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Knorz um Eigenmietwert geht weiter

Was zu viel ist, ist zu viel. Schon seit vielen Jahren ringt die Politik um die Abschaffung des umstrittenen Eigenmietwerts. Die Maximalvariante seiner Wirtschaftskommission ging dem Nationalrat aber zu weit. Sie soll nochmals über die Bücher.
Publiziert: 29.09.2022 um 11:59 Uhr
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Aktualisiert: 29.09.2022 um 15:41 Uhr
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Der Eigenmietwert ist seit Jahrzehnten ein Zankapfel in der Politik.
Foto: Zamir Loshi
Daniel Ballmer

Seit Jahrzehnten wird um die Abschaffung des Eigenmietwerts gestritten. Bisher sind alle Anläufe gescheitert – weil man sich nicht einig ist, wie die Alternative genau aussehen soll. Am Donnerstagmorgen war der Nationalrat an der Reihe, nachdem sich der Ständerat im letzten Herbst knapp für einen Systemwechsel ausgesprochen hatte. Doch es bleibt ein Knorz.

In der Wirtschaftskommission des Nationalrats hatte sich noch eine Maximalvariante durchgesetzt – wenn auch nur knapp. Heisst konkret: Der Eigenmietwert sollte nicht nur für Erstwohnungen abgeschafft werden, sondern auch gleich für Zweitwohnungen.

«Es ist höchste Zeit, dass dieser alte Zopf abgeschnitten wird», findet die FDP. Mit dem Eigenmietwert werde ein fiktives Einkommen besteuert, «das heisst im Grunde genommen eine Steuer auf heisse Luft».

Und für Hauseigentümer hätte es sogar noch besser kommen sollen. Denn die bisherigen Steuerabzüge – etwa für Unterhaltsarbeiten, Energiesparmassnahmen oder Schuldzinsen – hätten gleichzeitig bleiben sollen. Das wäre wie zweimal Weihnachten!

«Nicht Fünfer, Weggli – und die Bäckersfrau»

Das aber ging einer Mitte-Links-Mehrheit im Nationalrat viel zu weit. Mit 114 gegen 77 Stimmen bei 2 Enthaltungen hat sie entschieden: Die Kommission muss nochmals über die Bücher. «Sie können nicht den Fünfer und das Weggli haben – und dann auch noch die Bäckersfrau», mahnte Mitte-Nationalrat Markus Ritter (55) an die Adresse von SVP und FDP.

Heute müssen Hausbesitzer, die in ihren eigenen vier Wänden wohnen, eine fiktive Miete als Einkommen versteuern. Es handelt sich beim Eigenmietwert also um eine bloss theoretische Einnahme, die der Hausbesitzer erzielen könnte, wenn er seine Liegenschaft vermieten würde. Hauseigentümer, die ihre Liegenschaft selber bewohnen, können diese steuerliche Mehrbelastung durch den Eigenmietwert aber mit zahlreichen Abzugsmöglichkeiten kompensieren.

Kantone befürchteten hohe Steuerausfälle

Dass die nationalrätliche Wirtschaftskommission die Hausbesitzer gleich doppelt steuerlich entlasten wollte, kam auch bei den kantonalen Finanzdirektoren ganz schlecht an. Sie befürchteten für Bund, Kantone und Gemeinden Steuerausfälle in Milliardenhöhe. Dann solle doch lieber der Status quo beibehalten werden. Auch SVP-Finanzminister Ueli Maurer (71) warnte davor, «dass dieser Vorschlag nicht finanzierbar ist».

Deutlich zurückhaltender hatte sich zuvor der Ständerat gezeigt: Der Eigenmietwert auf Erstliegenschaften sollte abgeschafft werden, während er auf Zweitwohnungen weiterhin anfallen würde. Die Bergkantone seien auf die entsprechenden Steuereinnahmen nämlich angewiesen. Zudem sollten Hausbesitzer Schuldzinsen nur sehr eingeschränkt und Ausgaben für den Unterhalt gar nicht mehr von der Steuer abziehen können.

Maximalvariante wäre an Urne wohl chancenlos gewesen

Zumindest den Tourismuskantonen mit vielen Zweitwohnungen wollte die Nationalratskommission doch noch entgegenkommen. Auf Antrag der SVP hatte sie eine Kommissionsinitiative verabschiedet, die den Kantonen die Möglichkeit geben wollte, eine Objektsteuer auf Zweitwohnungen zu erheben.

Das aber reichte der Ratsmehrheit bei weitem nicht. Die Kommission habe völlig «übermarcht», befand Grünen-Präsident Balthasar Glättli (50). Bei einem absehbaren Referendum wäre die Vorlage an der Urne chancenlos, prophezeite Mitte-Nationalrat Leo Müller (64) seinerseits: «Auch wir wollen einen Systemwechsel, aber er muss mehrheitsfähig sein.»

Sogar der Hauseigentümerverband (HEV Schweiz) hatte sich im Vorfeld skeptisch gezeigt. Zwar ist auch er klar für die Aufhebung dieser «Strafsteuer» für Wohneigentümer, die Nationalratskommission aber habe das Fuder überladen. Eine derart «angereicherte» Vorlage erscheine politisch als chancenlos.

Dicke Luft im bürgerlichen Lager

Das hat sich nun bereits im Nationalrat gezeigt. So sei keine Volksabstimmung zu gewinnen, zeigte sich die Mehrheit überzeugt. Über den Weg einer Subkommission will die Grosse Kammer nun die Kantone besser einbinden. Mitte-Nationalrat Ritter zeigte sich zuversichtlich, dass so bis in einem Jahr ein besserer Vorschlag auf dem Tisch liegt.

Die FDP zeigt sich davon nicht überzeugt. Ganz und gar nicht. Im bürgerlichen Lager herrscht dicke Luft: «Mit ihrem Rückweisungsantrag zeigt die Mitte-Partei, dass sie nicht an einer konstruktiven Debatte interessiert ist und die Abschaffung des Eigenmietwerts aktiv hintertreibt», kritisiert die FDP in einer Medienmitteilung. Der Knorz um den Eigenmietwert geht weiter.

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