Zwei-Prozent-Kürzung für National- und Ständerat kein Thema
Parlament erhöht die Ausgaben, statt zu sparen

Die Bundesverwaltung muss sparen: Zwei Prozent weniger Ausgaben gibt der Bundesrat als Sparziel vor. Den Gürtel selber nicht enger schnallen will das Parlament. Zum Ärger von SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi.
Publiziert: 31.08.2023 um 19:56 Uhr
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Aktualisiert: 31.08.2023 um 20:43 Uhr
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Finanzministerin Karin Keller-Sutter drängt auf Einsparungen.
Foto: keystone-sda.ch
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Ruedi StuderBundeshaus-Redaktor

Der Bund muss sparen, sonst drohen in den nächsten Jahren happige Defizite. Schon für 2024 sind die Zahlen wegen hoher ausserordentlicher Ausgaben tiefrot. Kein Wunder also drängt FDP-Finanzministerin Karin Keller-Sutter (59) auf Sparmassnahmen in allen Bereichen. Bei den schwach gebundenen Ausgaben – jene Ausgaben, zu denen der Bund nicht zwingend verpflichtet ist – gab die Landesregierung zudem eine lineare Kürzung von zwei Prozent vor.

Bloss, der Bundesrat hat nicht bei allen Bundesstellen ein Durchgriffsrecht – und so mögen nicht alle den Gürtel enger schnallen. Ein schriftlicher Rüffel an die Sparmuffel bei den Gerichten und Behörden verhallte mancherorts ungehört.

Dörfs es bitzeli meh si?

Zu den Sparmuffeln gehört auch das Parlament, wie sich nun zeigt. Für die Bundesversammlung samt Parlamentsdiensten sind für nächstes Jahr 122,5 Millionen Franken budgetiert – das sind sogar 5,4 Millionen mehr als für dieses Jahr. Das heisst: Die Bundesversammlung lässt den Bundesrat bei seinen Sparbemühungen hängen. Anstelle einer Zwei-Prozent-Kürzung präsentiert sie fast eine Fünf-Prozent-Steigerung. 

Zusätzliche Kosten verursacht dabei beispielsweise die parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) in Sachen CS-Affäre, die zusätzliches Personal nötig macht. Angesichts der Vorstossflut der Nationalrätinnen und Ständeräte braucht es auch für die Übersetzungsdienste mehr Geld. Insgesamt steigt der Stellenetat von 238 auf 253 Vollzeitstellen. Müsste die Sparvorgabe eingehalten werden, hätten wohl Stellen abgebaut werden müssen – denn bei den Parlamentsdiensten machen die Personalkosten den Löwenanteil aus. Noch vor den Sommerferien hat sich die Verwaltungsdelegation des Parlaments daher gegen einen Spareffort entschieden. 

SVP-Aeschi ärgert sich

Das zum Ärger von SVP-Fraktionspräsident Thomas Aeschi (44). Nach dem Blick-Bericht über die Sparmuffel wurde er bei den Parlamentsdiensten vorstellig. Er wollte wissen, wie der bundesrätliche Sparappell umgesetzt wird. Mit einer ernüchternden Antwort: Per 2024 gar nicht.

«Der Bund muss sparen und das Parlament zieht nicht mit? Das kommt für uns nicht infrage», betont Aeschi. «Wir müssen mit gutem Beispiel vorangehen und auch bei uns ansetzen. Zwei Prozent weniger sind ja nicht gerade überrissen.»

So hat der Zuger Nationalrat durchaus Ideen, wo es innerhalb der Bundesversammlung noch Luft hat. «Grosses Einsparpotenzial gibt es sicherlich bei den Entschädigungen der Parlamentarier selbst», meint er. «Leider lehnte die Mehrheit der Parlamentarier bisher solche Kürzungsvorstösse ab.»

IT, Büros, Fraktionen

Auch im IT-Bereich ortet er Sparmöglichkeiten. «Die Erfahrungen zeigen, dass da immer wieder unnötig Geld verpulvert wird.» Er verweist auf die jüngst eingeführte neue Parlamentsplattform, welche bei vielen Politikern für Kopfschütteln sorge. «Vieles funktioniert schlechter als vorher und muss nun für viel Geld korrigiert werden.»

Eine Ansatzmöglichkeit sieht Aeschi auch bei der Bürobewirtschaftung. «Seit Corona arbeiten viele Bundesangestellte im Homeoffice und die Büros sind leer, da wäre eine Verzichtsplanung oder eine effizientere Arbeitsplatzrotation möglich.»

«Rechnen mit Defiziten von bis zu 1,2 Milliarden Franken jährlich»
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Ausserdem sieht er bei den Fraktionen Handlungsspielraum. So haben diese jährlich zwölf Fraktionssitzungstage zugute – etwa für Vorbereitungssitzungen vor den Sessionen oder Klausuren. Diese Sitzungstage werden vom Bund finanziert. «Hier würden neun Tage – also ein Viertel weniger – vollkommen reichen.» 

Erst 2025 kommt der Rotstift

Die SVP will deshalb auf die Einhaltung des Zwei-Prozent-Ziels pochen. «Wir werden in den zuständigen Kommissionen und Subkommissionen die entsprechenden Anträge stellen – oder wenn nötig in der Budgetberatung in der Wintersession», macht Aeschi klar. 

Immerhin: Selbst wenn die SVP mit ihrer Forderung nicht durchdringt – ein Trost bleibt: Ab 2025 wird auch bei Bundesversammlung und Parlamentsdiensten der Rotstift angesetzt. Gemäss Finanzplanung wird das Budget dann auf rund 117 Millionen und ab 2026 sogar auf 116 Millionen Franken zurückgefahren. 

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