Projekt «Allgemeinbildung 2030»
Bund will Schlussprüfung für Allgemeinbildung in der Berufslehre streichen – Kritiker toben

Im Parlament befindet sich aktuell eine Vernehmlassung zur Totalrevision der Allgemeinbildung. Die Krux dabei: Das verantwortliche Staatssekretariat publiziert das Dokument mit einigen Fehlern. Der oberste Zürcher Berufslehrer kritisiert das scharf.
Publiziert: 06.06.2024 um 16:37 Uhr
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Aktualisiert: 06.06.2024 um 17:12 Uhr
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Der fachspezifische Unterricht wird während der Lehre in Berufsschulen mit dem Fach Allgemeinbildung ergänzt.
Foto: Keystone
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Olivia RuffinerRedaktorin

Büffeln für die Schlussprüfung im Allgemeinbildungsunterricht soll für Lehrlinge bald passé sein. So will es das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI). Unter dem Namen «Allgemeinbildung 2030» läuft aktuell eine Revision zum Unterrichtsfach Allgemeinbildung (ABU).

Die Revision sieht unter anderem vor, dass nur die Abschlussarbeit und Vornoten der Schuljahre für den Lehrabschluss zählen sollen. Konkret bedeutet das für Lehrlinge: Die ABU-Abschlussprüfung fällt weg.

SVP-Nationalrätin Nina Fehr Düsel (43) zweifelt an der Revision. Sie reichte beim Parlament unter dem Titel «Abschaffung der Schlussprüfung in der ABU ist nicht sinnvoll» bereits eine Frage dazu ein. Unter anderem befürchtet sie, dass die Qualität der Berufsbildung unter der Abschaffung der Prüfung leiden wird. Sie schreibt: «Die Schlussprüfung soll beibehalten werden und damit auch die Qualität der Berufsbildung.»

Abschaffung sei «absolut widersinnig»

Das findet auch Konrad Kuoni (58), Präsident des Zürcher Verbands der Lehrkräfte in der Berufsbildung (ZLB). Er findet die Totalrevision «absolut widersinnig». Im Gespräch mit Blick führt er aus, dass er darin eine Schwächung des Fachs ABU als Ganzes sieht. «Andere Fächer haben weiterhin Abschlussprüfungen, das vermindert den Stellenwert der Allgemeinbildung.»

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Sieht man sich die vom SBFI eingereichten Dokumente wie die Erläuterung zu der Revision an, findet man keine konkreten Anhaltspunkte, wieso diese Prüfung überhaupt abgeschafft werden soll. Kuoni wundert sich auch: «Bei Sitzungen fielen vor allem die Begriffe ‹altmodisch› und ‹Bulimie-Lernen›», sagt er. Dabei ist gemeint, dass Lernende bloss für die Prüfung lernen und dann alles wieder vergessen.

Beim SBFI heisst es auf Anfrage von Blick, dass der Qualifikationsbereich Allgemeinbildung nicht abgeschafft werde, sondern anders gestaltet. «Wir wollen nicht einfach das Fachwissen abfragen, sondern die Anwendung davon in Form einer Abschlussarbeit prüfen», so eine Sprecherin. «Die heutige Praxis mit der Schlussprüfung ist zu stark Fachwissen orientiert und nicht mehr zeitgemäss», führt sie aus.

Auch grammatisch ein schwieriges Pflaster

Kuoni bemängelt aber nicht nur den Inhalt der Vorlage, sondern auch, wie die Dokumente dazu ausgefallen sind. Damit bezieht er sich auf grammatikalische und orthografische Fehler im Begleittext zur Revision. Allein im Anhang des Rahmenlehrplans, der gut eine Seite umfasst, hat es acht Schreibfehler. «Menschen, die nicht fähig sind, korrekt zu schreiben, sollte man grundsätzlich nicht trauen, wenn es um die Revision von Bildungsgrundlagen geht», sagt er. 

Das SBFI nimmt dazu wie folgt Stellung: «Wir sind uns bewusst, dass noch Schreibfehler vorhanden sind, da der erläuternde Text noch nicht lektoriert wurde.» Dies werde bis zum endgültigen Erlass der Dokumente noch erledigt. Verfasst wurde der Text von einer Person aus der lateinischen Schweiz.

Das SBFI steht hinter der Reform

Die Grünen-Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber (64), die an dem Projekt mitwirkte, unterstützt die Revision. In der «NZZ am Sonntag» sagte sie: «Eine Schlussprüfung ist bloss eine Momentaufnahme.» Mit einer Abschlussarbeit würden die Kompetenzen der Lernenden besser gefördert. Auch das SBFI steht klar hinter dem Entwurf: «Die Stärkung der Allgemeinbildung steht im Mittelpunkt.»

Das Staatssekretariat betont die Notwendigkeit, die Lehre weniger fachwissenorientiert zu gestalten. «Die Revision hat das Ziel, die Allgemeinbildung auf die künftigen Anforderungen der Gesellschaft und des Arbeitsmarktes auszurichten», so die Sprecherin.

Die Vernehmlassung dauert noch bis Ende Juli, dann wird sich zeigen, welche Argumente – ob grammatisch korrekt oder nicht – sich behaupten werden.

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