er sich während seiner kriminellen Zeit auf der Firmenhomepage präsentierte. Auf sein nettes Lächeln sind Dutzende Anleger hereingefallen.
Foto: zvg
Beat Michel

Der Schweizer baute sich ein Betrugsvehikel analog dem Abzocker Bernie Madoff auf. Er bot seinen Kunden an, ihr Geld anzulegen. Hauptsächlich mit Devisengeschäften versprach er monatliche Renditen von 2,5 bis 4,5 Prozent. Er baute über Jahre Vertrauensverhältnisse auf – bis die Kunden ihm alles glaubten. Dass das Geld nicht wie versprochen angelegt wurde, war selbst für Bankfachleute nicht einfach so ersichtlich.

Renzo K.* (52) fälschte Bankauszüge, schickte monatlich erfundene Kontostände, traf seine Opfer regelmässig und log ihnen ins Gesicht. Nach dem sogenannten Ponzi-System nahm er mindestens 28 Kunden aus wie eine Weihnachtsgans. Schaden: laut Staatsanwaltschaft über sechs Millionen Franken. Sie fordert sieben Jahre Gefängnis unbedingt und ein vierjähriges Berufsverbot. Dazu müsse sein Vermögen von 444'840 Franken eingezogen werden.

«Es ist schlimm, was ich getan habe»

Vor Gericht tritt Renzo G. ruhig und selbstbewusst auf. Mittellange dunkelblonde Haare, hellblaues Hemd, Mittelscheitel. Er betont, dass er seine Verbrechen zugibt und sich selber angezeigt hat. Er sieht ein: «Es ist schlimm, was ich getan habe. Ich habe das Vertrauen von vielen Menschen missbraucht.» Dann fügt er aber schnell an: «Falsche Anschuldigungen lasse ich trotzdem nicht einfach so stehen.»

Die Verhandlung besuchen ein halbes Dutzend Geschädigte des Angeklagten. Sie begrüssen sich herzlich, man kennt sich. Es ist ein gemischtes Grüppchen, zum Teil extra aus Deutschland angereist. Eines der Opfer sagt vor Gericht aus. Der Informatiker ist sichtlich wütend: «Er hat mich sogar dazu gebracht, meine Hypothek zu erhöhen, um mehr Geld einzuschiessen. Er nahm auch meine Vorsorge. Wer so etwas macht, gehört für mich zu der schlimmsten Art von Mensch.»

Ein weiterer Privatkläger meldet sich, um dem Angeklagten eine Frage zu stellen. Der Physiotherapeut will wissen, wie Renzo K. es moralisch ertragen konnte, ihn zu beklauen. Er habe ihm wenige Wochen vor der Selbstanzeige Geld anvertraut. Der Beschuldigte habe gewusst, dass er eine Familie gründen wollte und für eine Wohnung sparte. Seine Frau war schwanger. Von seinem Ersparten blieb schliesslich kein Rappen übrig. Renzo K. hat keine befriedigende Antwort auf die Frage.

Der Angeklagte streitet eine böse Absicht ab

Vor Gericht gibt er zu, dass er mit dem angelegten Geld laufend eigene Rechnungen bezahlt hat. Eine böse Absicht streitet er ab: «Ich habe ja zuerst meine Pension und das Geld meiner Familie in mein System investiert. Ich glaubte am Anfang wirklich daran.»

Mittlerweile arbeite er wieder und verdiene über 8000 Franken pro Monat netto, sagt er vor Gericht. Er arbeitet bei einer Schweizer Beratungsfirma, die Handelsgeschäfte vermittelt. Von seinem Lohn bezahlt er 2000 Franken Miete, 2000 Franken an eine Bank zur Abzahlung von Hypothekarschulden, 600 Franken Krankenkasse und 900 Franken für das Leasing seines Mini. Sein neuer Arbeitgeber weiss vom Prozess nichts.

Am Schluss der Befragung weint der Angeklagte und badet sich in Selbstmitleid. «Ich lebe nur für meine Frau und meine neue schöne Arbeit, nur sie geben meinem Leben einen Sinn. Ich habe mich selber angezeigt, weil ich immer kranker wurde. Die ganzen Lügen kosteten viel Kraft. Irgendeinmal konnte ich nicht mehr. Seit ich weiss, dass ich ins Gefängnis soll, geht es mir schlecht. Das wäre das Ende meines Lebens.» Reue zeigt er keine, auch eine Entschuldigung für die Opfer gibt es nicht.

Verteidiger wirft Opfern Gier vor

Die Tränen nützen nichts, der Staatsanwalt bleibt bei seinen harten Aussagen. Er sagt: «Sie haben sich nur darum angezeigt, weil der Verein zur Qualitätssicherung von Finanzdienstleistungen sie dazu aufgefordert hatte, nicht aus schlechtem Gewissen.»

Er wirft dem Angeklagten vor, aus reiner Bereicherungsabsicht gehandelt zu haben. Er plädiert auf gewerbsmässigen Betrug und mehrfache Urkundenfälschung. Renzo K. habe mit erheblichem Aufwand und grosser krimineller Energie im Zeitraum von 2005 bis 2015 viele Kunden getäuscht. Er hatte vorgegaukelt, ein erfolgreicher Geschäftsmann zu sein. Der Schaden für die Opfer war ihm egal. Er leistete sich auf ihre Kosten teure Leasingautos, darunter einen Porsche 911 Turbo, Ferien auf den Malediven, teure Hotels und Restaurants.

Die Verteidigung pocht darauf, dass die Opfer den Betrug teilweise hätten erkennen sollen und sie somit eine Opfermitverantwortung trifft. Der Anwalt versucht so, die Arglist seines Mandanten vor dem Richter etwas zu mildern. Er wirft den Opfern sogar Gier vor.

Er fordert für seinen Mandanten eine deutlich geringere Bestrafung als die Staatsanwaltschaft. Schliesslich hätten kriminelle Schwergewichte wie Werner K. Rey und Dieter Behring mit vier und fünfeinhalb Jahren für gewerbsmässigen Betrug deutlich mildere Strafen erhalten. Er sieht eine bedingte Haft von zwei Jahren mit einer Probezeit von fünf Jahren als angemessen.

* Name geändert


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