Wegen zu pessimistischer Szenarien
Corona-Taskforce in der Kritik

Der Bundesrat hat die Corona-Massnahmen trotz steigender Zahlen gelockert. Inzwischen sieht die Corona-Lage deutlich besser aus, als noch von der Corona-Taskforce modelliert. Das bringt die Wissenschaft in Erklärungsnot.
Publiziert: 07.05.2021 um 11:55 Uhr
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Aktualisiert: 13.02.2022 um 00:53 Uhr
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Wieder einmal in der Kritik: Die wissenschaftliche Taskforce des Bundes, die von Martin Ackermann präsidiert wird.
Foto: Keystone

Es sind gute Nachrichten: Die letzten Corona-Öffnungsschritte des Bundes haben nicht zu einem Anstieg der Fallzahlen geführt. Seit der Bundesrat wieder erlaubt, dass Restaurants Gäste auf ihren Terrassen bedienen und Fitnesscenter ihre Türen wieder geöffnet haben, sind die täglichen Fallzahlen sogar gesunken. Am Donnerstag meldete das Bundesamt für Gesundheit (BAG) noch 1587 Neuinfektionen.

Das wirft wiederum ein schräges Licht auf die wissenschaftliche Corona-Taskforce des Bundes. In den Szenarien, die sie zu den Öffnungsschritten veröffentlicht hatte, sah die Zukunft um einiges düsterer aus. Selbst beim optimistischsten Impftempo sah die Taskforce tägliche Fallzahlen von bis zu 5000 Fällen Anfang Mai als möglich an.

Urs Karrer, Vizepräsident der Taskforce, hat die Modelle nicht berechnet. Am Mittwoch musste der Infektiologe sich vor den Medien aber trotzdem Fragen dazu gefallen lassen. Es habe sich um Szenarien, nicht um Prognosen gehandelt, betonte Karrer. Gerade das Verhalten der Bevölkerung sei eine höchst unsichere Variable – möglicherweise seien die Menschen schlicht disziplinierter als angenommen. Dass die Trendwende erreicht sei, sei aber noch nicht sicher. Und: «Ich werde lieber positiv überrascht als negativ.»

«Öffnungsschritte haben bisher keine negativen Auswirkungen»
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Experten des Bundes zu Corona:«Öffnungsschritte haben keine negativen Auswirkungen»

Bürgerliche fühlen sich bestätigt

Für die SVP, die schon länger einen Maulkorb für die Wissenschaftler fordert, ist das ein gefundenes Fressen. In der Frühjahrssession war die Partei und ihre bürgerlichen Mitstreiter mit der umstrittenen Forderung unterlegen. Auch für die Aufhebung der Corona-Massnahmen kämpft sie seit Monaten vergebens. «Die SVP hatte doch Recht!» twittert nun deren Fraktionschef, der Zuger Nationalrat Thomas Aeschi (42).

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In «20 Minuten» äussert auch FDP-Nationalrat Marcel Dobler (40) Kritik: Er fordert, dass sich die Taskforce aus der Öffentlichkeit zurückzieht. Denn die widersprüchlichen Modelle wirkten verängstigend.

«Kritik muss man ernst nehmen»

Um die Taskforce ist es in den letzten Monaten so oder so ruhiger geworden. Das dürfte vor allem daran liegen, dass diese in ihrer Kommunikation konsequenter geworden ist: Dass einzelne Mitglieder Bundesratsentscheide öffentlich kritisieren, ist selten geworden. Fragen werden fast nur noch an den Experten-Pressekonferenzen des Bundes beantwortet. Zudem sind einige der aktiveren Mitglieder, etwa der Berner Epidemiologe Christian Althaus oder der Lausanner EPFL-Professor Marcel Salathé (46), inzwischen aus dem Gremium ausgetreten.

Letzterer lässt die neueste Kritik an den zu pessimistischen Modellen aber gelten. Man müsse die Kritik ernst nehmen, schreibt Salathé auf Twitter. Gewisse Faktoren würden die Fallzahlen hochtreiben, andere hätte den gegenteiligen Effekt. Das Ex-Taskforce-Mitglied vermutet, dass die Disziplin der Bevölkerung, die Schutzkonzepte und die Selbsttests einen positiven Einfluss hatten.

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Ihre Modelle überarbeiten wollen aber auch die aktiven Mitglieder. «Warum die Modelle in diesem Fall eher auf eine Zunahme hindeuteten, die Fallzahlen aber jetzt sinken, müssen sich die Experten und Expertinnen in der Taskforce noch detailliert anschauen», so Taskforce-Präsident Martin Ackermann gegenüber «20 Minuten». (gbl)


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