Die Taliban machen weiter mit der Unterdrückung von Frauen. Am Wochenende hatten die in Afghanistan herrschenden Islamisten angeordnet, dass nationale und internationale Hilfsorganisationen bis auf Weiteres keine Frauen mehr für sich arbeiten lassen dürfen.
Viele Hilfswerke mussten daher ihre Arbeit unterbrechen – auch solche, die mit Schweizer Geldern finanziert werden, wie das Aussendepartement EDA bestätigt. «Einige der Organisationen, die in Afghanistan arbeiten, haben ihre Arbeit vorübergehend unterbrochen», so ein Sprecher.
Weitere Schritte in Prüfung
Ob und wie Unterstützung auch in Zukunft geleistet werden kann, werde zurzeit evaluiert. «Aufgrund der laufenden Entwicklung ist es noch zu früh, zum jetzigen Zeitpunkt Konkreteres zu den Auswirkungen auf die von der Schweiz finanzierten Projekte zu sagen.»
Das EDA habe den Schritt unmittelbar in einem Tweet verurteilt und prüfe zurzeit gemeinsam mit der Staatengemeinschaft weitere Schritte, so das Departement weiter.
Grund für das Arbeitsverbot ist gemäss den Taliban, dass die Frauen die Vorschriften der Taliban-Führung in Bezug auf das Tragen eines Hidschabs, also eines Kopftuchs, nicht einhielten. Komme eine Organisation dieser Anordnung nicht nach, werde ihre Lizenz entzogen, hiess es in dem Schreiben des Wirtschaftsministeriums.
Ohne Frauen keinen Zugang
Für die Bevölkerung ein grosses Problem, wie Ursula Läubli von der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) auf der Website des EDA sagt: Ohne Frauen könne die Hilfe die bedürftige Bevölkerung nur noch vereinzelt erreichen – andere hätten oft keinen Zugang. «Das macht uns Sorgen, weil mindestens die Hälfte der von Hilfe abhängigen Menschen in Afghanistan Frauen sind.»
Das bestätigt auch Michael Kunz, Präsident des Schweizer Vereins Afghanistanhilfe: «Ohne Frauen an der Front – zum Beispiel Hebammen, Erzieherinnen, Pflegerinnen – können wir keine Hilfe für Mädchen und Frauen leisten», sagte er gegenüber CH Media.
Kein Büro in Kabul mehr
Der Bund leistet in Afghanistan humanitäre Hilfe in der Grössenordnung von 30 Millionen Dollar pro Jahr. 55 Prozent der Summe entfallen 2022 auf die Organisationen der Vereinten Nationen und das Internationale Komitee vom Roten Kreuz. Die übrigen 45 Prozent verteilen sich auf internationale NGOs – hauptsächlich die Agha Khan Foundation und den Norwegian Refugee Council – und eine afghanische NGO.
Die Schweiz selbst ist nicht mehr in Afghanistan tätig: Im August 2021 hat sie ihr Kooperationsbüro in Kabul geschlossen. Entsprechend hat der Bund auch keine schweizerischen oder afghanischen Mitarbeitenden mehr vor Ort.(sf/SDA)