Am kommenden Sonntag stimmt die Schweiz über das Freihandelsabkommen mit Indonesien ab. Im Zentrum der Diskussion steht Palmöl. Vor allem wegen seines umweltschädlichen Anbaus hat es einen schlechten Ruf. Gleichzeitig rückt die aktuelle politische Debatte die Tatsache ins Bewusstsein: In gut der Hälfte unserer Supermarktprodukte steckt Palmöl – von der Margarine bis zum Guetzli.
Die Lebensmittelindustrie versucht vermehrt, ohne das tropische Pflanzenöl auszukommen. Schon vor zwei Jahren kündigte die Wander AG an, bis Ende 2021 für Produkte wie Ovomaltine oder Caotina keines mehr zu verwenden. Zu 90 Prozent sei das bereits gelungen, sagt eine Sprecherin. Mit der Umstellung gehe das Unternehmen auf ein Kundenbedürfnis ein.
Palmöl ist das billigste pflanzliche Öl
Doch Palmöl zu ersetzen, ist nicht einfach. Anders als andere Öle ist es auch nach längerer Lagerung geruchlos. In Brotaufstrichen sorgt es für die cremige Konsistenz. Nicht zuletzt ist Palmöl das billigste aller pflanzlichen Öle – Zollbelastungen inklusive. Und doch hat Wander nun seine Produktionsanlagen umgerüstet: auf Schweizer Rapsöl.
Zwei Jahre brauchte die Forschungsabteilung des Konzerns, um mit einer Mischung aus festem und flüssigem Rapsöl die gleiche Produktqualität zu erreichen wie zuvor. Neben der Forschungsarbeit investierte Wander auch in eine neue Produktionsanlage. Auch das teurere Rapsöl liess die Preise der Produkte steigen.
Nachhaltigen Anbau fördern
Nicht nur wegen der Kosten steht die Lebensmittelindustrie generell vor der Frage, ob Palmöl komplett vermieden oder – im Interesse der Umwelt – eher dessen nachhaltiger Anbau gefördert werden soll.
Jan Atteslander von Economiesuisse plädiert für Letzteres: Bei zertifiziertem Palmöl werde weder illegal der Urwald gerodet noch die Vertreibung von Menschen einkalkuliert. Der Anbau sei ökologisch und die Bedingungen für die Arbeiter stimmten. Das garantiere die Herkunftsbezeichnung RSPO (Roundtable on Sustainable Palm Oil).
Das Umweltlabel ist nicht unumstritten. Rudi Berli von der Landwirtschaftsorganisation Uniterre warnt: «Der Standard ist auf Papier gut definiert, aber vor Ort herrschen gravierende Mängel. Seit 16 Jahren gibts den RSPO, eine wirkliche Verbesserung in der Nachhaltigkeitsbilanz ist ausgeblieben.» Berli plädiert deshalb dafür, so weit wie möglich auf Palmöl zu verzichten.
Auch bei einem Nein: Palmöl wird weiter importiert
Beim Freihandelsabkommen mit Indonesien geht es nicht um ein Importverbot. Wie Jan Atteslander erklärt, werde sowohl bei einem Ja als auch bei einem Nein weiter Palmöl aus Indonesien importiert – «nur halt entweder mit Regeln zu nachhaltigem Anbau oder ohne».
Wäre Rapsöl überhaupt eine lohnende Alternative zu Palmöl? Nur teilweise, meint Atteslander. Palmöl lasse sich nicht überall ersetzen. Und: «Einfach ein anderes Öl zu benutzen, reicht nicht.» Wichtig sei, dass die Produktion wirtschaftlich, sozial und ökologisch nachhaltig sei. Mit der Verwendung von Schweizer Rapsöl unterstützt Wander einerseits die heimische Landwirtschaft, verkürzt aber auch die Transportwege. Biologisch angebaut hingegen ist dieser Raps nicht. «Die Menge in der Qualität, die wir benötigen, ist zurzeit in der Schweiz mit biologischer Zertifizierung nicht verfügbar», so eine Sprecherin.
Rapsanbau nur durch Zahlungen vom Bund möglich
Generell wird in der Schweiz immer noch weniger Raps angebaut, als gebraucht wird. Das liegt daran, dass sich der Anbau finanziell nicht lohnt, erklärt Rudi Berli: «Die Produzenten bekommen aktuell zu wenig Geld für ihren Raps. Der Anbau ist überhaupt nur dank Zahlungen vom Bund möglich.»
Um den Anbau auszuweiten, müsste also der Preis für das Öl steigen – mit der Folge, dass die damit hergestellten Lebensmittel teurer würden. Würde der Anbau heimischer Öle europaweit ausgebaut, wäre es laut Berli immerhin realistisch, komplett auf Palmöl zu verzichten.