In Zürich wetzen die Hausärztinnen und Hausärzte verbal die Skalpelle. Grund für den Frust: Sie müssen künftig die Corona-Impfungen mit der Software Vacme organisieren, statt weiterhin ein eigenes Tool zu benutzen. Das hat einen «Sturm der Empörung» ausgelöst, der so weit geht, dass manche von ihnen nun aufhören wollen, überhaupt noch zu impfen.
Der bürokratische Aufwand werde mit der neuen Anwendung zu gross, diese sei ohnehin zu kompliziert. Der Systemwechsel ist laut der Zürcher Gesundheitsdirektion aber nötig, damit überall die Daten einheitlich erfasst werden – auch in den Impfzentren wird mit Vacme gearbeitet.
Berner kriegen Registrierung problemlos hin
In Sachen Software ist der Kanton Zürich bereits gebranntes Kind. Die vom Bund zur Verfügung gestellte Software brach Anfang Jahr beim ersten Ansturm zusammen. Danach entschied sich die Gesundheitsdirektion für Vacme, das bereits erfolgreich im Kanton Bern im Einsatz ist.
In Bern ist von Empörungsstürmen nichts zu merken. «Unsere Ärztinnen und Ärzte sind damit zufrieden», sagt Gundekar Giebel, Sprecher der Berner Gesundheitsdirektion. «Das Tool ist sicher umfangreich, aber einfach zu bedienen und logisch aufgebaut.»
In Bern funktioniert alles gut
Dass die Technik in Zürich so viel Ärger bereite, dass die Ärzte gar aus der Impfkampagne aussteigen, ist für Giebel «überraschend». Er hat aber dennoch etwa Verständnis. «Der Wechsel auf eine neue Software ist immer mühsam.»
Ähnlich klingt es bei Berner Ärzten. Im «Grossen und Ganzen» funktioniere das Tool gut, sagt Markus Battaglia (57) von der Gruppenpraxis Bubenberg in Bern, die Corona-Impfungen anbietet.
Können es die Berner einfach besser mit der Digitalisierung? Battaglia winkt ab. «Wir haben sicher davon profitiert, dass wir von Anfang an mit Vacme gearbeitet hatten», sagt er. Für Schwierigkeiten sorge nicht die Technik, sondern dass der Aufwand bei der Corona-Impfung grundsätzlich gross sei – und dass die Kosten der Praxen nicht vollständig gedeckt seien.
Zürcher Ärzte werden besser vergütet
Vielerorts sind Hausärzte nur zögerlich bei der Impfkampagne eingestiegen. Denn der nationale Tarif von 24.50 Franken decke die Kosten bei Weitem nicht – und man zahle gar drauf, so die Klage. Im Gegensatz zu Bern bessert just Zürich diesen Tarif aber auf, und vergütet pro Piks 50 Franken.
Doch auch in Zürich ist nicht an allen Problemen nur die Software schuld. Laut «Tages-Anzeiger» hatte die Zürcher Gesundheitsdirektion den Technik-Systemwechsel sehr kurzfristig angekündigt: Eigentlich hätte er schon ab kommenden Montag gelten soll.
Letztlich fanden die Ärzte aber mit dem Departement von SVP-Regierungsrätin Natalie Rickli (42) einen Kompromiss: Die Hausärztinnen und Hausärzte können die bereits gebuchten Impftermine noch im alten System organisieren – und müssen erst per Ende Mai endgültig auf Vacme umsteigen. (gbl)