Wer einen höheren Berufsbildungsabschluss macht, soll die Bezeichnung «Professional Bachelor» oder «Professional Master» tragen dürfen, um mehr Ansehen in der Berufswelt zu finden. Der Bund schickt eine entsprechende Vorlage in die Vernehmlassung.
Bis zuletzt war völlig unklar, was die Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektorinnen und -direktoren (EDK) von solchen Titelzusätzen hält. Im höchsten Gremium des Schweizer Bildungswesens herrscht Uneinigkeit; man scheut sich vor einer Positionierung. EDK-Präsidentin Silvia Steiner (66, Mitte) und andere Vorstandsmitglieder wollten sich auf Anfrage nicht einmal dazu äussern, ob die EDK bei der Vernehmlassung überhaupt Stellung beziehen wird. Auch zu ihrer eigenen Position schwiegen sie sich aus.
Jetzt verkündet die EDK endgültig, dass man auf eine Positionierung verzichten wolle: «Die Kantone werden sich im Rahmen ihrer eigenen Stellungnahme zu dieser Frage äussern.»
Einer stört sich am Alleingang der Kantone: Der Luzerner Bildungsdirektor Armin Hartmann (47, SVP) spricht sich gegenüber Blick klar für das Vorhaben aus. Die Titelzusätze sind für Hartmann ein Must-have. Er habe bis zuletzt gehofft, dass sich die EDK trotz der vielen Diskussionen zu einer gemeinsamen Position durchringt. Die Äusserungen sind brisant – denn Hartmann sitzt im EDK-Vorstand. Ausserdem ist er als Präsident der Fachhochschule Zentralschweiz, designierter Präsident der Uni Luzern und promovierter Ökonom ein gewichtiger Vertreter der akademischen Schweiz.
Duales System zu wenig bekannt
Die höhere Berufsbildung habe heute nicht die Wertschätzung, die sie verdiene, kritisiert er. Im Ausland sei das duale System praktisch unbekannt, auch in der Schweiz könnten sich international tätige Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber unter den vielfältigen Titeln der höheren Lehrabgänger wenig vorstellen. Ein Professional Bachelor oder Master würde Klarheit schaffen und die Berufsausbildung aufwerten, ist Hartmann überzeugt. «Die Beschränkung auf die Anwendung als Titelzusatz würde im Übrigen die historischen Vorrechte der Hochschulen wahren.»
Auch Silvia Thalmann-Gut (62, Mitte), Volkswirtschaftsdirektorin des Kantons Zug, plädiert für diese Lösung: «Absolventinnen erhalten so auf dem Arbeitsmarkt dieselben Chancen wie Hochschulabgänger.» Das sei wichtig, damit sie auf dem Schweizer Arbeitsmarkt mit der Konkurrenz aus dem Ausland mithalten können. «Alle gewinnen, niemand verliert!»
Hochschulen wehren sich
Der Schweizerische Arbeitgeberverband und der Schweizerische Gewerbeverband stehen hinter dem Vorhaben. Kritik kommt vor allem von den Hochschulen und Fachhochschulen. Der Dachverband der Absolventinnen und Absolventen Fachhochschulen warnt vor einer «Vermischung von Hochschul- und beruflichen Titeln». Eine Bezeichnung wie Professional Bachelor werde den unterschiedlichen Abschlüssen der höheren Berufsbildung nicht gerecht. Ähnlich argumentiert auch Swissuniversities, die Konferenz der Hochschul-Rektorinnen und -Rektoren: Die Titelzusätze sorgten nur für Verwirrung.
Beat Nägelin, Verwaltungsrat Wirtschaftsprüfungsunternehmen Hilaris AG, widerspricht: Schon jetzt bestehe ein «gewaltiger Wildwuchs an Abschlüssen». Der Studienleiter an der HSO Wirtschafts- und Informatikschule ergänzt: «Das ist auch für gut informierte Schweizer Personalverantwortliche kaum mehr überschaubar, geschweige denn für internationale Unternehmen.»
Nägelin macht sich allerdings Sorgen, dass der Titel Professional Bachelor im Ausland als abwertend erlebt werde. Er schlägt daher einen anderslautenden Zusatz vor, etwa: Bachelor of Advanced Studies.