Wegen des Kaufs von deutschem Wald
Schweizer Parlament zitiert die Post-Spitze

Weil die Post im deutschen Thüringen Forst posten will, hat die Konzernleitung beim Parlament anzutraben. Dieses verlangt Klarheit darüber, ob der Staatskonzern haushälterisch mit seinen Mitteln umgeht und ob seine «Hunter-Strategie» vertretbar ist.
Publiziert: 17.08.2023 um 12:07 Uhr
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Das Parlament will Klarheit über die Vorgänge bei der Schweizerischen Post.
Foto: Keystone
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Pascal TischhauserStv. Politikchef

War früher von Wald und der Post die Rede, meinte man meist die Filiale im zürcherischen Wald. Heute geht es um den Zillbacher Forst, eine rund 2400 Hektare grosse Waldfläche in Deutschland. Diese will die Schweizerische Post dem Prinzen Michael von Sachsen-Weimar-Eisenach (76) abkaufen, um klimaneutral zu werden. Die Kritik am Wald-Deal ebbt nicht ab.

Recherchen von CH Media bringen Post-Chef Roberto Cirillo (51) nun weiter in Bedrängnis. Denn eigentlich möchte der Staatsbetrieb seinen Eignern, also der Schweizer Bevölkerung, verschweigen, was er für das Waldstück in Thüringen bezahlen will. Stimmen die Zahlen von CH Media, hat der Wald einen Wert von 10 Millionen Euro, die Post sei jedoch bereit, den Forst mit mehr als 60 Millionen Franken zu überzahlen.

Akquisitionspolitik der Post

Nun verlangt die Politik Klarheit. Die zuständige Nationalratskommission lässt die Post-Spitze antraben: «Ich kann bestätigen, dass wir beschlossen haben, die Post-Leitung fürs vierte Quartal einzuladen», sagt SP-Nationalrat Jon Pult (38) auf Anfrage. Der Präsident der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen (KVF) erklärt, bei der Anhörung solle es um die Akquisitionspolitik der Post und die Geschäftsstrategie der nächsten Jahre gehen.

Dass Cirillo vom Parlament ein rauer Wind entgegenbläst, hat er sich weitgehend selbst zuzuschreiben. Der Post-CEO hatte dafür geweibelt, die Porto-Kosten zu erhöhen, weil der gelbe Riese finanziell davon abhängig sei. Gleichzeitig soll die Idee für das millionenschwere Post-Festival, über das Blick berichtete, aus seinem Umfeld, wenn nicht sogar von ihm selbst, gekommen sein. Und obwohl es im Post-Konzern von Anfang an Warner gab, das teure Festival mit vielen Stars dürfte in der Öffentlichkeit schlecht ankommen, drückte es die Post-Spitze durch. Dabei hätte jedem klar sein müssen, dass das Festival nicht zum Bild einer zunehmend klammeren Post passt, das Cirillo verbreitet.

Negativ-Beispiel Swiss-Air-Grounding

Auch die anhaltenden Firmenkäufe durch den Staatsbetrieb stehen in der Kritik. Sie werden in der Parlamentskommission ebenfalls Thema sein. Mitte-Fraktionschef Philipp Matthias Bregy (45) erklärt: «Ich habe die Vorladung der Post-Spitze beantragt, weil der Bundesbetrieb darlegen muss, ob er sowohl den Kauf des deutschen Forsts, wie auch der verschiedenen Unternehmen, die er aktuell bei seiner ‹Hunter-Strategie› erwirbt, zu Marktpreisen oder überteuert erwirbt.» Schliesslich erwarte er, dass ein Staatsbetrieb haushälterisch mit unserem Geld wirtschaftet.

Der Begriff «Hunter-Strategie», mit dem Bregy in der KVF operiert, geht auf die gescheiterte Airline-Kauf-Strategie der Swissair zurück, die 2001 zum Grounding der Fluggesellschaft führte. Interessantes Detail dabei: Die «Hunter-Strategie» war von der Beratungsfirma McKinsey propagiert worden – und der heutige Postchef Crillo ist ein ehemaliger McKinsey-Mitarbeiter.

Gutachten erstellt

Obwohl die Post-Spitze im Parlament Klarheit zum Waldkauf schaffen muss, beruft sich die Post gegenüber Blick weiterhin darauf, dass mit dem Verkäufer Stillschweigen vereinbart worden sei. «Was wir aber sagen können: Die Post zahlt für die Waldfläche einen Preis, der dem Marktpreis entspricht», versichert Sprecherin Nathalie Dérobert Fellay. Das Unternehmen habe dazu auch unabhängige Gutachten eingeholt. – Diese dürfte die Kommission einsehen wollen.

Kritik gibt es aber nicht nur am mutmasslich überhöhten Kaufpreis. In Abrede gestellt wird auch der Nutzen des Erwerbs. Schliesslich wird dadurch, dass der Forst vom Prinzen zur Post wechselt, keinerlei CO₂ neutralisiert.

Verbesserung der Atmosphäre

Die Post erklärt ihr Vorhaben mit dem Forst aber so: «Wir wollen bei der Bewirtschaftung des Waldes eine Methode umsetzen, die sich explizit auf eine optimale und dauerhafte CO₂-Speicherung ausrichtet.» Dabei wolle die Post den Wald naturnah bewirtschaften und die Stammholzproduktion optimieren. Ziel sei es, das Holz nach der Ernte möglichst langfristig in Bauten oder Holzprodukten einzulagern. Gleichzeitig will die Post den Forst so bewirtschaften lassen, dass er für die Klimaerwärmung gerüstet ist.

«Aufgrund erster Berechnungen gehen wir heute davon aus, dass wir mit der Waldfläche in Thüringen grobgeschätzt 9000 Tonnen CO₂ pro Jahr neutralisieren können», so Sprecherin Nathalie Dérobert Fellay. Die langfristige Speicherung sei zentral, damit die Post auch einen langfristig positiven Effekt bei der CO₂-Menge in der Atmosphäre habe.

Bislang sorgt der deutsche Forst aber eher für atmosphärische Störungen in der Schweizer Politik.

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