Zehntausende Lehrlinge haben kürzlich für die Schlussprüfung des Allgemeinbildungsunterrichts (ABU) gebüffelt. Damit Köche nicht nur das Kochen und Schreiner das Schreinern lernen, ergänzt der ABU den berufsspezifischen Unterricht. Neben Politik gehört dazu auch Wissen zu Wirtschaft, Recht, Sprache und Umwelt.
Den Lehrlingen könnte es schon bald erspart bleiben, dieses Wissen an einer Prüfung zu beweisen. Zumindest, wenn es nach dem Bund ginge. Im Rahmen einer Revision will Guy Parmelins (64) Bildungsdepartement die Allgemeinbildung in der Berufsbildung stärken. Im gleichen Zuge sieht er vor, die Abschlussprüfung des ABU zu streichen. Stattdessen sollen die Vornoten und die Abschlussarbeit stärker gewichtet werden.
Bund stösst auf Widerstand
Nur: Mit diesen Plänen läuft er bei den Parteien auf. Das zeigen die Stellungnahmen zur öffentlichen Vernehmlassungsvorlage, die am Montag abgelaufen ist. Lehrlinge sollen auch in Zukunft nicht um die Abschlussprüfung herumkommen.
Die Mitte-Partei moniert etwa, dass Lehrlinge ihre Kompetenzen im Bereich Allgemeinbildung nur mit einer Abschlussprüfung nachweisen könnten. Da die Revision die Allgemeinbildung eigentlich stärken möchte, scheint das tatsächlich nicht besonders zielführend.
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Die SP schlägt einen ähnlichen Ton an: Für das Streichen der Schlussprüfung fehle die Begründung vonseiten des Bundes. Weiter sorgt sie sich um die Fairness bei der Bewertung. Für die Korrektur der Abschlussarbeiten wären nämlich neu nur noch zwei Lehrpersonen zuständig. Das würde die «persönliche Abhängigkeit» der Lernenden verstärken – die SP denkt wohl unter anderem an feindselige Schüler-Lehrer Beziehungen.
FDP bangt um Arbeitsdisziplin
Auch von der bürgerlichen Seite erhält der Bund keine Rückendeckung. Die FDP hat sich kürzlich mit einem Positionspapier als Bildungspartei positioniert. Darin prangert die Partei die «teure Gleichmacherei» der integrativen Schule an. Nur folgerichtig, dass der Freisinn auch jetzt um eine gesunde Wettbewerbskultur bangt. Die ABU-Prüfung ermögliche einen einheitlichen Leistungsvergleich und würde die Arbeitsdisziplin der Lehrlinge fördern.
Die SVP hat zwar keine eigene Vernehmlassungsantwort formuliert. Allerdings bezeichnet SVP-Nationalrätin Nina Fehr Düsel (43) die Abschaffung in einer eingereichten Frage als «nicht sinnvoll». Sie befürchtet, dass die Qualität der Berufsbildung leiden wird.
Nur die Grünen geben grünes Licht
Lediglich bei den Grünen stösst die Gesetzesänderung auf offene Ohren. Eine solche Prüfung sei nur eine Momentaufnahme und würde der geleisteten Arbeit der Lernenden nicht gerecht. Eine Abschlussarbeit würde hingegen die Reflexionsfähigkeit und kritisches Denken fördern.
Aber auch den Grünen scheint der neue Stand der Abschlussarbeit dann doch nicht ganz geheuer. Sie solle nicht wie vorgesehen die Hälfte der Endnote ausmachen, sondern nur ein Drittel, schlagen sie vor. Die Vornoten sollen dafür zwei Drittel ausmachen.
Mehrheiten scheint die Abschaffung also keine zu finden. Die Lehrlinge dürften auch weiterhin nicht ums Büffeln kommen und beim Bund muss man bei der Vorlage wohl selbst nochmals über die Bücher.