Braucht es höhere Lohnbeiträge? Mehr Mehrwertsteuer? Soll die Schweiz die Entwicklungshilfe kappen? Nach dem Ja zur 13. AHV-Rente überbieten sich Politikerinnen und Politiker mit Forderungen, woher das Geld für die zusätzliche Rente kommen soll. Vor diesem Hintergrund überrascht ein Vorschlag von alt Ständerat Paul Rechsteiner, der 20 Jahre lang Präsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds war.
Das ist ein Beitrag aus dem «Beobachter». Das Magazin berichtet ohne Scheuklappen – und hilft Ihnen, Zeit, Geld und Nerven zu sparen.
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Es sei nicht nötig, die Leute im Land zusätzlich zu belasten, weder Angestellte, Arbeitgeber noch Konsumenten, sagte der frühere St. Galler Sozialpolitiker gegenüber dem Beobachter. Überschüssige Gelder aus anderen Sozialversicherungen könnten die AHV sichern.
«Nichts spüren im Portemonnaie»
Rechsteiner nennt als Erstes die Arbeitslosenversicherung (ALV). Weil die Arbeitslosigkeit seit Jahren tief ist, verzeichnet sie hohe Überschüsse. Ende 2023 betrug ihr Vermögen gemäss Hochrechnung fast 7 Milliarden Franken. Weil es für die ALV eine Vermögensbremse gibt, wird der Bundesrat in rund zwei Jahren die Lohnabzüge senken müssen, wenn die Arbeitslosenzahlen weiter stabil bleiben. Dieses Geld – rund 1,3 Milliarden Franken, 0,3 Lohnprozente je zur Hälfte bezahlt von Angestellten und Arbeitgebern – könnte man stattdessen an die AHV umleiten, sagt Rechsteiner.
«Beim Bundeshaushalt sparen»
Die gleiche Möglichkeit sieht er bei Unfallversicherung und Familienzulagen. Die Zahl der Unfälle geht zurück, und es kommen weniger Kinder zur Welt. «Der Gewerkschaftsbund hat errechnet, dass die Lohnbeiträge an die Sozialversicherungen insgesamt so stark sinken werden, dass die Leute von den höheren AHV-Beiträgen gar nichts bemerken werden im Portemonnaie.»
Eine AHV-Finanzierung ohne Opfer? Nicht möglich, heisst es bei den bürgerlichen Parteien. «Eine Schwächung der Arbeitslosenversicherung zur Finanzierung der 13. AHV-Rente wäre kurzsichtig», sagt FDP-Präsident Thierry Burkart. Man wisse nicht, wie sich die Wirtschaft entwickle. Mit den 1,3 Milliarden aus der ALV könne zudem nur ein kleiner Teil des AHV-Bedarfs gedeckt werden, der bei 4 bis 5 Milliarden liege. «Das Geld, das wir wegen der 13. Rente schon ab 2026 benötigen, muss in erster Linie durch Sparmassnahmen beim Bundeshaushalt erbracht werden.»
«Nicht umleiten, wie es einem passt»
SVP-Präsident Marco Chiesa nennt Rechsteiners Vorschlag eine «Verwahrlosung der Bundespolitik». ALV und Unfallversicherung seien auf Reserven angewiesen. «Es geht nicht, gesetzlich vorgeschriebene Beiträge umzuleiten, wie es einem passt.» Die SVP will das Geld für die AHV durch Kürzungen bei Entwicklungshilfe, im Asylbereich und bei Hilfe für die Ukraine hereinholen. «Eine Erhöhung der Lohnabzüge und der Mehrwertsteuer lehnen wir ab.»
Gefordert ist jetzt der Bundesrat. Mithilfe einer Expertengruppe will er bis im Spätsommer Sparvorschläge für den Bundeshaushalt ausarbeiten. Ausserdem muss er spätestens bis 2026 unabhängig von der 13. AHV-Rente eine Vorlage für die Reform der AHV aufgleisen, die deren langfristige Finanzierung sicherstellt.