Schon länger strebt Verteidigungsministerin Viola Amherd (60) eine engere Zusammenarbeit mit dem westlichen Verteidigungsbündnis Nato an – immer im Rahmen der Neutralität, wie sie betont. Am Mittwoch hatte sie bei einem Treffen mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg (64) die Gelegenheit, konkrete Wünsche vorzutragen.
Auch die Vertreterinnen und Vertreter des Nordatlantikrates hätten gegenüber einer verstärkten Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und der Nato Offenheit gezeigt, betonte Amherd nach dem Treffen in Brüssel.
Amherd ist mit diesem Wunsch nicht alleine. Heute befürworte eine knappe Mehrheit von 55 Prozent eine Annäherung an das westliche Verteidigungsbündnis – zehn Prozentpunkte mehr als noch im Januar 2021. Zu diesem Fazit kommt die Studie «Sicherheit 2023» der Militärakademie (Milak) und dem Center for Security Studies (CSS) der ETH Zürich. Ein Nato-Beitritt hingegen bleibt weiter ein Minderheitsanliegen von 31 Prozent.
Zusammenarbeit von «Fall zu Fall» entscheiden
Die Schweiz möchte konkret vermehrt an Nato-Übungen teilnehmen, die Interoperabilität zwischen der Schweizer Armee und der Nato ausbauen, ihre Beteiligung an Nato-zertifizierten Kompetenzzentren verstärken sowie enger mit der Nato in den Bereichen Resilienz, Cyber und Innovation zusammenarbeiten.
Auf eine Journalistenfrage, ob die Schweiz auch an sogenannten Artikel 5-Übungen teilnehmen soll, sagte Amherd, dass das seitens der Schweiz «von Fall zu Fall» entschieden werden müsse. Auf Seite der Nato habe sich niemand dagegen ausgesprochen. Es habe explizit geheissen, die Schweiz solle an allen Übungen teilnehmen können.
Artikel 5 des Nato-Vertrags ist die so genannte «Beistandsklausel», die besagt, dass wenn ein Nato-Land angegriffen wird, die anderen Nato-Staaten versprechen, Beistand zu leisten.
Schweiz stellt Wunschliste zusammen
Die von der Schweiz gewünschte verstärkte Zusammenarbeit mit der Nato ist auch eine Folge des Ukraine-Krieges. Im letzten September veröffentlichte der Bund einen Zusatzbericht zum Sicherheitspolitischen Bericht 2021, in dem das Ziel einer verstärkten Kooperation genannt wird.
Die Nato hat dafür das Instrument eines «Individuellen Partnerschafts- und Kooperationsprogramm» (ITPP). Dazu laufen aktuell Gespräche zwischen der Schweiz und der Nato.
Es habe von allen Seiten Zustimmung gegeben, dass man mit der Schweiz ein solches ITPP eingehen wolle. Die Schweiz beabsichtige, bis im Sommer ein Regelwerk auszuarbeiten, in dem alle von ihr gewünschten Projekte enthalten seien.
Nato wünscht sich dafür Erlaubnis für Waffenlieferungen
In diesem Zusammenhang kam auch die Schweizer Neutralität zur Sprache. Diese sowie innerstaatliche Prozesse würden akzeptiert, habe man ihr versichert. Aber «es wurde der Wunsch geäussert, dass die Schweiz ihre Praxis in Bezug auf das Wiederausfuhrverbot ändern würde», machte Amherd deutlich.
Denn die Schweiz verbietet es aktuell anderen Ländern, in der Schweiz gekaufte Rüstungsgüter an Dritte weiterzugeben. Diese Praxis ist in den letzten Wochen von anderen Staaten, die aus der Schweiz stammende Waffen und Munition in die Ukraine liefern möchten, stark kritisiert worden.
Amherd wies darauf hin, dass es auch viel lobende Worte gegeben habe, wenn es um die Schweizer Unterstützung der Ukraine geht - etwa durch humanitäre Güter, die Ausbildung im Bereich der Minenräumung, der finanziellen Hilfe und der Aufnahme von Ukrainerinnen und Ukrainern. Gedankt worden ist der Schweiz gemäss der Bundesrätin auch für ihren Einsatz im Kosovo im Rahmen der in der Nato-geführten Mission KFOR. (SDA/dba)