50 Jahre Frauenstimmrecht
Der lange Kampf, bis die Stimme der Schweizerin zählte

Am 7. Februar 1971 gelingt den Schweizerinnen endlich das, wofür sie rund 100 Jahre lang gekämpft haben: Das Stimm- und Wahlrecht für Frauen. Der lange Weg zum Frauenstimmrecht in der Schweiz ist geprägt von Fortschritten und Rückschlägen.
Publiziert: 01.02.2021 um 08:13 Uhr
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Aktualisiert: 04.02.2021 um 06:47 Uhr
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Die Schweizerinnen kämpften rund 100 Jahre lang für ihr Stimm- und Wahlrecht. Erst 1971 wurden ihre Forderungen Wirklichkeit.
Foto: Keystone

Der Weg zum Stimm- und Wahlrecht für Schweizerinnen war ein steiniger. Er dauerte rund 100 Jahre an und es waren etliche Vorstösse, Abstimmungen und Gerichtsurteile nötig, um 1971 endlich ans Ziel zu gelangen. Bis dahin durften Frauen in der Schweiz weder wählen, abstimmen oder Initiativen und Referenden unterschreiben, noch gewählt werden.

Der Weg zur ersten eidgenössischen Volksabstimmung

  • 1868 verlangen zunächst die Zürcherinnen das aktive und passive Wahlrecht. Anlass ist eine kantonale Verfassungsrevision. Ihre Mühen werden nicht belohnt.
  • 1893 fordert der Schweizerische Arbeiterinnenverband das Frauenstimm- und Wahlrecht.
  • Um die Jahrhundertwende finden sich Frauen in diversen lokalen Stimmrechtsvereinen zusammen.
  • 1900 wird der Bund Schweizerischer Frauenvereine (BSF) gegründet.
  • 1909 wird der SVF ins Leben gerufen, der Schweizerische Verband für Frauenstimmrecht.
  • 1918 findet ein dreitägiger Landesstreik der Arbeiterschaft statt. Unter anderem wird für das Frauenstimm- und Wahlrecht gekämpft.
  • 1929 gelingt es dem SVF, gemeinsam mit der SP, Frauenverbänden und Gewerkschaften, bei einer Petition für das Frauenstimmrecht fast 250’000 Unterschriften für sein Anliegen zu sammeln.
  • Etliche Versuche zur Einführung des Frauenstimm- und Wahlrechts auf kantonaler- und Gemeindeebene scheiterten bisher.
  • 1957 möchte der Bundesrat ein Zivilschutzobligatorium für Frauen einführen, worüber die Männer abstimmen sollen. Das sorgt bei den Frauenverbänden für einen Aufschrei.
  • Der Gemeinderat von Unterbäch (VS) reagiert auf einzigartige Weise: Die Einwohnerinnen von Unterbäch dürfen erstmals an einer eidgenössischen Abstimmung teilnehmen. Die Stimmen der Frauen werden zwar nicht ausgezählt, dennoch ist dieser Moment ein Meilenstein in der Entwicklung des Frauenstimmrechts.
  • Der Bundesrat verfasst im Zuge der Proteste 1957 einen Abstimmungsentwurf zur Einführung des Stimm- und Wahlrechts für Frauen, der 1958 von Ständerat und Nationalrat angenommen wird.
  • Am 1. Februar 1959 findet die erste eidgenössische Volksabstimmung über das Stimm- und Wahlrecht für Frauen statt. Die Vorlage wird mit 66.9% Nein zu 33.1% Ja abgelehnt. Auf den Rückschlag folgen Proteste.
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Vogelscheuche: Mit diesem Plakat wurde 1920 gegen das kantonale Frauenstimmrecht in Basel-Stadt gekämpft.

Die neue Frauenbewegung und ein zweiter Anlauf

  • 1968 entsteht die neue Frauenbewegung. Junge Feministinnen fordern eine radikalere Gleichstellung der Frau als traditionelle Verbände. Sie wollen sich nicht allein mit politischen Rechten zufrieden geben, sondern ein neues Geschlechterverhältnis aufbauen.
  • Zur selben Zeit möchte die Schweiz der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) beitreten. Die Schweiz könnte aber nur unter Vorbehalten unterzeichnen, weil sie den Frauen ihre politischen Rechte verwehrt und damit gegen die EMRK verstösst.
  • Am 1. März 1969 marschieren rund 5000 Menschen nach Bern zum Bundesplatz und fordern das Stimm- und Wahlrecht für Frauen.
  • Am 7. Februar 1971 findet die zweite eidgenössische Abstimmung über das Stimm- und Wahlrecht für Frauen statt. Sie wird mit einem Anteil von 65.7% Ja zu 34.3% Nein angenommen.
  • Ende Oktober 1971 findet die erste Wahl statt, an welcher sich Frauen offiziell beteiligen dürfen. Zehn Frauen werden in den Nationalrat gewählt und eine in den Ständerat.
  • Es soll aber noch bis 1990 andauern, bis Frauen in sämtlichen Kantonen das Recht auf politische Mitbestimmung erhalten. Zuletzt wird das Frauenstimmrecht 1990 im Kanton Appenzell Innerrhoden eingeführt.

Die Schweiz im europäischen Vergleich

In einigen nordeuropäischen Ländern erhielten Frauen bereits Anfang des 20. Jahrhunderts das Wahlrecht. In Deutschland und Österreich wurde das Wahlrecht für Frauen 1918 eingeführt und in Grossbritannien 1928. Die Schweiz ist im europäischen Vergleich beinahe das Schlusslicht. Wie kommts?

Ein möglicher Grund könnte die direkte Demokratie sein, kombiniert mit einer ablehnenden Haltung der Männer gegenüber dem Frauenstimmrecht. Weiterhin zögerte der Bundesrat die Diskussion über politische Gleichstellung lange hinaus, setzte das Thema etliche Jahre lang tief auf die politische Agenda und kam so den Forderungen der Frauenverbände nicht nach.

50 Jahre Frauenstimmrecht – die Serie

Am 7. Februar 1971 sagte das Stimmvolk in der Schweiz – dazumals ausschliesslich Männer – in einer eidgenössischen Abstimmung Ja zum nationalen Stimm- und Wahlrecht für Frauen. Die Schweiz war damit eines der letzten europäischen Länder, das dieses Bürgerrecht auch der weiblichen Bevölkerung zugestanden hat. In einer Serie geht die Blick-Gruppe diesem für unsere Demokratie historischen Ereignis auf den Grund. Wo stehen wir heute, 50 Jahre später, in Sachen Bürgerrechte, Emanzipation und Gleichstellung?

Am 7. Februar 1971 sagte das Stimmvolk in der Schweiz – dazumals ausschliesslich Männer – in einer eidgenössischen Abstimmung Ja zum nationalen Stimm- und Wahlrecht für Frauen. Die Schweiz war damit eines der letzten europäischen Länder, das dieses Bürgerrecht auch der weiblichen Bevölkerung zugestanden hat. In einer Serie geht die Blick-Gruppe diesem für unsere Demokratie historischen Ereignis auf den Grund. Wo stehen wir heute, 50 Jahre später, in Sachen Bürgerrechte, Emanzipation und Gleichstellung?

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