Zur 175-Jahr-Feier der Verfassung
Wer darf aufs Rütli?

Die Rochade im Bundesrat wirbelt die Festvorbereitungen durcheinander. Zum Vorteil der frisch gewählten Elisabeth Baume-Schneider.
Publiziert: 08.01.2023 um 17:24 Uhr
|
Aktualisiert: 09.01.2023 um 11:21 Uhr
1/5
Haben sich geeinigt: Karin Keller-Sutter (rechts) überlässt die Gastgeberinnenrolle fürs Verfassungsjubiläum ihrer Nachfolgerin im EJPD, Elisabeth Baume-Schneider.
Foto: Keystone
Peter_Aeschlimann (bitte Fotos der ersten Box–Session komplett aus System löschen)_Redaktor SonntagsBlick _Ringier _3-Bearbeitet.jpg
Peter AeschlimannRedaktor

Die Schweiz ist in Feierlaune. Vor 175 Jahren, am 12. September 1848, trat die Bundesverfassung in Kraft: Die Eidgenossenschaft wurde zur ersten Demokratie Europas.

Feier wird seit letztem Jahr geplant

Das Dossier für die Geburtstagsfeier der modernen Schweiz liegt in der Zuständigkeit des Justiz- und Polizeidepartements (EJPD). Dort hat man bereits im letzten Jahr mit den Vorbereitungen für die grosse Party begonnen. Das Motto: «1848 – eine unglaubliche Geschichte».

Erzählt wird diese Geschichte in einem sorgsam produzierten Filmchen von Bundesrätin Karin Keller-Sutter (FDP). Die St. Gallerin würdigt darin das Wirken des ersten Nationalratspräsidenten Ulrich Ochsenbein (1811–1890). Dem hätten wir das «politische Meisterwerk» zu verdanken, das zum Fundament der liberalen Schweiz geworden sei – die erste Bundesverfassung. Vor einem abgedunkelten Hintergrund wendet sich die Magistratin feierlich ans Volk: «Ich freue mich, dieses Jubiläum gemeinsam mit Ihnen zu feiern.»

KKS lädt sich selbst aus

Doch daraus wird nun nichts. Oder zumindest nicht so, wie ursprünglich geplant. Mit ihrem Wechsel ins Finanzdepartement hat sich Karin Keller-Sutter nämlich quasi selbst ausgeladen. Neue Gastgeberin wird ihre Nachfolgerin, die erst im Dezember gewählte Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider (SP).

Keller-Sutter habe ihre Mitgliedschaft im Patronatskomitee für das Jubiläum an Baume-Schneider übergeben, bestätigt das Finanzdepartement. Ob nun ein neues Video mit der Jurassierin als Erzählerin gedreht werden müsse, sei noch nicht geklärt, sagt EJPD-Mediensprecher Joel Weibel zu SonntagsBlick.

Keine 1. August-Rede von KKS

Die bundesrätliche Rochade beeinflusst auch die Planung der Bundesfeier am 1. August in der «Wiege der Eidgenossenschaft», dem Rütli. Auf der mythologisch aufgeladenen Wiese am Vierwaldstättersee hätte heuer zum ersten Mal Bundesrätin Karin Keller-Sutter als Festrednerin auftreten sollen.

Anders als etwa alt Bundesrätin Simonetta Sommaruga (SP), die in ihrer Karriere dreimal als Rütli-Rednerin auftrat, blieb Keller-Sutter diese Ehre bislang verwehrt. Im Jahr 2021, als mit Viola Amherd (CVP) und Sommaruga sogar zwei Vertreterinnen der Landesregierung am «Frauenrütli» teilnahmen, sprach Karin Keller-Sutter an einem «Buurezmorge» im luzernischen Kleinwangen.

Während die Bundesfeier auf dem Rütli damals ganz im Zeichen von 50 Jahre Frauenstimm- und Wahlrecht stand, bestimmt in diesem Sommer das Verfassungsjubiläum die Festagenda. Das bedeutet: Die Vorsteherin des EJPD war als Festrednerin von Anfang an gesetzt.

Baume-Schneider übernimmt

Bis vor wenigen Wochen hatten die Organisatoren noch fest mit der Rütli-Premiere Karin Keller-Sutters gerechnet – und mussten dann kurz vor Weihnachten über die Bücher. Ueli Maurer hatte mit seiner Rücktrittsankündigung im letzten Herbst die Jubiläumsparty für Keller-Sutter gecrasht. Keller-Sutters Auszug aus dem EJPD war zugleich ein Rückzug vom Rütli.

Zwar erklärt eine Vertreterin der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft (SGG) gegenüber SonntagsBlick auf Anfrage: «Eine Ausladung wird es ganz bestimmt nicht geben.» Das EJPD stellt jedoch klar: «Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider übernimmt die Aufgaben im Jubiläumsjahr, wie sie für die ehemalige Vorsteherin des EJPD vorgesehen waren. Sie wird an der Bundesfeier auf dem Rütli teilnehmen.» Keller-Sutters Finanzdepartement schreibt: «Die beiden Bundesrätinnen haben die Übergabe dieser Aufgaben so miteinander vereinbart.»

Auf dem Rütli ist Elisabeth Baume-Schneider übrigens keine Unbekannte. Bis zur Wahl in den Bundesrat sass sie im SGG-Vorstand. 2021 sagte sie am Rande der Bundesfeier gegen-über kath.ch: «Es war eine sehr würdevolle und inspirierende 1.-August-Feier, die einem unter die Haut ging.» 2023 gehört Baume-Schneider nun selbst die grosse Bühne auf dem Rütli – und Karin Keller-Sutter muss sich weiter gedulden.

Fehler gefunden? Jetzt melden

Was sagst du dazu?