Abstimmung am 13. Juni
Weshalb die Schweiz das CO₂-Gesetz braucht

Das CO₂-Gesetz ist nötig, um den CO₂-Ausstoss zu reduzieren. Es ist aber auch eine Riesenchance für den Innovationsplatz Schweiz: Unser Land hat die besten Voraussetzungen, um dem Klimawandel mit Forschung und Entwicklung die Stirn zu bieten.
Publiziert: 16.05.2021 um 08:00 Uhr
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Aktualisiert: 08.06.2021 um 09:00 Uhr
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Professor Martin Vetterli ist Präsident der ETH Lausanne (EPFL). Er plädiert für das CO₂-Gesetz.
Foto: François Wavre | lundi13
Martin Vetterli

Dieses Jahr lässt der Frühling besonders lange auf sich warten. Der April war seit Jahren der kühlste, der Mai zeigt sich bis jetzt auch als graue Maus. Meinen kürzlich erstandenen Tomatensprösslingen bleibt wohl nichts anderes übrig, als weiterhin geduldig hinter den Fensterscheiben zu warten.

Findet der viel besagte Klimawandel doch nicht statt? Der Eindruck täuscht leider. Regionale Kälteeinbrüche gibts auch in einer wärmeren Welt, und Messdaten lassen keinen Zweifel offen: Seit der vorindustriellen Zeit hat sich die Erde um mehr als ein Grad Celsius und die Schweiz selbst um zwei Grad erwärmt. Das klingt nicht nach viel, doch die Folgen sind deutlich spürbar: Wetterextreme wie Hitzeperioden und Starkniederschläge nehmen dramatisch zu, während sich die Gletscher still und leise verabschieden.

Bereits 1957 warnte der amerikanische Geochemiker Roger Revelle, dass die Menschheit durch den CO2-Anstieg ein gross angelegtes geophysikalisches Experiment begonnen habe, das es in dieser Form weder in der Vergangenheit gab noch in der Zukunft ein zweites Mal geben werde.

Noch haben wir das Steuer in der Hand. Zusammen mit rund 200 anderen Nationen hat sich die Schweiz mit dem Pariser Klimaabkommen verpflichtet, den globalen Anstieg der Temperaturen auf deutlich unter 2 Grad zu begrenzen. Dafür müssen wir den CO2-Ausstoss spätestens bis 2050 auf netto null reduzieren und uns von fossilen Brenn- und Treibstoffen verabschieden. Das CO2-Gesetz ist ein wichtiger und richtiger Schritt in genau diese Richtung.

Es ist aber auch eine Riesenchance für den Innovationsplatz Schweiz: Unser Land hat die besten Voraussetzungen, um dem Klimawandel mit Forschung und Entwicklung die Stirn zu bieten. Das CO2-Gesetz bietet den nötigen Anreiz, um bereits bestehende Umwelttechnologien wie Sonnenenergie oder ökologische Heizsysteme weiter auszubauen. Es macht aber auch Investitionen in neue Technologien interessant, die noch nicht marktreif oder noch zu teuer sind, aber Entwicklungspotenzial versprechen. Beispiele sind Wasserstoff, synthetische Treibstoffe oder die Abtrennung von CO2 aus der Luft. Wollen wir der nächsten Generation einen lebenswerten Planeten übergeben und gleichzeitig positive Wachstumsimpulse setzen, sind wir auf diese Technologien angewiesen.

Nach langen Debatten stimmen wir über einen Vorschlag ab, der von fast allen Parteien und weiten Kreisen der Wirtschaft breit unterstützt wird. Über hundert renommierte Schweizer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus allen Bereichen haben klar Stellung bezogen: Ein ambitioniertes Klimaziel ist möglich und lohnt sich wirtschaftlich. Viele Technologien made in Switzerland sind schon da oder stehen in den Startlöchern, aber es braucht den politischen Willen, sie umzusetzen. Mit dem CO2-Gesetz stellen wir die Weichen für eine klimagerechte Zukunft.

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