Bisher galt die eiserne Regel: Zählt ein Land 60 Neuinfektionen pro 100'000 Einwohner in den letzten 14 Tagen, landet es auf der Liste der Corona-Risikoländer. Wer aus einem dieser Staaten in die Schweiz einreist, muss zehn Tage in Quarantäne. Ausnahmen gibts nur für Grenzgebiete.
Letztmals wurde die Risikoliste vor gut zwei Wochen angepasst. Doch das geltende Kriterium wurde schon viel früher ad absurdum geführt: Die Schweiz überschreitet seit Mitte September den 60er-Wert – aktuell liegt er um ein Vielfaches höher bei 693 Fällen.
Selbst SP-Gesundheitsminister Alain Berset (48) musste letzte Woche einsehen: «Es macht keinen Sinn, Regionen auf der Risikoliste zu führen, wenn die Schweiz erheblich mehr Ansteckungsfälle aufweist als diese Regionen.» Die jetzige Situation sei unhaltbar, befand Berset und deutete eine baldige Anpassung an.
Bundesrat passt Formel an: «CH+60»
Am Mittwoch ist es so weit: Der Bundesrat will die Regel für Risikoländer anpassen. Dem Vernehmen nach sollen jene Staaten oder Gebiete auf der Risikoliste landen, deren 14-Tage-Wert pro 100'000 Einwohner um 60 höher liegt als jener der Schweiz. Die neue Formel heisst also «CH+60».
Konkret bedeutet das: Bei einem Wert von heute 693 Fällen in der Schweiz liegt der Grenzwert für die Risikoliste bei 753 Fällen.
In der Konsequenz würden damit die meisten EU-Staaten von der Risikoliste gestrichen. So weist etwa Spanien einen Inzidenzwert von 446 Fällen auf, Frankreich 629, Grossbritannien 416 oder Portugal 323, wie das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten auf seiner Homepage ausweist. Von den EU-Staaten würden damit nur Belgien mit 1391 Fällen, Tschechien mit 1380 Fällen sowie Luxemburg mit derzeit 760 Fällen auf der Risikoliste bleiben. Allerdings könnten in anderen Staaten weiterhin einzelne Regionen mit erhöhten Werten auf der Liste bleiben.
Quarantänefrist von 10 Tagen bleibt
In Kraft bleiben dürfte zudem die zehntägige Quarantänefrist für Rückreisende aus Risikostaaten. Schon letzte Woche erteilte Berset Kürzungsvorschlägen eine Absage. «Wir sind mit 10 Tagen schon kürzer als andere Länder, wir waren da schon Vorreiter», so Berset. Zehn Tage seien ein gutes Optimum. Darunter zu gehen, sei wenig effizient, da damit ein Teil der positiven Fälle zu früh aus der Quarantäne entlassen werden könnte. «Das ist in der heutigen Situation nicht gut.»
Dem Vernehmen nach fürchtet Berset, dass mit einer Quarantäne-Verkürzung «ein falsches Zeichen» ausgesendet würde, heisst es aus Bundesbern.