«Testen, testen, testen!» Die Wissenschaftler rufen schon seit Beginn der Corona-Pandemie danach. Der Kanton Graubünden legt jetzt vor. Bereits im Dezember haben die Bergler per Massentest drei Regionen durchtesten lassen – und damit gute Erfahrung gemacht. Zwar war nur ein Prozent der Tests positiv. Aber die Anzahl Neuinfektionen konnten in den folgenden Wochen deutlich gesenkt werden: Nämlich um 73 Prozent. Die Idee dahinter: Mit regelmässigen, breitflächigen Tests werden auch Leute gefunden, die keine oder noch keine Symptome haben und damit nicht wissen, dass sie infiziert sind.
Jetzt bauen die Bündner ihr Programm aus. So sollen grossflächig und regelmässige Betriebs- und Schultests durchgeführt werden. Parallel dazu sind sie eifrig daran, insgesamt neun Testzentren zu eröffnen. Ab Februar kann sich dort testen lassen, wer will, egal, ob jemand Symptome hat oder nicht. Die Testaktion ist freiwillig und gratis. Allerdings nur für die Betroffenen: die interessierten Betriebe – und davon soll es so einige geben – werden einen Anteil berappen müssen. Wie der Kostenschlüssel aussieht, wird zurzeit noch verhandelt. Der Kanton selbst hat für die ausgebaute Strategie 25 Millionen Franken budgetiert.
Bern und Baselland ziehen nach
Mit der Testoffensive steht Graubünden vorerst alleine da. Aber wohl nicht mehr lange. Nach dem Bündner Erfolg ist unter anderen der Kanton Bern hellhörig geworden. Zwar wird es keinen Massentest für den gesamten bevölkerungsreichen Kanton geben, wie der Sprecher der Berner Gesundheitsdirektion, Gundekar Giebel betont. «Ein Pilotprojekt nach dem Vorbild Graubündens, bei dem man punktuell Gruppen von Personen ohne Symptome durchtestet, läuft aber.» Details will der Kanton am Freitag bekannt geben. Doch klar ist schon jetzt: «Ziel ist, das Projekt auszubauen.»
Auch Baselland orientiert sich am Bündner Beispiel. Seit Anfang Januar wurden 1200 Mitarbeitende in Altersheimen getestet, 18 davon waren positiv. Dies wird im Wochentakt wiederholt und noch ausgebaut. Zudem läuft ein Projekt mit Studierenden der FHNW mit PCR-Speicheltests. «Der Kanton überlegt nun, dies weiter auszubauen», so Sprecherin Andrea Bürki.
Gratistests für alle?
Und der Rest der Schweiz? Laut Patrick Mathys vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) fliessen die Bündner Erfahrungen auch in Überlegungen zur nationalen Teststrategie ein. Gratistests für Symptomlose gibt es allerdings offiziell nicht. Was seine Tücken hat: Es gibt zwar keine genauen Zahlen, doch laut Schätzungen haben bis zu 40 Prozent der Corona-Infizierten keine Symptome. Zwar ist es dank den neuen Schnelltests heutzutage einfacher an einen Test zu kommen als am Anfang der Pandemie, doch Gratistests für Menschen, die mit gutem Gewissen ihre Grosseltern besuchen wollen, gibt es nach wie vor nicht. Laut Mathys ist das aber in Diskussion.
Solche Gratistests würde auch die Taskforce des Bundes begrüssen – zumindest die Wirtschaftswissenschaftler unter ihnen. «Das war ein Vorschlag, der die Expertengruppe von Anfang an unterstützt hat», so Ökonomin Monika Bütler. «Die Kosten sind im Vergleich zum Nutzen relativ gering.»
Etwas zurückhaltender ist Präsident Martin Ackermann, selbst Biologe. Er warnt vor zu hohen Erwartungen. Zwar könne das Testen im grossen Stil wirksam sein, um Viren aus der Bevölkerung zu entfernen – aber das nur kurzzeitig. Kontakte und Mobilität müssen reduziert werden, damit sich Ansteckungen nicht weiter ausbreiten. «Die Tests sind deshalb kein Ersatz für wirksame Corona-Massnahmen», sagt er, «und können deshalb nur Teil der Gesamtstrategie sein.»
Gleich zweimal verstossen die Bündner mit ihren Quarantäneregeln gegen die Vorschriften des Bundes. Bei Massentests in Betrieben müssen nicht mehr alle, die mit einer infizierten Person engen Kontakt gehabt haben, zehn Tage zu Hause bleiben. Stattdessen müssen sie täglich zum Test antreten. Das widerspricht den Vorgaben des Bundes, wie Rechtsexperte Mike Schüpbach vor den Medien bestätigt. Aber auch was die Quarantäneregeln für Ausländer angeht, bewegen sich die Bündner in einem rechtlichen Graubereich, wie der «Tagesanzeiger» schreibt. Touristen aus Risikostaaten dürfen ohne Quarantäne in die Bündner Berge fahren – wenn sie zweimal geimpft sind. Ausgenommen sind Besucher aus Grossbritannien und Südafrika. Da noch nicht klar sei, ob die Impfung auch vor einer Übertragung schütze, kommt auch das beim Bund nicht gut an. Noa Dibbasey
Gleich zweimal verstossen die Bündner mit ihren Quarantäneregeln gegen die Vorschriften des Bundes. Bei Massentests in Betrieben müssen nicht mehr alle, die mit einer infizierten Person engen Kontakt gehabt haben, zehn Tage zu Hause bleiben. Stattdessen müssen sie täglich zum Test antreten. Das widerspricht den Vorgaben des Bundes, wie Rechtsexperte Mike Schüpbach vor den Medien bestätigt. Aber auch was die Quarantäneregeln für Ausländer angeht, bewegen sich die Bündner in einem rechtlichen Graubereich, wie der «Tagesanzeiger» schreibt. Touristen aus Risikostaaten dürfen ohne Quarantäne in die Bündner Berge fahren – wenn sie zweimal geimpft sind. Ausgenommen sind Besucher aus Grossbritannien und Südafrika. Da noch nicht klar sei, ob die Impfung auch vor einer Übertragung schütze, kommt auch das beim Bund nicht gut an. Noa Dibbasey