Geht es nach SVP-Nationalrat Andreas Glarner (57), haben Doppelbürgerinnen und Doppelbürger unter der Bundeshauskuppel nichts zu suchen. Nach heftigen Attacken gegen Grünen-Nationalrätin Sibel Arslan (40), die neben dem Schweizer einen türkischen Pass hat, kündigte der Aargauer kürzlich an, auch auf politischem Weg Stimmung gegen Doppelbürger zu machen. Er will einen Vorstoss einreichen, der vorsieht, dass keine Politiker mit zwei Staatsbürgerschaften mehr ins Parlament gewählt werden dürfen.
Die Forderung ist chancenlos, das weiss Erich Bloch (74). Und dennoch ist der ehemalige Schaffhauser SP-Kantonsrat über Glarners Vorschlag erzürnt – und mit ihm viele weitere Auslandschweizer mit zwei Pässen. Bloch, schweizerisch-israelischer Doppelbürger, lebt seit 15 Jahren in Israel und ist Delegierter der Auslandschweizer-Organisation (ASO), welche die Interessen der Auslandschweizer in der Schweiz vertritt. Er sagt: «Mit seinen Aussagen hat mich Herr Glarner verletzt. Das lasse ich mir nicht gefallen.»
Zusammen mit anderen ASO-Delegierten aus weiteren Ländern prüft er, juristisch gegen Glarner vorzugehen. Und er kämpft dafür, dass die Aussagen Glarners von offizieller Seite verurteilt werden. So kündigt Bloch an, dass man Nationalratspräsidentin Isabelle Moret (49) einen Brief schreiben werde. «Ich erwarte von ihr, dass sie dazu Stellung bezieht.» Moret ist ehemaliges Vorstandsmitglied der ASO.
Aussagen seien diskriminierend
Die Auslandschweizer wollen Glarner nun bei der Anti-Rassismus-Kommission melden. Aus ihrer Sicht sind seine Aussagen diskriminierend. «Er hat damit die Verfassung strapaziert, in der festgehalten ist, dass vor dem Gesetz alle gleich sind», sagt Bloch.
Als israelitisch-schweizerischer Doppelbürger bringt Bloch zudem besonders in Rage, dass Glarner in Frage stellt, ob Parlamentarierinnen und Parlamentarier wie Nationalrätin Arslan wirklich die Interessen der Schweiz vertreten. Der SVPler ist der Meinung, dass man sich dessen nicht sicher sein könne, da Doppelbürger noch einen zweiten Pass haben.
Beim Vorwurf der «doppelten Loyalität» handle es sich um ein altes antisemitisches Stereotyp, stellt Bloch fest. Aus diesem Grund ist die Aussage für ihn besonders heikel. «So etwas darf Glarner nicht in den Mund nehmen.»
Keine Entschuldigung von Glarner
Glarner kontert diese Vorwürfe: «Mir Antisemitismus vorzuwerfen ist schlicht völlig daneben», sagt er auf Anfrage. Er sei Mitglied der Freundschaftsgruppe Schweiz–Israel und zähle mehrere jüdische Personen zu seinen Freunden. Und: «Es lag und liegt mir fern, Doppelbürger ganz generell zu verletzen oder sie in Generalverdacht betreffend Interessensvertretung zu nehmen.»
Auch die Auslandschweizer-Organisation selbst gibt gegenüber BLICK Auskunft. Es habe im Fall Glarner keine besonderen Beschwerden von Auslandschweizerinnen und Auslandschweizern gegeben, so Direktorin Ariane Rustichelli. Doch: «Dies ist nicht das erste Mal, dass die Ausübung der politischen Rechte von Bürgern mit doppelter Staatsangehörigkeit in Frage gestellt wird.»
Da die Mehrheit der Auslandschweizer Doppelbürger seien, sei die ASO natürlich gegen solche Vorstösse. «Unserer Ansicht nach wird die Zugehörigkeit zu einem Land und seiner Kultur in keiner Weise dadurch geschmälert, dass man mehrere Nationalitäten hat», sagt Rustichelli. Und weist darauf hin, dass in einer Zeit zunehmender Mobilität die Zahl der Doppelstaatler in den kommenden Jahren zwangsläufig zunehmen werde.