Das Klima hat Hochkonjunktur: Heute Freitag sind im ganzen Land Jugendliche unterwegs, um für Massnahmen gegen den Klimawandel zu protestieren. Und in drei Wochen stimmt die Schweiz über das CO2-Gesetz ab – welches den Klimastreikenden nicht weit genug geht.
Ganz anders sieht das die liberale Denkfabrik Avenirsuisse. Sie fordert: Schluss mit Vorschriften und ineffizienten Regulierungen! Wirkungsvolle Klimapolitik setze nicht auf Gebäudeprogramme und Emissionsvorschriften wie die Schweiz das tue.
Von einer vor allem im Inland ansetzenden Reduktion der Treibhausgase hält der Thinktank laut einer neuen Publikation nichts. «Der Treibhausgas-Ausstoss der Schweiz stoppt nicht an ihren Landesgrenzen», heisst es im Buch. Der CO2-Ausstoss der Schweiz sei im internationalen Vergleich vernachlässigbar und globale Kooperation aus diesem Grund umso wichtiger.
Mitmachen oder Strafzölle
Deshalb der Vorschlag von Avenirsuisse: die Gründung eines «Klima-Clubs» mit anderen Staaten. Die Schweiz ist zwar bereits Teil des Emissionshandelssystems der EU, in einem Klima-Club könnten allerdings weitere Mitglieder gewonnen werden – was den Hebel entsprechend vergrössern würde.
Und wie sieht dieser Club aus? Eine möglichst grosse Gruppe von Staaten einigt sich auf bestimmte Klima-Massnahmen. Dazu gehören könnten auch ein abgestimmter Preis für den Ausstoss von CO2 und ein Handelssystem von CO2-Zertifikaten.
«Wir möchten Treibhausgase flächendeckend bepreisen», sagt Lukas Rühli, einer der Publikations-Autoren. Vom grossen Unternehmen bis zum kleinen Haushalt: Alle sollen das ausgestossene CO2 entweder mit einem festgelegten Preis bezahlen oder ein Zertifikat dafür erwerben. Also eine umfassendere CO2-Lenkungsabgabe oder CO2-Emissionszertifikate, wie es sie heute schon gibt.
Länder ausserhalb des Klima-Clubs sollen bestraft werden. «Länder die nicht teilnehmen, werden mit Strafzöllen auf Exporten von sämtlichen Waren und Dienstleistungen belegt», so Patrick Dümmler, einer der Autoren des Buches.
Welches System ist besser?
«Ein weltweites Emissionshandelssystem hätte eine grosse Wirkung, wenn es ganz oben an der Quelle ansetzen würde», beurteilt Philippe Thalmann (57), Experte der EPFL für Umweltökonomie, den Vorschlag von Avenirsuisse. Also bei der Menge Kohle, Öl und Gas, die gefördert werden darf. Oder bei der Menge Zement, Stahl und Fleisch, die produziert werden darf. Er hält allerdings nichts davon, jede einzelne Person mit einzubeziehen. Der administrative Aufwand wäre enorm.
Eine CO2-Abgabe sei leichter umzusetzen. «Wir haben bereits Erfahrung mit Zöllen, Mehrwertsteuern und Energieabgaben. Dort ist allerdings die Akzeptanz der Länder die grössere Hürde», so Thalmann.
Realitätsfremder Vorschlag?
Doch ist ein solcher Club überhaupt realistisch? «Bereits heute haben sich mehr als 77 Staaten freiwillig zum Netto-null-Ziel verpflichtet, die Chancen für die Gründung eines Klima-Clubs sind unter diesen Voraussetzungen intakt», heisst es seitens Avenirsuisse. Ausserdem gehe der europäische Grüne Deal bereits in diese Richtung. Es könnten nämlich Länder mit grösserer Umweltbelastung beim Import mit Strafzöllen belegt werden.
Experte Thalmann sieht das anders: «Ich glaube keine Sekunde, dass innerhalb einer vernünftigen Frist eine weltweite Treibhausgas-Abgabe oder ein weltweites Emissionshandelssysstem eingeführt werden kann.» Er hält ein nationale CO2-Abgabe für effizienter.
In diese Richtung geht auch Petrissa Eckle, Direktorin des Sustainabilty Lab der ETH Zürich. «Wir benötigen auch gezielte Länder- und branchenspezifische Regulierungen.» Ausserdem bräuchte es gezielte Massnahmen, die dort einsetzen, wo erhöhte CO2-Preise nicht sofort Investitionen auslösen.
Dementsprechend wäre ein Klima-Club inklusive CO2-Bepreisung zwar effektiv. Doch einen solchen Club könnte es höchstens in der EU in absehbarer Zeit geben.
Der liberale Think Tank Avenirsuisse unterstützt das CO2-Gesetz, das am 13. Juni zur Abstimmung kommt. Obwohl es Schwächen habe und nicht den liberalen Ideen entspricht, für die Avenirsuisse steht.
Künftig soll nämlich drei Viertel der CO2-Reduktion im Inland stattfinden. «Damit beschneidet sich die Schweiz selbst ihrer Flexibilität», schreibt Avenirsuisse. «Es geht dabei weniger um Sorgen vor den Auswirkungen des Klimawandels als um staatliche Industriepolitik unter einem protektionistischen Deckmantel», lautet das harsche Urteil.
Fehlkonstruktion Flugticketabgabe
Auch bei der Abgabe auf Flugtickets handle es sich um eine «Fehlkonstruktion». Der nationale Flugverkehr falle kaum ins Gewicht. Ausserdem setze die Abgabe falsche Anreize: Wer Langstreckenflüge nicht mehr aus der Schweiz macht, sondern etwa aus Deutschland, Italien oder Frankreich, kann die Abgabe sparen – ökologisch ist der Umweg aber nicht.
Auch der Klimafonds, der mit Geld aus der Flugticketabgabe gespeist werden soll, sei nicht zielführend, so Avenirsuisse. Denn es sei unklar, wofür das Geld genau eingesetzt werde. «So aufgesetzt, dürfte sich der geplante Klimafonds zu einem Selbstbedienungsladen entwickeln, indem gewerbliche Interessengruppen auf den Ausbau von Fördermassnahmen drängen. Doch die Klima-Effizienz pro eingesetztem Franken dürfte gering sein.»
Weil sonst wertvolle Zeit verloren geht
Und trotzdem spricht sich Avenirsuisse für das CO2-Gesetz aus. Auch wenn es sich um eine «Fortführung des helvetischen Klima-Flickwerks» handle. Mit der Totalrevision des CO2-Gesetzes vergebe sich die Schweiz zwar das Potenzial einer effektiveren und effizienteren Klimapolitik. «Trotzdem darf nicht vergessen werden, dass die Totalrevision einen, wenn auch nicht optimalen, Weg darstellt. Wird die Vorlage abgelehnt, geht wertvolle Zeit verloren», lautet das Fazit von Avenirsuisse. Der Thinktank rät deshalb, die Klimapolitik bald möglich erneut umfassend zu revidieren.
Der liberale Think Tank Avenirsuisse unterstützt das CO2-Gesetz, das am 13. Juni zur Abstimmung kommt. Obwohl es Schwächen habe und nicht den liberalen Ideen entspricht, für die Avenirsuisse steht.
Künftig soll nämlich drei Viertel der CO2-Reduktion im Inland stattfinden. «Damit beschneidet sich die Schweiz selbst ihrer Flexibilität», schreibt Avenirsuisse. «Es geht dabei weniger um Sorgen vor den Auswirkungen des Klimawandels als um staatliche Industriepolitik unter einem protektionistischen Deckmantel», lautet das harsche Urteil.
Fehlkonstruktion Flugticketabgabe
Auch bei der Abgabe auf Flugtickets handle es sich um eine «Fehlkonstruktion». Der nationale Flugverkehr falle kaum ins Gewicht. Ausserdem setze die Abgabe falsche Anreize: Wer Langstreckenflüge nicht mehr aus der Schweiz macht, sondern etwa aus Deutschland, Italien oder Frankreich, kann die Abgabe sparen – ökologisch ist der Umweg aber nicht.
Auch der Klimafonds, der mit Geld aus der Flugticketabgabe gespeist werden soll, sei nicht zielführend, so Avenirsuisse. Denn es sei unklar, wofür das Geld genau eingesetzt werde. «So aufgesetzt, dürfte sich der geplante Klimafonds zu einem Selbstbedienungsladen entwickeln, indem gewerbliche Interessengruppen auf den Ausbau von Fördermassnahmen drängen. Doch die Klima-Effizienz pro eingesetztem Franken dürfte gering sein.»
Weil sonst wertvolle Zeit verloren geht
Und trotzdem spricht sich Avenirsuisse für das CO2-Gesetz aus. Auch wenn es sich um eine «Fortführung des helvetischen Klima-Flickwerks» handle. Mit der Totalrevision des CO2-Gesetzes vergebe sich die Schweiz zwar das Potenzial einer effektiveren und effizienteren Klimapolitik. «Trotzdem darf nicht vergessen werden, dass die Totalrevision einen, wenn auch nicht optimalen, Weg darstellt. Wird die Vorlage abgelehnt, geht wertvolle Zeit verloren», lautet das Fazit von Avenirsuisse. Der Thinktank rät deshalb, die Klimapolitik bald möglich erneut umfassend zu revidieren.