Auf einen Blick
- Bundesrat managte CS-Krise per Threema-Chat
- Um 20.10 Uhr kam die Nachricht, dass die UBS zusagt
- Keller-Sutter betonte: «Es geht um unser Land»
Am Wochenende vom 18. und 19. März 2023 herrschte Hektik in Bern, wenn nicht gar Panik. Noch war der Deal mit der UBS nicht unter Dach und Fach. Unter Hochdruck wurde an einem Notfallplan für die untergehende Grossbank Credit Suisse gearbeitet.
Um 20.10 Uhr erschien an jenem Samstagabend auf den Handys der Bundesräte eine Hoffnung versprechende Nachricht. Spitzenbeamte des Krisenausschusses hatten gerade mit dem UBS-Verwaltungsratspräsidenten gesprochen. Finanzministerin Karin Keller–Sutter (60) zückte ihr Handy, öffnete den Messengerdienst Threema und tippte das Ergebnis des Gesprächs in den Bundesrats-Chat: «Wir haben einen Deal mit der UBS! Jetzt braucht es noch die CS.»
Da hakte es noch. Auch wenn die CS keine Überlebenschancen mehr hatte, sperrten sich die Bank-Oberen noch gegen eine Übernahme durch den Erzrivalen. Um 20.40 Uhr tippte Keller-Sutter erneut in ihr Handy. Wieder hatte sie dem Bundesrat News zu verkünden: Sie habe mit dem Verwaltungsratspräsidenten der CS gesprochen und ihn im Namen des Bundesrates eindringlich gebeten, das Angebot der UBS anzunehmen. «Es geht jetzt um unser Land.» Einen Plan B gebe es nicht.
In der heissen Phase der CS-Abwicklung managte der Bundesrat die Krise – auch per Natel. Das Schicksal des Finanzplatzes wurde live verhandelt, in einem Online-Chat des Bundesrates. Dies zeigt der PUK-Bericht rund um den Niedergang der Credit Suisse.
Äusserst kurzfristig und flexibel mussten Sitzungen anberaumt werden. Die üblichen Sitzungsprozedere und Abläufe in Bundesbern taugten da nur noch bedingt. Der Bundesrat nutzte deshalb den verschlüsselten Schweizer Chatdienst Threema, der auch sonst schon im Einsatz war.
An jenem Abend haben die Bundesräte ihr Handy wohl nicht weggelegt, wie der PUK-Bericht vermuten lässt. Ständig ploppten Nachrichten auf. Am Samstag, um 22.18 Uhr gab es wieder News im Bundesratschat. Sprecher André Simonazzi (†55) meldete sich und teilte den Bundesräten mit: An der auf Sonntag, 8.30 Uhr, anberaumten ausserordentlichen Sitzung in Bern werde es einen als geheim klassifizierten Bundesratsantrag geben. Wer ihn lesen wolle, könne dies ab 7.30 Uhr vor Ort in Bern tun. Viel Zeit zum Abwägen gab es damals nicht.
22.36 Uhr, nochmals Simonazzi: Man habe sich mit den Medienstellen der Banken nun auf ein Kommunikationskonzept geeinigt.
Merkel: Meisterin im Regieren per SMS
Regieren per Handy: Angela Merkel (70) ist das bekannteste Beispiel dafür. Der früheren Bundeskanzlerin sagte man nach, sie führe Deutschland auch per SMS. Doch Handys haben auch ihre Tücken, wie just das Beispiel Merkel zeigte: Die USA spionierten ihr Handy aus.
In der Schweiz sorgte Bundesrätin Viola Amherd (62) 2020 für etwas Aufregung, als sie sagte, ihr reiche ihr gewöhnliches iPhone. Ihr abhörsicheres Handy habe sie noch nie benutzt. Denn ein solches besitzt jeder Bundesrat. Das sogenannte Tego sieht aus wie ein gewöhnliches Smartphone, hat aus Sicherheitsgründen aber nur eingeschränkte Funktionen.
In heiklen Fällen sind Handys nicht erlaubt
Tatsächlich gibt es Richtlinien für Bundesräte: Bis zur Stufe vertraulich darf eigentlich Threema benutzt werden. Heikle Dossiers werden sonst aber, wie damals auch Amherd betonte, an Sitzungen vor Ort besprochen. Handys sind an Bundesratssitzungen nicht erlaubt. Sie müssen im Vorzimmer in spezielle Fächer eingeschlossen werden.
Die PUK kam zum Schluss, dass die Kommunikation über Threema angemessen war. Schliesslich mussten innert Kürze Sitzungen anberaumt werden, die Bundesräte wussten dank des Chats, was passierte, wenn sich die Ereignisse zu überstürzen drohten. Und immerhin: Der Bundesrats-Chat verriet der Untersuchungskommission einige Details aus den letzten Stunden der Credit Suisse. Sonst protokollierte der Bundesrat heikle Details nämlich eher rudimentär.