Die wahre Liebe finden – davon träumen viele. Dating-Apps wie Bumble, Tinder oder Hinge gehören bei vielen Singles zum täglichen Programm. Doch oft endet das Dating im Herzschmerz. Die US-Amerikaner Jeff und Shaleia Ayan wollten das ändern. Sie gründeten dazu die «Twin Flames Universe»-Akademie (TFU).
Für mehrere Tausend US-Dollar erhalten Mitglieder Kurse über die vermeintlich wahre Liebe. Auf der Website heisst es, die Ausbildung werde zu «einem Lebensstil der ewigen bedingungslosen Liebe, Heilung und Transformation» führen. Weitergehend lernten Mitglieder, «von einem Ort der Authentizität aus zu lieben und geliebt zu werden».
Bei einer «Twin Flame»-Beziehung handelt es sich laut den Gründern um «einen spirituellen Zustand» bei dem beide Partner «erwacht sind» und sich «geeinigt haben, sich ausschliesslich einander zu verpflichten».
Netflix-Doku lüftet sektenähnliche Strukturen
Wie gross die Rolle der Spiritualität ist, zeigt die ebenso von Jeff und Shaleia gegründete «Church of Union». Dort werden beide als Gurus vorgestellt, die «von Gott vom Himmel gesandt wurden», um den Mitgliedern «die Lehren der Einheit» beizubringen und an der «Schaffung des Himmels auf Erden» zu arbeiten.
In der Netflix-Dokumentation «Escaping Twin Flames» wird die Bewegung kritisch beleuchtet. Die Rede ist gar von sektenartigen Strukturen. Ehemalige Mitglieder erzählen, dass sie dazu gedrängt wurden, ihr Geschlecht zu ändern, um sich selbst zu finden. Ebenso wird berichtet, dass Jeff und Shaleia Ayan ehemaligen Mitgliedern versuchten einzureden, sich von ihrer Familie abzuwenden, da diese sie zurückhalte und ihr «wahres Ich» nicht sehen könne.
Wer Kinder bekommen darf, entscheiden Gurus
Ex-Mitglied Keely Griffin erzählt, dass die Gurus sogar planten, eine Art Kommune zu gründen: «Jeff war bereit, eine riesige Veranstaltungshalle für 300 Personen zu kaufen. Und wir sollten auf diesem Grundstück in einem Wohnwagen wohnen, während wir es renovierten und eine Farm gründeten.» Anschliessend sollen die Mitglieder dort mit ihren Gurus leben und Kinder kriegen. Wer es verdient habe, Kinder zu zeugen, würde von Shaleia und Jeff Ayan entschieden. Die Entscheidung sei insbesondere vom Einkommen abhängig.
Das Geschäftsmodell der vermeintlichen Liebesbewegung ist fraglich. Mitglieder zahlen mehrere Tausend Doller für Kurse. Wer es schafft, zum «Aufstiegstrainer» ernannt zu werden, bringt die Lehre der Liebe anderen bei. Vom Geld, was die Aufstiegstrainer kassieren, geben sie laut Ex-Mitgliedern die Hälfte an Jeff Ayan und Shaleia Ayan ab.
Bewegung auch in der Schweiz
In der Serie wird erwähnt, dass Stefanie Z.*, ein Mitglied von TFU, in die Schweiz reist. Wie Recherchen zeigen, lebt sie inzwischen hier – zusammen mit ihrem Mann Kiran Z.* Die beiden heirateten 2020 in der Church of Union. «Seitdem arbeiten sie gemeinsam daran, ihren Himmel auf Erden in der Schweiz zu verwirklichen», heisst es auf der TFU-Website.
Dazu startete das Paar ein Coaching-Business unter dem Namen «Make your Rainbow». Auf der Website werden beide als «zertifizierte Aufstiegstrainer» vorgestellt. Das Paar verspricht: «Wir helfen Ihnen, Ihre emotionale Autonomie zu entwickeln, damit Sie ein friedlicheres und ausgeglicheneres Leben führen können. Wir werden an Ihrer Seite sein, während Sie Ihr perfektes Leben manifestieren.» Interessierte sollen sich zu einem Probekurs anmelden. Wer einen Gratis-Kurs mit TFU bucht, erhält 50 Prozent Rabatt auf die erste Sitzung mit Stefanie.
Infosekta warnt vor Ausnutzung
Auf Anfrage von Blick erklärt die Fachstelle für Sektenfragen Infosekta, dass bislang noch keine Meldungen zu Twin Flames eingingen. Dennoch warnt die Fachstelle: «Die zentrale Position von Jeff Ayan und Shaleia Ayan, die sich als Gurus für die Verbreitung der ‹Religion der Liebe› verstehen, ist problematisch.» Die «Mischung aus religiösen und esoterischen Elementen» lasse sich zwar gut vermarkten. Wegen der «Autoritätsgläubigkeit» der Anhänger bestehe aber «das Risiko, dass Bedürfnisse von vulnerablen Personen ausgenutzt werden.»
Blick hat Stefanie Z. und Kiran Z. für eine Stellungnahme kontaktiert. Eine Antwort steht bislang aus. Auch TFU wurde von Blick kontaktiert – und wehrt sich gegen die Vorwürfe der Serie, indem sie auf ein Medien-Statement verweist. Darin heisst es: «Die gegen TFU erhobenen Vorwürfe verzerren nicht nur unsere wahren Ziele, Methoden und Lehrpläne, sondern stellen auch die Autonomie unserer Community-Mitglieder falsch dar, denen es freisteht, mit unseren Ressourcen nach eigenem Ermessen umzugehen.»
* Namen bekannt
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