Widerstand gegen «Wolf-Massaker»
Nun wehren sich auch Förster gegen Röstis Pläne

Dem erklärten Volkswillen zum Trotz wollen Umweltminister Albert Rösti und seine Beamten den Grossteil der Wölfe im Land zum Abschuss freigeben. Dagegen wehrt sich nun sogar der Schweizer Forstverein.
Publiziert: 14.09.2023 um 09:09 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2023 um 09:19 Uhr
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Erst im September 2020 hat die Schweizer Stimmbevölkerung das neue Jagdgesetz abgeschossen.
Foto: Getty Images/Imagebroker RF

Die Pläne von Umweltminister Albert Rösti (56) polarisieren. Sein Bundesamt für Umwelt (Bafu) will gleich einem Grossteil der Wölfe im Land den Garaus machen. Was in Bergregionen auf Wohlwollen stösst, löst bei Umweltverbänden Entsetzen aus – zumal die Bevölkerung erst 2020 gegen eine Lockerung des Wolfsschutzes gestimmt hatte. Bereits haben wieder fast 35'000 die Petition «Stoppen Sie das Wolfs-Massaker!» unterzeichnet.

Irritiert zeigt sich nun auch der Schweizer Forstverein (SFV). In einem offenen Brief an den Gesamtbundesrat wehrt er sich gegen Röstis Pläne. Wichtige Anliegen zum Wald würden gar nicht erst berücksichtigt. So hätten der SFV und weitere Organisationen im gesamten Prozess zur neuen Jagdgesetzgebung klar auf die Bedeutung der Grossraubtiere für den Wald hingewiesen: Diese regulieren das Wild, das sonst die Verjüngung des Waldes behindere.

Wolf wirkt regulierend

Das Problem: In vielen Wäldern ist derart viel Wild unterwegs, dass sich der Wald kaum regenerieren könne. Dieses frisst Knospen, Triebe und Blätter von Sträuchern und Bäumen, sodass sich der Wald nicht wie gewünscht entwickeln kann. «Die seit Jahren in vielen Regionen der Schweiz ungenügende Verjüngung der Waldbestände ist aus forstlicher Sicht besorgniserregend», klagt der SFV. Das sei gerade in Zeiten des Klimawandels ein Problem.

Die «praktische Ausrottung» des Wolfes werde die Problematik der deutlich zu grossen Reh- und Hirschbestände wieder verschärfen, klagen auch Umweltorganisationen. Der Verbiss von Jungbäumen durch das Wild und damit die Schwächung der Schutzwälder sind etwa im Bündnerland ein Dauerthema.

Die Wölfe würden die Wildbestände verkleinern und nachweislich das sogenannte Wald-Wild-Problem entschärfen. Eine Dezimierung der Wölfe werde «zu erheblichen Mehrkosten für die Sicherung der Schutzwälder in Graubünden führen», warnen die Umweltorganisationen.

Vom Bundesrat fordert der SFV daher einen neuen Anlauf. Es brauche eine ordentliche Vernehmlassung unter Berücksichtigung aller Interessensparteien. Röstis Umweltdepartement hingegen hatte die neue Jagdverordnung unter Ausschluss der Öffentlichkeit beschliessen lassen und die üblichen demokratischen Verfahren abkürzen wollen. Schon ab Dezember soll der Wolf zum Abschuss freigegeben werden.

Vorgehen trifft auf «grosses Unverständnis»

Bis zu 280 Tiere sollen derzeit in unserem Land in 31 Rudeln leben. Geht es nach den Plänen des Bafu, sollen bis auf 12 alle ausgerottet werden. Der Bestand soll so um rund 70 Prozent zusammengeschossen werden. Der Entwurf verfolgt damit völlig andere Ziele als jene der ursprünglichen Revision des Jagdgesetzes. Damals ging es noch lediglich um die Kontrolle der Ausbreitung, nun um eine Eindämmung.

Das wollen die Schweizer Förster nicht kommentarlos hinnehmen. Dass der SFV und andere Organisationen bei der geplanten Revision der Jagdverordnung ignoriert wurden, stosse angesichts der grossen Herausforderungen in Schweizer Wäldern auf «grosses Unverständnis».

Jeder siebte tote Wolf wurde gewildert

In Bergregionen der Schweiz hat der Wolf einen ganz schlechten Ruf. Der Ärger über Angriffe auf Nutztiere ist gross. Vereinzelt sollen Landwirte das Recht auch in die eigene Hand nehmen. Neue Zahlen sollen zeigen: Mehr als jeder siebte tote Wolf, der gefunden wird, ist Opfer von Wilderei. Zu diesem Schluss kommen Recherchen der SRF-Sendung «Rundschau».

Konkret: Seit 1998 bis Ende August 2023 seien 128 tote Wölfe registriert worden. 11 davon seien illegal getötet worden. Bei 8 weiteren Wölfen, die legal geschossen oder durch einen Verkehrsunfall getötet worden seien, hätten Untersuchungen gezeigt, dass die Wölfe zuvor illegal beschossen worden seien.

Das Bundesamt für Umwelt (Bafu) bestätige diese Zahlen. Zudem: Längst nicht alle toten Wölfe würden gefunden. Die tatsächliche Zahl der Fälle von Wilderei dürfte damit noch höher liegen.

Mehr als jeder siebte tote Wolf, der gefunden wird, soll Opfer von Wilderei sein. Die Dunkelziffer dürfte noch höher sein. (Symbolbild)
ZVG/Staatskanzlei Wallis

In Bergregionen der Schweiz hat der Wolf einen ganz schlechten Ruf. Der Ärger über Angriffe auf Nutztiere ist gross. Vereinzelt sollen Landwirte das Recht auch in die eigene Hand nehmen. Neue Zahlen sollen zeigen: Mehr als jeder siebte tote Wolf, der gefunden wird, ist Opfer von Wilderei. Zu diesem Schluss kommen Recherchen der SRF-Sendung «Rundschau».

Konkret: Seit 1998 bis Ende August 2023 seien 128 tote Wölfe registriert worden. 11 davon seien illegal getötet worden. Bei 8 weiteren Wölfen, die legal geschossen oder durch einen Verkehrsunfall getötet worden seien, hätten Untersuchungen gezeigt, dass die Wölfe zuvor illegal beschossen worden seien.

Das Bundesamt für Umwelt (Bafu) bestätige diese Zahlen. Zudem: Längst nicht alle toten Wölfe würden gefunden. Die tatsächliche Zahl der Fälle von Wilderei dürfte damit noch höher liegen.

Der Wolf bleibe eine geschützte Tierart, hatte Röstis Departement gegenüber Blick versichert. Abschüsse müssten rechtlich korrekt und kontrolliert erfolgen. Ziel sei es, den Bestand in Grenzen zu halten und dafür zu sorgen, dass die Wölfe scheu bleiben.

Dem SFV aber scheinen diese Zusicherungen nicht zu reichen. Er fordert den Bundesrat auf, nochmals über die Bücher zu gehen. Bei diesem wichtigen Geschäft seien die sonst üblichen demokratischen Spielregeln einzuhalten und sämtliche betroffenen Akteure anzuhören.

Bis Rösti die Wölfe zum Abschuss freigeben kann, wird er vorher noch einige Widerstände aus dem Weg räumen müssen. (dba)

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