Zu extrem und zu teuer
SVP hält neues Klimaschutz-Gesetz für «Stromfresser»

Zu extrem und zu teuer: Die SVP hat mit Verbündeten ihre Argumente für ein Nein zum Klimaschutz-Gesetz an der Urne am 18. Juni dargelegt. Sie fürchten ein praktisches Verbot von Öl und Gas, worauf künftig noch viel mehr «teurer und knapper Strom» benötigt würde.
Publiziert: 04.05.2023 um 13:53 Uhr
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Aktualisiert: 04.05.2023 um 15:49 Uhr
"Mit dem Stromfresser-Gesetz wiederholen wir die Fehler der gescheiterten Energiestrategie 2050": SVP-Präsident Marco Chiesa. (Archivbild)
Foto: MARTIAL TREZZINI

Das vom Parlament beschlossene Gesetz, gegen das die SVP das Referendum ergriffen hatte, will Marken auf dem Weg zum «Netto Null»-Ziel 2050 setzen. Es sieht zudem finanzielle Beiträge für Innovationen zugunsten des Klimaschutzes und den Ersatz von Heizungen mit fossilen Brennstoffen vor.

Die Gegner der Vorlage rücken im Abstimmungskampf die Stromversorgung ins Zentrum. Das geplante Gesetz sei eine «Katastrophe» für die Schweiz, sagte SVP-Präsident Marco Chiesa vor den Medien in Bern. Das Land befinde sich in einer Energie- und Stromkrise. Mit den im Gesetz vorgesehenen Bestimmungen würde diese zusätzlich verschärft, sagte der Tessiner Ständerat.

Versorgung sei heute schon gefährdet

Die SVP rechnete vor, dass 60 Prozent des von Öl und Gas geprägten Energieverbrauchs durch Strom ersetzt werden müssten, wenn das im Gesetz festgeschriebene «Netto Null»-Ziel beim CO2-Austoss bis 2050 erreicht werden soll. Das «Stromfresser-Gesetz» bedeute somit ein faktisches Verbot von Benzin, Diesel, Heizöl und Gas. Autofahren und Heizen wären nur noch elektrisch möglich. Die Folge wäre ein höherer Stromverbrauch, obwohl die Versorgung heute schon gefährdet sei.

Würde der Strom weiter knapp, bedeute dies höhere Energiekosten. Damit würde die Schweiz weiter an Attraktivität verlieren, sagte der Walliser SVP-Nationalrat und Kampagnenleiter Michael Graber. Der Wohlstand und die Wettbewerbsfähigkeit des Landes würden bedroht. Beim Klimaschutz appellierte er, sich der Relationen bewusst zu sein: «China stösst pro Tag soviel CO2 aus wie die Schweiz im Jahr.» Die Schweiz könne nicht jedes Problem einfach mit einem Gesetz lösen.

Höhere Energiepreise würden viele Branchen empfindlich treffen, warnten die Gegner des Klimaschutz-Gesetzes. Genannt wurden die Industrie, das Gastgewerbe, aber auch die Landwirtschaft. Befürchtet werden neue teure Vorschriften.

Energiesicherheit und Preisstabilität gefährdet

Er unterstütze das «Netto null»-Ziel, aber nicht die Frist dazu im Gesetz, sagte Gastrosuisse-Präsident Casimir Platzer. Die Schweiz brauche einen Spielraum, ansonsten sei die Energiesicherheit und die Preisstabilität gefährdet. Viele Betriebe in der Hotellerie und der Restauration könnten die Energiekosten schon heute kaum mehr bezahlen.

Das Parlament bewilligte mit der Vorlage insgesamt 3,2 Milliarden Franken an Finanzhilfen für den Ersatz von Heizungen und Sanierungen und die Förderung zugunsten neuer Technologien.

Der Hauseigentümerverband (HEV) hält die 2 Milliarden Franken daraus für Heizungs- und Sanierungsprojekte allerdings für wenig wirksam. Bei 850'000 Ölheizungen, die ersetzt würden müssten, ergebe das gerade mal 2500 Franken pro Anlage, sagte HEV-Schweiz-Präsident Hans Egloff. Ein so kleiner Beitrag werde keine Investition wie jene einer Heizungssanierung auslösen.

Landschaft werde verschandelt

Schliesslich sorgen sich die Gegner des Gesetzes auch um die Landschaft. Die SVP erwartet einen zu starken Zubau von Windrädern und Solarpanels. Tausende neue Anlagen würden das Land verschandeln.

Für ein Wegkommen von Öl und Gas seien zusätzlich gegen 17 Pumpspeicherkraftwerke von der Grösse der Grande Dixence, rund 5'000 Windräder sowie Millionen von Quadratmetern Solaranlagen nötig. «Unsere schöne Schweizer Heimat gibt es dann nur noch auf Postkarten», sagte die Obwaldner SVP-Nationalrätin Monika Rüegger.

Die SVP sammelte gegen 104'000 Unterschriften gegen das vom Parlament verabschiedete Gesetz. Das sind mehr als doppelt so viele Unterschriften als für ein Referendum nötig. Das Thema brenne den Leuten unter den Nägeln, hiess es an der Medienkonferenz.

Im Abstimmungskampf tritt die SVP gegen ihren eigenen Bundesrat und Energieminister Albert Rösti an. Dieser hatte als Nationalrat einst seiner Parteifraktion im Parlament beantragt, das Referendum gegen das Klimagesetz zu ergreifen. Den Umstand schlachtet die Partei im Abstimmungskampf aus. Sie kritisierte unlängst in einer Medienmitteilung: «Bundesrat Rösti erzählt das Gegenteil von Nationalrat Rösti». (SDA)

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